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Der Schwarze Mandarin

Der Schwarze Mandarin

Titel: Der Schwarze Mandarin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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hinnehmen. Blick in das Blau des Himmels, und die Unendlichkeit ist dein.
    Sie wurde ruhiger und las weiter in dem außergewöhnlichen Plan.
    *
    Pünktlich um 15 Uhr landete die Maschine der Dragon Airline in Kunming. Das war selten: Die meisten Flugzeuge der chinesischen Luftlinie, die den Inlandsverkehr besorgte, hatten Verspätung. Man sprach schon gar nicht mehr darüber. Die ›Dragon‹ aber war eine Hongkong-Gesellschaft, die Wert auf gutes Image legte und es auch pflegte.
    Rathenow war nicht verwundert über den alten Flughafen Wu Jian Ba. Er hatte sich vorher genau informiert und gelesen, daß es der frühere Militär-Flughafen gewesen war, den man, als Kunming zu einem wichtigen Handelsplatz geworden war, mit billigen Mitteln umgebaut hatte. Ein ganz moderner, riesiger Flughafen, direkt daneben, war im Bau – eine kühne Konstruktion mit modernsten Einrichtungen, der schönste und größte Airport von ganz Südchina. Heute aber drängte sich noch alles durch die schmutzigen Gänge und Wartesäle und staute sich vor den Paß- und Zollkontrollen. Die Zollbeamten waren sehr genau. Fast jeder Koffer mußte geöffnet und über einen langen Tisch geschoben werden. Auch die Polizei war anwesend und ließ besonders ausgebildete Hunde nach Rauschgift schnüffeln oder untersuchte die vielen Tüten, in denen die chinesischen Reisenden ihre in Hongkong gekauften Waren transportierten.
    Rathenow zeigte seinen Flugschein vor, seinen Paß und ein auf chinesisch geschriebenes Begleitschreiben aus Beijing, das ihm die Botschaft in Bonn zusammen mit dem Paß geschickt hatte. Es war eine Art Passierschein, eine Aufforderung an jeden kontrollierenden Beamten, Herrn Hans Rathenow jede Hilfe zuteil werden zu lassen.
    Der Zollbeamte las das Schreiben sehr lange und gründlich durch, schien von den vier Stempeln aus Beijing beeindruckt zu sein, verzichtete darauf, die Koffer zu öffnen, und winkte stumm zur Tür.
    Mach den Weg frei! Nimm deinen Koffer und mach Platz! Hinter dir wartet eine ganze Schlange von Menschen.
    Rathenow nahm Paß und Schreiben, steckte sie in seine Rocktasche und wuchtete die zwei schweren Koffer vom Tisch. Betroffen sah er, wie ein Chinese, der vor der Tür eine Schar ihn erwartender Verwandter begrüßen wollte und sich dabei ein paar Schritte von der Kontrolle entfernte, brutal von einem Polizisten zurückgerissen und in den Abfertigungsraum zurückgestoßen wurde. Der Chinese, ein mittelalter, kleiner Mann in einem grauen Anzug, nahm die Behandlung ohne Protest hin. Er winkte seinen Verwandten zu und stellte sich wieder in die Reihe. Bloß den Mund halten, Genosse, die Polizei ist stärker als du.
    Einen Augenblick blieb Rathenow stehen und sah den Polizisten an. Der erwiderte kalt seinen Blick. Geh weiter, ›Langnase‹! sagten diese Augen. Auch du bist nicht geschützt, weil du ein Ausländer bist! Bei uns herrscht Ordnung!
    Rathenow sah sich nach einem Gepäckträger um. Fehlanzeige. Träger gab es nur beim Abflug bis zur Abfertigung, dann mußte man seine Koffer selber schleppen. In Hongkong dagegen gab es – wie auf allen großen Airports – Kofferwägelchen oder Gepäckträger.
    Rathenow zog also seine Koffer, die mit kleinen Rollen versehen waren, neben sich her zum Ausgang und blieb dort stehen. Eine gewisse Spannung stieg in ihm auf: Wer holt mich ab? Ist es wieder, wie bei meinen beiden vorausgegangenen Besuchen in China, ein höflicher, junger, linientreuer Dolmetscher, geschult in der Disziplin der Partei?
    Nanu, dachte er, als er keinen Chinesen mit dem Schild CITS in der hocherhobenen Hand sah. Niemand holt mich ab? Das fängt ja gut an. Ich weiß zwar, daß ich im Hotel Jing Long Fan Dian (Goldener Drache) wohnen werde, trotzdem wäre es gut gewesen, man hätte mich dorthin gebracht. Er sah sich nach einem Taxi um, aber gerade, als er winken wollte, kam ein zierliches, mit einer weißen Bluse und einem einfarbigen roten Rock bekleidetes Mädchen auf ihn zu. Die langen, schwarzen Haare wurden hinten von einer roten Schleifenspange zusammengehalten, ihr zartes Gesicht mit den hervorstehenden Backenknochen, der kleinen Nase und den schmalen, aber schön geschwungenen Lippen wurde von den mandelförmigen dunkelbraunen Augen beherrscht. Sie konnte nicht älter als achtzehn sein.
    »Sind Sie Dr. Hans Rathenow?« fragte das zauberhafte Geschöpf mit heller Stimme. Ihr Deutsch war fast akzentfrei.
    »Ja. Der bin ich.« Rathenow spürte plötzlich, wie sich sein Herzschlag beschleunigte. Er

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