Der schwarze Magier
zustimmendes Schweigen von Euch ist mir ebenso recht wie ein lauter Jubel aus tausend Kehlen.« Richard grinste fröhlich über sein breites, schmutziges Gesicht. »Lasst uns ein Lied zu Ehren Gottes anstimmen!«
Die Ritter und Knappen, Soldaten und Waschfrauen sangen lautstark und selbstbewusst, lobpreisten Gott, ihren König und sich selbst. Doch all der Jubel konnte nicht darüber hinwegtäuschen, dass dem Heer noch schwere Zeiten bevorstanden. Die Schlacht hatte besonders viele Pferdeopfer gefordert, die unter dem Pfeilhagel der Sarazenen verendeten. Viele Ritter mussten zu Fuß gehen, verletzte Soldaten wurden auf die Wagen gelegt und Ochsen davor gespannt.
Sultan Saladin hatte eine persönliche und öffentliche Demütigung erlitten. Das Kreuzritterheer hatte bewiesen, dass er verwundbar war. Eine neue Schlacht wagte der Sultan nicht, aber er setzte seine Taktik der verbrannten Erde fort. Dorthin, wo das Ritterheer kam, war Saladin schon gewesen. Die Städte waren niedergebrannt, die Felder verwüstet, die Brunnen zugeschüttet.
Mit großer Sorge beobachtete Rupert, dass immer mehr Soldaten an Ruhr erkrankten. Das in Fässern mitgeführte Wasser war faulig, frisches Wasser gab es nur aus den kümmerlichen Flussläufen, so sie nicht ausgetrocknet waren. Der Sommer war heiß, es regnete überhaupt nicht und neben der Ruhr raffte viele der Soldaten der Hitzschlag dahin. Tiere verendeten, die Versorgung der Armee wurde immer komplizierter. Noch konnte Nachschub von den sie begleitenden Schiffen der Flotte herangeholt werden. Was aber, wenn sie die Küste verlassen mussten, um nach Jerusalem zu marschieren?
Richard registrierte alles mit bewegungslosem Gesicht. Mehrfach hatte Rupert ihn auf den bedenklichen Gesundheitszustand seiner Leute hingewiesen. Ein infernalischer Gestank lag über den Nachtlagern, wenn sich die Ritter an Ort und Stelle ihrer Notdurft entledigten. Viele kamen nicht mehr auf die Beine, stöhnten im Fieberwahn und schrien nach Wasser. In Jaffa kam der Zug zum Stocken. Richard gönnte seinen müden und kranken Soldaten eine Ruhepause. Die anderen Ritter ließ er die alten Befestigungsanlagen der Stadt instand setzen. Bald musste er die Küste verlassen und wollte ein sicheres Bollwerk haben, das ihm den Rücken freihielt und in das er sich bei Gefahr zurückziehen konnte.
Konrad von Montferrat beschwerte sich bitter beim englischen König. »Saladin hat alle Städte zerstört, die den Christen zustehen, sie dem Erdboden gleichgemacht. Ihr hörtet, dass er auch Askalon zerstörte. Warum seid Ihr nicht gegen ihn marschiert und habt ihn vertrieben? Dann hättet Ihr die Stadt ohne Belagerung und Kampf einnehmen können. Ramla hat er zerstört und selbst vor der Kirche in Lydda hat er nicht zurückgeschreckt. Stattdessen zögert Ihr und lasst die Ritter sich in Jaffa langweilen.«
»Das Heer braucht Erholung«, rechtfertigte Richard sein Zögern.
»Und inzwischen erholt sich Saladins Heer ebenso«, entgegnete Konrad empört. »Würden wir den Sultan weiter verfolgen, träfen wir ein geschwächtes Heer an, mit dem wir leichtes Spiel hätten!«
»Wollt Ihr mir vorschreiben, wie ich die Armee zu führen habe?«, schrie Richard ihn an. »Ihr könnt wohl nicht erwarten, wieder auf dem Thron von Jerusalem zu sitzen? Aber Ihr steht in der zweiten Reihe, das wisst Ihr. Lasst mich in Ruhe, ich werde entscheiden, was in der Situation richtig ist. Wenn ich sagte, dass wir von Askalon aus nach Jerusalem marschieren, so mochte das gestern noch richtig gewesen sein. Heute aber ist ein anderer Tag!«
Richards wetterwendisches Verhalten hatte gehörige Unruhe in sein Heer gebracht. Viele Ritter aber waren zufrieden mit dem Aufenthalt in Jaffa. Das Leben war angenehm. In den Gärten rings um die Stadt gab es Obst und Gemüse in Fülle, die Schiffe brachten reichlich Lebensmittel. Und sie brachten auch lebenslustige Damen aus Akkon, um die Truppen zu vergnügen. Nach dem asketischen Leben auf dem Marsch stürzten sich die Ritter begierig auf all diese Annehmlichkeiten und Richard ließ sie gewähren. Er selbst ging auf die von ihm über alles geliebte Falkenjagd und ließ seine sonst so sprichwörtliche Vorsicht außer Acht. Das hätte ihn einmal beinahe Kopf und Kragen gekostet, als er von einem kleinen sarazenischen Trupp überfallen wurde. Nur weil sich Wilhelm von Preaux, einer seiner ihn begleitenden getreuen Ritter, als König ausgab, entkam Richard der drohenden Gefangennahme.
Rupert hatte es längst
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