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Der schwarze Obelisk. Geschichte einer verspäteten Jugend

Der schwarze Obelisk. Geschichte einer verspäteten Jugend

Titel: Der schwarze Obelisk. Geschichte einer verspäteten Jugend Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Maria Remarque
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Hand über das Gesicht. Es ist noch da. «Stellen Sie sich auch ähnliche Sachen von Hollmann und Klotz vor, wenn Sie für die arbeiten?» frage ich.
      Fuchs schüttelt den Kopf. «Bei denen stelle ich mir vor, daß sie hundert Jahre alt werden und reich und gesund bleiben, bis sie an einem Herzschlag im Schlaf schmerzlos abfahren – dann strömen mir die Tränen nur so vor Wut.»
      Georg zahlt ihm die Provisionen für die letzten beiden Verrätereien aus. «Ich habe neuerdings auch einen künstlichen Schluckauf entwickelt», sagt Oskar. «Sehr wirksam. Beschleunigt den Abschluß. Die Leute fühlen sich schuldig, weil sie glauben, es sei eine Folge der Teilnahme.»
      «Herr Fuchs, kommen Sie zu uns!» sage ich impulsiv. «Sie gehören in ein künstlerisch geleitetes Unternehmen, nicht zu kahlen Geldschindern.»
      Tränen-Oskar lächelt gütig, schüttelt das Haupt und verabschiedet sich. «Ich kann nun mal nicht. Ohne etwas Verrat würde ich ja nichts sein als ein flennender Waschlappen. Der Verrat balanciert mich. Verstehen Sie?»
      «Wir verstehen», sagt Georg. «Von Bedauern zerrissen, aber
    wir respektieren Persönlichkeit über alles.»
      Ich notiere die Adressen für die Hügelsteine auf ein Blatt und übergebe sie Heinrich Kroll, der im Hof seine Fahrradreifen aufpumpt. Er sieht die Zettel verächtlich an. Für ihn als alten Nibelungen ist Oskar ein gemeiner Lump, obschon er von ihm, ebenfalls als alter Nibelunge, nicht ungern profitiert. «Früher hatten wir so etwas nicht nötig», erklärt er. «Gut, daß mein Vater das nicht mehr erlebt hat.»
      «Ihr Vater wäre nach allem, was ich über diesen Pionier des Grabsteinwesens gehört habe, außer sich vor Freude gewesen, seinen Konkurrenten einen solchen Streich zu spielen», erwidere ich. «Er war eine Kämpfernatur – nicht wie Sie auf dem Felde der Ehre, sondern in den Schützengräben rücksichtslosen Geschäfslebens. Kriegen wir übrigens bald die Restzahlung für das allseitig polierte Kreuzdenkmal, das Sie im April verkauf haben? Die zweihunderttausend, die noch fehlen? Wissen Sie, was die jetzt wert sind? Nicht einmal einen Sockel.»
      Heinrich brummt etwas und steckt den Zettel ein. Ich gehe zurück, zufrieden, ihn etwas gedämpf zu haben. Vor dem Hause steht das Stück Dachröhre, das beim letzten Regen abgebrochen ist. Die Handwerker sind gerade fertig; sie haben das abgebrochene Stück erneuert. «Wie ist es mit der alten Röhre?» fragt der Meister. «Die können Sie doch nicht mehr brauchen. Sollen wir sie mitnehmen?»
      «Klar», sagt Georg.
      Die Röhre steht an den Obelisken gelehnt, Knopfs Freiluf-Pissoir. Sie ist einige Meter lang und am Ende rechtwinklig gebogen. Ich habe plötzlich einen Einfall. «Lassen Sie sie hier stehen», sage ich. «Wir brauchen sie noch.»
      «Wofür?» fragt Georg.
      «Für heute abend. Du wirst es sehen. Es wird eine interessante
    Vorstellung werden.»
      Heinrich Kroll radelt davon. Georg und ich stehen vor der Tür und trinken ein Glas Bier, das Frau Kroll uns durch das Küchenfenster herausreicht. Es ist sehr heiß. Der Tischler Wilke schleicht vorbei. Er trägt ein paar Flaschen und wird in einem mit Hobelspänen ausgepolsterten Sarg seinen Mittagsschlaf halten. Schmetterlinge spielen um die Kreuzdenkmäler. Die bunte Katze der Familie Knopf ist trächtig. «Wie steht der Dollar?» frage ich. «Hast du telefoniert?»
      «Fünfzehntausend Mark höher als heute morgen. Wenn es so weitergeht, können wir Riesenfelds Wechsel mit dem Wert eines kleinen Hügelsteins bezahlen.»
      «Wunderbar. Schade, daß wir nichts davon behalten haben. Nimmt einem etwas vom nötigen Enthusiasmus, was?»
      Georg lacht. «Auch vom Ernst des Geschäfes. Abgesehen von Heinrich natürlich. Was machst du heute abend?»
      «Ich gehe nach oben; zu Wernicke. Da weiß man wenigstens nichts vom Ernst und von der Lächerlichkeit des Geschäfslebens. Dort oben geht es nur ums Dasein. Immer um das ganze Sein, um die volle Existenz, um das Leben und nichts als das Leben. Darunter gibt es nichts. Wenn man längere Zeit da lebte, würde einem unser läppisches Geschacher um Kleinigkeiten verrückt vorkommen.»
      «Bravo», erwidert Georg. «Für diesen Unsinn verdienst du ein zweites Glas eiskaltes Bier.» Er nimmt unsere Gläser und reicht sie ins Küchenfenster hinein. «Gnädige Frau, bitte noch einmal dasselbe.»
      Frau Kroll streckt ihren grauen Kopf heraus. «Wollt ihr einen

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