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Der schwarze Obelisk. Geschichte einer verspäteten Jugend

Der schwarze Obelisk. Geschichte einer verspäteten Jugend

Titel: Der schwarze Obelisk. Geschichte einer verspäteten Jugend Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Maria Remarque
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Wohnung einrichten.»
      «Glaubst du, daß sie ihren Beruf aufgeben wird?»
      «Braucht sie nicht. Ab und zu kann sie ein Engagement annehmen. Dann gehe ich mit. Mein Beruf ist ja beweglich.»
      «Weshalb heiratest du sie nicht? Du hast doch Geld genug.»
      «Heiraten ist etwas anderes», erklärt Willy. «Wie kannst du eine Frau heiraten, die jeden Augenblick fähig ist, dich wie ein General anzubrüllen? Man erschrickt doch immer wieder, wenn es unvermutet passiert, das liegt uns so im Blut. Nun, heiraten werde ich mal eine kleine, ruhige Dicke, die erstklassig kochen kann. Renée, mein Junge, ist die typische Mätresse.»
      Ich staune den Weltmann an. Er lächelt überlegen. Das Brevier für gute Manieren ist für ihn überflüssig. Ich verzichte auf Spott. Spott wird dünn, wenn jemand Amethystringe verschenken kann. Die Ringerinnen erheben sich lässig und machen ein paar Griffe. Willy sieht interessiert zu. «Kapitale Weiber», flüstert er, wie ein aktiver Oberleutnant vor dem Kriege.
      «Was fällt Ihnen ein? Augen rechts! Stillgestanden!» brüllt eine markige Stimme hinter uns.
      Willy fährt zusammen. Es ist Renée, die ringgeschmückt hinter ihm lächelt. «Siehst du jetzt, was ich meine?» fragt Willy mich.
      Ich sehe es. Die beiden ziehen ab. Draußen wartet Willys Auto, das rote Kabriolett mit den roten Ledersitzen. Ich bin froh, daß Gerda länger braucht, um sich anzuziehen. Sie sieht so wenigstens das Kabriolett nicht. Ich überlege, was ich ihr heute bieten könnte. Das einzige, was ich außer dem Brevier für Weltleute habe, sind die Eßmarken Eduard Knoblochs, und die sind leider abends nicht gültig. Ich beschließe, es trotzdem mit ihnen zu versuchen, indem ich Eduard vorlüge, es seien die beiden letzten.
      Gerda kommt. «Weißt du, was ich möchte, Schatz?» sagt sie, bevor ich den Mund öffnen kann. «Laß uns etwas ins Grüne fahren. Mit der Straßenbahn hinaus. Ich möchte Spazierengehen.»
      Ich starre sie an und traue meinen Ohren nicht. Ins Grüne spazieren – genau das war es, was Erna, die Schlange, mir in vergifeten Worten vorgeworfen hat. Sollte sie Gerda etwas erzählt haben? Zuzutrauen wäre es ihr.
      «Ich dachte, wir könnten zur ,Walhalla‘ gehen», sage ich vorsichtig und mißtrauisch. «Man ißt dort großartig.»
      Gerda winkt ab. «Wozu? Es ist viel zu schön dazu. Ich habe heute nachmittag etwas Kartoffelsalat gemacht. Hier!» Sie hält ein Paket hoch. «Den essen wir draußen und kaufen uns Würstchen und Bier dazu. Recht?»
      Ich nicke stumm, argwöhnischer als vorher. Ernas Vorwurf mit dem billigen Wein ohne Jahrgang ist noch unvergessen. «Ich muß ja um neun schon zurück in die ekelhafe Stinkbude, die Rote Mühle», erklärt Gerda.
      Ekelhafe Stinkbude? Ich starre sie wieder an. Aber ihre Augen sind klar und unschuldig, ohne jede Ironie. Und plötzlich begreife ich! Ernas Paradies ist für Gerda nichts anderes als eine Arbeitsstätte! Sie haßt die Bude, die Erna liebt! Gerettet, denke ich. Gottlob! Die Rote Mühle mit ihren Wahnsinnspreisen versinkt, wie Gaston Münch als Geist Hamlets im Stadttheater, jäh in der Versenkung. Köstlich stille Tage mit belegten Butterbroten und selbstgemachtem Kartoffelsalat tauchen vor mir auf! Das einfache Leben! Die irdische Liebe! Der Friede der Seele! Endlich! Sauerkraut meinetwegen, aber Sauerkraut kann auch etwas Herrliches sein! Mit Ananas zum Beispiel, in Champagner gekocht. Ich habe es zwar noch nie so gegessen, aber Eduard Knobloch behauptet,
    es sei ein Gericht für regierende Könige und Poeten.
      «Gut, Gerda», sage ich gemessen. «Wenn du es absolut willst, gehen wir im Wald spazieren.»

    VIII

    Das Dorf Wüstringen prangt im Flaggenschmuck. Wir sind alle versammelt – Georg und Heinrich Kroll, Kurt Bach und ich. Das Kriegerdenkmal wird eingeweiht, das wir geliefert haben.
      Die Pfarrer beider Bekenntnisse haben morgens in der Kirche zelebriert; jeder für seine Toten. Der katholische Pfarrer hat den Vorteil dabei gehabt; seine Kirche ist größer, sie ist bunt bemalt, hat bunte Fenster, Weihrauch, brokatene Meßgewänder und weiß und rot gekleidete Meßdiener. Der Protestant hat nur eine Kapelle, nüchterne Wände, einfache Fenster, und jetzt steht er neben dem katholischen Gottesmann wie ein armer Verwandter. Der Katholik ist geschmückt mit Spitzenüberwürfen und umringt von seinen Chorknaben; der andere hat einen schwarzen Rock an, und das ist seine ganze

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