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Der schwarze Obelisk. Geschichte einer verspäteten Jugend

Der schwarze Obelisk. Geschichte einer verspäteten Jugend

Titel: Der schwarze Obelisk. Geschichte einer verspäteten Jugend Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Maria Remarque
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du Misthaufen mit Tressen!»
      Knopf verschwindet mit ungewöhnlicher Schnelle im Dunkel seiner Haustürhöhle. Ich höre leises Gelächter aus dem Büro. Lisa und Georg haben die Vorstellung beobachtet. «Misthaufen mit Tressen», kichert Lisa heiser. Ein Stuhl fällt um, es rumpelt, und die Tür zu Georgs Meditationszimmer schließt sich. Ich habe einmal von Riesenfeld eine Flasche holländischen Genever geschenkt bekommen mit der Widmung: Für sehr schwierige Stunden. Ich hole sie jetzt heraus. Auf der viereckigen Flasche prangt das Etikett: Friesscher Genever van P. Bokma, Leeuwarden. Ich öffne sie und schenke mir ein großes Glas ein. Der Genever ist stark und würzig und beschimpf mich nicht.

    XVIII

    Der Sargtischler Wilke sieht die Frau verwundert an.
      «Warum nehmen Sie nicht zwei kleine?» fragt er. «Es kostet nicht so viel mehr.» Die Frau schüttelt den Kopf.
      «Sie sollen zusammenliegen.»
      «Aber Sie können sie doch in einer Grabstelle beerdigen», sage ich. «Dann sind sie zusammen.»
      «Nein, nicht richtig.»
      Wilke kratzt sich den Kopf. «Was meinen Sie dazu?» fragt er mich.
      Die Frau hat zwei Kinder verloren. Beide sind am gleichen Tag gestorben. Sie will für sie nun nicht nur einen gemeinsamen Grabstein haben – sie will auch für beide nur einen Sarg haben, eine Art Doppelsarg. Deshalb habe ich Wilke ins Büro geholt.
      «Für uns ist die Sache einfach», sage ich. «Ein Grabstein mit zwei Inschrifen kommt alle Tage vor. Es gibt sogar Familiengrabsteine mit sechs, acht Inschrifen.»
      Die Frau nickt. «So soll es sein! Sie sollen zusammenliegen. Sie
    waren immer zusammen.»
      Wilke holt einen Zimmermannsbleistif aus seiner Westentasche. «Es würde merkwürdig aussehen. Der Sarg würde zu breit werden. Fast quadratisch; die Kinder sind ja noch sehr klein. Wie alt?»
      «Viereinhalb.»
      Wilke zeichnet. «Wie eine quadratische Kiste», erklärt er dann. «Wollen Sie nicht doch –»
      «Nein», unterbricht die Frau. «Sie sollen zusammenbleiben. Es sind Zwillinge.»
      «Man kann auch für Zwillinge sehr hübsche kleine Einzelsärge machen, weiß lackiert. Die Form ist gefälliger. Ein so kurzer Doppelsarg wirkt plump –»
      «Das ist mir egal», sagt die Frau störrisch. «Sie haben eine Doppelwiege gehabt und einen Doppelkinderwagen, und jetzt sollen sie auch einen Doppelsarg haben. Sie sollen beieinander bleiben.»
      Wilke zeichnet wieder. Es kommt nichts anderes heraus als eine quadratische Kiste, selbst mit Ranken aus Efeu am Deckel. Bei Erwachsenen hätte er noch mehr Spielraum; aber Kinder sind zu kurz. «Ich weiß nicht einmal, ob es erlaubt ist», versucht er als letztes.
      «Warum soll es nicht erlaubt sein?»
      «Es ist ungewöhnlich.»
      «Es ist auch ungewöhnlich, daß zwei Kinder am selben Tage sterben», sagt die Frau.
      «Das ist wahr, besonders, wenn es Zwillinge sind.» Wilke ist plötzlich interessiert. «Haben sie auch dieselbe Krankheit gehabt?»
      «Ja», erwidert die Frau hart. «Dieselbe Krankheit. Geboren nach dem Kriege, als es nichts zu essen gab. Zwillinge – ich hatte nicht
    einmal Milch für einen –»
      Wilke beugt sich vor. «Dieselbe Krankheit!» In seinen Augen flackert wissenschafliche Neugier. «Man sagt ja, daß bei Zwillingen so etwas öfer vorkommt. Astrologisch –»
      «Wie ist es mit dem Sarg?» frage ich. Die Frau sieht nicht so aus, als ob sie ein längeres Gespräch über dieses Wilke faszinierende Tema führen möchte.
      «Ich kann es versuchen», sagt Wilke. «Aber ich weiß nicht, ob es erlaubt ist. Wissen Sie es?» fragt er mich.
      «Man kann beim Friedhofsamt anfragen.»
      «Wie ist es mit den Priestern? Wie sind die Kinder getauf worden?»
      Die Frau zögert. «Einer ist katholisch und einer evangelisch», sagt sie dann. «Wir hatten das so abgemacht. Mein Mann ist katholisch; ich bin evangelisch. Da haben wir abgemacht, daß die Zwillinge geteilt würden.»
      «Also haben Sie einen katholisch und den anderen evangelisch taufen lassen?» fragt Wilke.
      «Ja.»
      «Am selben Tag?»
      «Am selben Tag.»
      Wilkes Interesse an den Merkwürdigkeiten des Daseins ist aufs neue entfacht. «In zwei verschiedenen Kirchen natürlich?»
      «Natürlich», sage ich sehr ungeduldig. «Wo sonst? Und nun –»
      «Aber wie konnten Sie sie auseinanderhalten?» unterbricht Wilke mich. «Ich meine, all die Zeit? Waren es ähnliche

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