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Der Schwarze Papst

Titel: Der Schwarze Papst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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absolut üblich, aber eine der hinausgehenden Personen war äußerst ungewöhnlich.
    Verdammt, dachte er. Carissimi war schneller gewesen. In der ganzen Stadt fahndete man nach ihm.
    Doch so einfach gab er sich nicht geschlagen. Er presste die Hacken in die Seite des Pferdes und ritt im vollen Galopp auf das Tor zu, das zwar von sechs Wachleuten bewacht wurde, aber geöffnet war. Er konnte es schaffen. Durchbrechen. Einfach mittendurch.
    Die Wachen fuchtelten mit den Armen, als sie merkten, dass er das Pferd nicht zügelte, und ein paar Zivilisten rannten über den Platz vor der Porta, aber was ein gutes Pferd war, ließ sich davon nicht beirren. Und Milo hatte ein gutes Pferd gekauft.
    Mit unverminderter Geschwindigkeit preschte Milo auf das Tor zu. Vierzig, fünfzig Schritte nur noch. Zwei Wachleute eilten zu den Holztoren, um sie zu schließen, doch die beiden Flügel waren an der Mauer festgebunden, und es dauerte, sie zu lösen. Ein Offizier schrie Befehle, und einer der Befehle lautete: »Feuer.«
    Im nächsten Moment krachte ein ohrenbetäubender Schuss aus einer Arkebuse.
    Der Schuss traf ihn nicht, doch nun scheute das Pferd, und was Milo auch versuchte, er bekam es nicht wieder in den Griff.
    Schon eilten drei Wachleute auf ihn zu.

    Die Tore rumpelten dumpf dröhnend ins Schloss.
    Mit einem Sprung saß Milo ab, griff sich die Satteltasche und rannte in gebückter Haltung über die Piazza.
    »Feuer!«
    Ein weiterer Schuss. Nichts.
    Einer der Wachleute, ein besonders langer und flinker Bursche, kam ihm gefährlich nah. Milo blieb abrupt stehen, drehte sich um, zog noch im Umdrehen den Dolch aus der Hüfttasche und schleuderte ihn auf den Soldaten. Die Waffe durchbohrte den Hals des Soldaten, der ächzend zusammenbrach.
    Milo setzte seine Flucht fort.
    Er hörte Hufgeklapper. Gleich würde man ihn haben. Gleich. Noch zwanzig Schritte bis zu einer Gasse. Dort hätte er die Chance zu entkommen.
    Eine junge Frau, fast noch ein Mädchen, die durch die Schüsse aufgeschreckt worden war, hatte ihren Krug fallen lassen und lief panisch und laut schreiend herum, ihm direkt in die Arme. Sie stießen zusammen. Ärgerlich schob er sie zur Seite.
    »Feuer.«
    Ein Schuss.
    Die junge Frau stöhnte, sah ihn an, sah ihn an, sah ihn an. Fiel zu Boden, den Rücken zerfetzt.
    Ein Soldat, der vom Pferd abgestiegen war, packte ihn.
    Milo wirbelte herum, seinen Ellenbogen direkt ins Gesicht des Soldaten rammend.
    Er war frei und rannte weiter. Dann war er in der Gasse. Rannte nach links. Rannte nach rechts. Geradeaus. Immer geradeaus. Niemand war mehr zu sehen.
    Frei, sagte er zu sich selbst. Frei.
    Und doch Gefangener einer Stadt.

19
    Antonia hatte lange in das Orange geblickt, das die Junisonne auf den Wolken hinterlässt, wenn sie untergeht. Hineingeblickt vom Entstehen bis zum Verschwinden. Und dann in das Schwarz-Grau, das es nur einmal am Tag gibt, kurz, nachdem das himmlische Feuerwerk abgebrannt ist.
    Jetzt war es finster. Die Piazza del Popolo war ein schwarzes Loch von unsagbarer Dichte, man konnte glauben, man könnte hinunterspringen und ewig fliegen. Doch nach ein paar Metern wäre Schluss.
    Mörder, Mörder, Mörder.
    Das Wort dröhnte in ihr. Nicht so sehr in Antonias Kopf, es dröhnte dort, wo sich die kurze Verliebtheit zwischen ihr und Milo abgespielt hatte, in ihrem Herz und ihrem Leib.
    Mörder, Mörder, Mörder.
    Sie hatte einen Mörder in ihren Körper aufgenommen, den Mörder ihrer Freundin. Wenn sie daran zurückdachte, an die Nächte mit Milo, an Milos Küsse, dann sah sie plötzlich Carlotta vor sich … Sie hatte Carlottas Mörder in ihren Körper aufgenommen.
    Mörder, Mörder, Mörder.
    Von hinten kam eine Umarmung, warme Hände, eine Wange, die sich an ihre schmiegte, Atem an ihrem Ohr. Sandros Atem.
    Antonia wollte Sandro sagen, dass sie in dieser Nacht nicht würde schlafen können, da fiel ihr ein, dass sie Sandro nichts erklären musste. Er verstand von selbst, dass sie sich nicht einfach schlafen legen konnte, schon gar nicht in ihr Bett, in dem sie mit Milo geschlafen hatte, und zwar erst vor ein paar Tagen.
    Mörder, Mörder.
    Sandro streichelte ihren Leib. Er meinte es gut, tröstete Antonia.
Doch sie, sie hatte nur einen Trost: Dass sie mit Milo gebrochen hatte, bevor sie wusste, was er war. Ihre Verliebtheit zu ihm war gestorben, genau einen Tag vor der Erkenntnis. Und wenn es eine Stunde gewesen wäre, auch gut. Wichtig war, dass sie sich nicht bis zuletzt gestattet hatte, ihn zu begehren,

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