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Der Schwarze Mandarin

Der Schwarze Mandarin

Titel: Der Schwarze Mandarin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Stammgäste.«
    »Wir werden auch Stammgäste werden.« Ninglin lächelte böse. »Bestimmt …«
    »Auch für Stammgäste gilt die deutsche Sperrstunde.« Der Kellner wurde ärgerlich. Wenn nicht ein seriöser Deutscher bei ihm gewesen wäre, hätte er Ninglin anders behandelt. Aber so mußte man höflich bleiben, sosehr ihn dieser Landsmann auch reizte. »Wir möchten keinen Streit mit den deutschen Behörden.«
    »Aber du wirst Streit mit mir bekommen – und der ist unangenehmer.«
    »Verlaß sofort das Lokal!« sagte der Kellner scharf.
    Rathenow blickte verwundert zu Ninglin. Er hörte am Ton, daß hier etwas nicht stimmte.
    »Was sagt er?« fragte er.
    »Er will uns rausschmeißen!« Ninglin schüttelte den Kopf. »Weiß er nicht, daß viele Menschen an ihrer Dummheit zugrunde gehen? Wir müssen ihn belehren, Bai Juan Fa. Er mißachtet die Regeln.« Und auf chinesisch sagte er zu dem wartenden Kellner: »Ruf Yan Xiang.«
    »Er ist nicht da!« beeilte sich der Kellner mit der Antwort.
    »Wie kann man nur so lügen? Und dann vor mir?«
    Die beiden Stammgäste, die schon bezahlt hatten, verließen das Lokal und winkten dem Kellner zu. Der nickte zurück und kam dann einen Schritt auf Ninglin zu. Sie waren nun allein. Auch die Küchen-Crew war gegangen.
    »Mein Herr«, sagte der Kellner zu Rathenow, »darf ich Sie bitten – wir machen jetzt zu. Nach einem langen Tag haben wir Ruhe verdient.«
    »Die sollst du haben!« Ninglins Körper straffte sich, und ehe Rathenow begriff, was vor ihm geschah, war Ninglins Hand vorgeschnellt, und ein tödlicher Handkantenschlag traf den Kellner an der Halsschlagader. Wie vom Blitz gefällt sank er in sich zusammen, krachte zu Boden und rollte gegen einen Tisch. Entsetzt sah Rathenow, wie dem Mann Blut aus Nase und Mund tropfte.
    »War das nötig?« rief er und prallte drei Schritte zurück.
    »Er ist an seiner Dummheit gestorben.«
    »Er … er ist wirklich tot?«
    »Es war ein Endschlag!« sagte Ninglin leichthin. »Wenn man damit Ziegelsteine spalten kann, ist ein Hals nur wie ein Scheibchen Tofu. Gehen wir!«
    »Wohin?«
    »Zu Yan Xiang. Natürlich ist er da.« Ninglin ging zur Eingangstür, schloß sie von innen ab, kam zurück und klopfte Rathenow auf den rechten Arm. »Komm …«
    Rathenow blieb stehen und starrte auf die verkrümmte Gestalt des Toten. Ihm war klar, daß er Zeuge eines Verbrechens geworden war und daß er, da er schweigen mußte, mitschuldig daran war.
    »Das war Mord!« sagte er, hastig atmend.
    »Es war Notwehr.«
    »Er hat dich nicht angegriffen.«
    »Er wollte mich aus dem Lokal werfen. Ich mußte mich wehren, sonst hätte ich mein Gesicht verloren. Man droht keinem Triaden, ihn hinauszuwerfen.« Ninglin zeigte auf eine Tür, auf der P RIVAT stand. »Begrüßen wir Yan Xiang!«
    Er ging Rathenow voraus, der ihm nachhumpelte. Sein Schienbein brannte noch immer wie Feuer. Jeder Schritt wurde zu einer Qual.
    Ohne anzuklopfen riß Ninglin die Tür auf und trat in den Raum. Es war ein Büro, in dem auf einem Metalltisch ein Computer stand. Aus einem Ledersessel hinter einem Schreibtisch sprang ein mittelgroßer, gutaussehender Chinese auf. Trotz der schwülen Nachthitze trug er zu seinem weißen Hemd eine geblümte Krawatte. Korrekt, nicht ein Hemdenknopf war geöffnet. Sein schwarzes Haar begann an den Schläfen grau zu werden. Er hatte einen muskulösen Oberkörper und ein faltenloses Gesicht, hellbraune, wache und nur mäßig geschlitzte Augen und feingliedrige Hände, die verrieten, daß Yan nie schwere körperliche Arbeit verrichtet hatte. Er war ein intellektueller Typ, der schon beim ersten Anblick die Sympathie aller gewann.
    Er hatte schon eine scharfe Zurechtweisung auf der Zunge, als Ninglin so einfach ins Zimmer kam, doch als er Rathenow hinter ihm sah, einen seriösen, weißhaarigen Deutschen, bemühte er sich um ein Lächeln.
    »Was kann ich für Sie tun, meine Herren?« fragte er auf deutsch.
    Um Rathenow an der Unterhaltung teilhaben zu lassen, sprach auch Ninglin nicht Chinesisch.
    »Yan Xiang«, sagte er, »du hast einen Bruder von mir einen Verbrecher genannt. Und du hast zu ihm gesagt: ›Wenn ich euch nur sehe, dreht sich mir der Magen um, und vor meinen Augen flimmert es!‹ Und dann hast du unseren Bruder auf die Straße werfen lassen, als sei er ein faulender Fisch. Verkehrt man in der Schweiz so mit höflichen Gästen?«
    »Höflich?« Yan ahnte jetzt, wer da in sein Büro gekommen war. Er ließ die rechte Hand sinken, zog eine

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