Der Schwarze Orden
Sir.« Sie errötete. »Ich habe zwei Jahre in einem großen Hotel in London gearbeitet. Wenn Sie zu Mr. Tweed raufgehen, könnten Sie ihm bitte bestellen, ein Mr. Emilio Vitorelli ist eingetroffen und hat nach Mr. Tweed gefragt. Er sitzt zusammen mit einem weiteren Herrn draußen auf der Terrasse.«
»Ich werde es Mr. Tweed bestellen.«
Paula begab sich auf ihr Zimmer, um vor dem Abendessen noch zu duschen oder, wenn es die Zeit erlaubte, ein Bad zu nehmen. Nield ging in die Bar, und Newman suchte Tweed auf, der sich gerade fürs Abendessen einen dunklen Anzug anzog.
»Das Mädchen an der Rezeption hat mir gesagt, Sie haben die ganze Zeit telefoniert«, sagte Newman zu Tweed, der sein Jackett abbürstete.
»Richtig. Ich wollte unbedingt mal wieder mit Monica sprechen. Sie wußte allerdings nichts Neues zu berichten, außer daß Howard wegen der Bomben, die in der Nähe der Kraftwerke hochgegangen sind, völlig aus dem Häuschen ist. Bisher wurden noch keine Verdächtigen festgenommen. Ich habe ihm geraten, sich bei seinen Ermittlungen auf das Londoner East End zu konzentrieren.«
»Warum?«
»Wegen des dubiosen Hotelpersonals im Chateau d’Avignon. Ihrem Dialekt nach zu schließen, kommen sie alle aus diesem Teil Londons. Auf dem Weg nach draußen fiel mir ein kleiner, schlanker Mann auf, den Big Ben mit Stan ansprach. Diese Sorte kenne ich. Ständig mit einem aalglatten Grinsen im Gesicht. Genauso eine Type habe ich mal verhaftet. Wanderte schließlich wegen versuchten Mordes hinter Gitter. Ich glaube, der Engländer hält im Chateau d’Avignon eine gefährliche Killertruppe versteckt.«
»Apropos Engländer. Dem Mädchen an der Rezeption zufolge hat Arnos Lodge einen Anruf erhalten, worauf er umgehend die Koffer gepackt hat und abgereist ist.«
»Aus Arnos’ Verhalten soll mal einer schlau werden. Vermutlich ist er unterwegs zu einem seiner geheimen Kontakte. Und der Schmetterling wird heute auch hier sein. Ich soll Ihnen übrigens bestellen, daß Emilio Vitorelli eingetroffen ist. Er sitzt auf der Terrasse. Was ist, wenn er Tina sieht? Ich würde da jedenfalls für nichts mehr garantieren.«
»Ich gehe gleich zu ihm runter. Wir wollen doch nicht, daß die Sache noch komplizierter wird…«
Tweed fand Vitorelli mit Mario Parcelli auf der Terrasse. Sobald Mario Tweed kommen sah, stand er auf und verließ mit einem kurzen Nicken den Tisch.
»Was führt Sie denn in diese gottverlassene Gegend?« fragte Tweed, als er sich so an Vitorellis Tisch setzte, daß er das Hotel im Blick hatte.
»Ich bin natürlich Ihretwegen hier, Sie alter Spürhund.«
»Ich will das mal als Kompliment auffassen. Aber nachdem ich heute abend abreisen werde, erklärt es nicht, warum Sie hier sind.«
»Es wäre sicher dumm von mir…« Vitorelli hielt inne und lächelte gewinnend, »Sie zu fragen, wohin Sie zu fahren gedenken.«
»Wenn ich sagen würde, nach London, würden Sie es mir nicht glauben.«
»Nicht unbedingt.« Vitorelli lächelte wieder und fuhr sich mit der Hand durch das dichte Haar. »Sie sind ein Meister des Bluffs.« »Wenn Sie das sagen.«
Von seinem Platz konnte Tweed die Fenster der Zimmer sehen, die nach hinten zur Terrasse lagen. Hinter einem davon stand Tina Langley und beobachtete sie. Als Tweed sie entdeckte, schloß sie rasch den Vorhang. Sie wußte jetzt, daß Vitorelli hier war.
Tweed nahm nicht an, daß sie unter diesen Umständen noch mit ihm essen wollte.
»Ich war heute schon mal etwas früher hier.« Der Italiener trank sein Glas aus. »Aber als ich nach Ihnen fragte, sagte man mir, Sie seien weg.«
»War ich auch.«
»Wenn Sie das Hotel verlassen haben, kann sich das, wonach Sie suchen, nicht hier befinden.«
»Wenn Sie es unbedingt wissen wollen: Er ist abgereist.«
»Das hört sich ganz nach Willie oder Arnos Lodge an. Beide leben in Dorset. Mit dem Hinweis auf diesen Geldkurier habe ich Ihnen einen großen Gefallen getan. Jetzt sind Sie mir einen schuldig.«
»Ich werde gegebenenfalls daran denken.«
»Hört sich so an, als wollten Sie tatsächlich abreisen. Ich bin immer noch auf der Suche nach Tina Langley.«
»Das sind Sie schon eine ganze Weile.«
»Bis demnächst, Tweed. Und tun Sie nichts, was ich nicht tun würde.«
»Es gibt eine Menge Dinge, die Sie tun, die ich nicht im Traum täte.«
»Wird langsam kühl hier draußen. Das liegt aber, glaube ich, nicht an der Abendluft.«
Damit salutierte Vitorelli leger und ging. Bevor er das Hotel verließ, blieb er an der
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