Der schwarze Magier
werde es für Euch tun, Sire, wenn Ihr mit Sultan Saladin verhandelt. Handelt den Frieden für Jerusalem aus. Keinen christlichen, muslimischen oder jüdischen Frieden, kein Feilschen um Land und Positionen, sondern einen, der allen religiösen Pilgern gestattet, an ihren heiligen Orten zu verweilen und zu beten.«
»Was?« Richards Mund blieb offen stehen und er starrte Rupert wie ein Gespenst an. »Was verlangt Ihr da von mir?«
»Nichts weiter, als dass der mutige König Richard Löwenherz auch ein weiser König ist wie einst Salomo.«
Richards entgeisterter Gesichtsausdruck wich einer großen Verblüffung, dann lachte er. »De Cazeville, jetzt weiß ich, warum ich Euch liebe.« Er zog ihn an seine Brust und erschauerte, als er Ruperts geschmeidigen Körper an seinem spürte. Abrupt wandte er sich ab und stieg den Hügel hinunter zu seinem Lager. Rupert folgte ihm in großem Abstand. Zuvor warf er einen Blick zurück auf Jerusalem. Nein, diese Stadt würde auch in tausend Jahren kein Ort des Friedens sein. Aber er spürte, wo sich sein Schicksal entscheiden würde. Nicht bei Richard, sondern in Jerusalem.
Saladins Palast
Rupert betrat die Stadt über das Davidstor an der Westseite der Mauer. Er mischte sich unter die zahlreichen Pilger, Kaufleute und Bauern, die auf der Verbindungsstraße von Jaffa der Stadt mit den zinnenbewehrten Mauern zustrebten. Um seinen Kopf trug er ein dunkles Tuch geschlungen, beim Gehen stützte er sich auf einen langen Stab und sein schwarzer Umhang war voll Staub und Schlamm. Ein dünnes Bündel mit hartem Brot, einer Ziegenblase voll Wasser und einigen getrockneten Feigen hing über seiner Schulter. Unbehelligt passierte er die Wachen am Tor.
Gleich hinter den hohen Mauern umfing ihn das Gewimmel einer orientalischen Stadt, wie er es bereits in Akkon kennen gelernt hatte. Rechts und links der schmalen Gassen boten arabische Händler ihre Waren feil: Tuche, Lederwaren, Teppiche, Keramik, Kupferkannen, Schmuck, Fladenbrot, Schafsfleisch, Kamelwolle, Tee, Gewürze. Der Geruch war eine Mischung aus all dem, durchzogen vom Rauch der Wasserpfeifen aus den winzigen Teestuben. Die alten Männer, die auf dem teppichbelegten Boden hockten und selbstvergessen am Mundstück der Pfeifen sogen, dabei ihren Tee tranken und die Neuigkeiten des Tages austauschten, nahmen von den vielen Pilgern keine Notiz. Die wenigen Frauen in den Gassen trugen lange, dunkle Gewänder und waren tief verschleiert. Wie schwarze Unglücksvögel huschten sie dahin, als befänden sie sich an einem verbotenen Ort. Einige jüdische Händler verkauften ihre Waren aus Eselskarren heraus. Bausklaven hasteten durch die engen Gassen und schleppten Steine und Sand zur Mauer und der Zitadelle, die sich unweit des Tores befand. Die Stadt wurde gegen eine drohende Belagerung durch die Kreuzfahrer befestigt.
Steinerne Bögen wölbten sich über den Gassen, das grobe Steinpflaster war übersät mit Eselsdreck, Müll und Schmutz. An allen Ecken wurde gehandelt und gefeilscht, es herrschte ein Lärmen, durchbrochen vom Blöken der Kamele und dem Schreien der Esel. In dem Labyrinth der engen Gassen konnte man schnell die Orientierung verlieren.
Obwohl sich unzählige Menschen durch die Gassen drängten, bemerkte Rupert einen Mann, der ihn zu verfolgen schien, seit er die Stadt betreten hatte. Blieb Rupert stehen, um sich die Auslagen eines Händlers anzusehen, so blieb dieser Mann auch stehen, lief Rupert schnell weiter, bemühte sich der Verfolger, ihn nicht aus den Augen zu verlieren. Der Mann trug einen langen Kaftan mit einer seltsamen Pluderhose darunter und einer kurzen Jacke darüber, seinen Kopf zierte ein nachlässig geschlungener Turban.
Rupert bog in eine Quergasse ein, aus einer Bäckerei wehte ihm der verlockende Duft frischen Pita-Brotes entgegen. Er duckte sich hinter einen großen Korb. Sein Verfolger eilte um die Ecke und blickte sich suchend um. Unter seiner Jacke blitzte ein Dolch im Gürtel. Einen voll bepackten Esel als Deckung nutzend, machte Rupert kehrt, eilte durch die nächste Gasse und stand unversehens auf einem kleinen Platz. Vor ihm erhob sich die düstere Fassade der Grabeskirche. Mit wenigen Schritten war Rupert am Portal und betrat das verwinkelte Gotteshaus. Die Luft war schlecht, er musste gegen den Weihrauch anblinzeln, der ihm die Tränen in die Augen trieb. Weiße Schwaden waberten durch die runde Halle. Im Zwielicht erkannte er unzählige Pilger, die vor dem Grab Jesu in der
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