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Der Schwarze Papst

Titel: Der Schwarze Papst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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benutzen.«
    »Nicht?«
    »Nein, Lello, und weißt du, warum? Weil ich eine Arbeit für dich habe. Sie ist ganz leicht. Hast du schon einmal jemanden umgebracht?«
    Lello riss die Augen auf. »Nein. Nein, Milo.«

    »Tja, dann wird es Zeit.«
    Lello zögerte. »Töten - das kann ich gar nicht.«
    »Es ist kinderleicht. Ich helfe dir dabei, du musst fast nichts tun. Und wenn die Arbeit erledigt ist, brauchst du dir keine Sorgen mehr um die Huren zu machen.«
    Die Erleichterung breitete sich auf Lellos Gesicht aus, die Erleichterung, weiterzuleben und noch einen Tag der Gaunereien, des Saufens, des Würfelspielens, des Flüchtens vor sich zu haben, und einen Tag mit vier Cousinen.
    Milo umklammerte erneut Lellos Schulter. »Und jetzt zum Wesentlichen: Es gibt da einen Jesuiten …«

5
    Papst Julius hatte seit Wochen den gleichen, immer wiederkehrenden Traum. Ein Spätsommertag kurz vor der Ernte: Er ging durch ein endloses Kornfeld, dessen Ähren sich auf Höhe seiner Knie neigten. Weit und breit war nichts als Korn. Aber auf einer Anhöhe stand ein einzelner Baum, mal war es ein Ölbaum, mal eine riesige Buche. Plötzlich erhob sich eine Krähe von dem Baum und flog krächzend auf ihn zu. Die einzelne Krähe kam näher. Sie machte keine Anstalten, ihm auszuweichen. Als sie fast bei ihm war, schlug er nach ihr, und sie fiel zu Boden. Vom Baum her drang Geschrei zu ihm, das nicht nur von den Krähen zu kommen schien, sondern wie ein Heulen war. Zwei weitere Krähen stiegen auf. Er lief fort. Doch so schnell er auch lief, so viele Haken er auch schlug, so verzweifelt er in alle Richtungen blickte, er fand keinen Weg. Da war nur Korn, nichts als Korn, und ein Himmel so blass, als wolle er für immer verschwinden.
    Als er sich umwandte, war der Baum noch immer genauso nah wie zuvor - und die Krähen stürzten auf ihn zu.

    Er wehrte sich, duckte sich, schloss die Augen, schlug zu. Er traf fast bei jedem Schlag, spürte den Schmerz in der Hand, hörte den Schrei des verletzten Tiers. Wieder. Und wieder. Doch mit jeder Krähe, die zu Boden fiel, kamen zwei neue nach, und bald war er umgeben von Schwärze und Geschrei.
    Seine Hand blutete.
    Er war allein, einsam, angsterfüllt, niemand half ihm.
    Da erkannte er eine Gestalt direkt neben sich. Er sah auf und erblickte - Sandro, Sandro Carissimi, den Mann, der seinem Sohn ein Freund gewesen war, der den Tod seiner Geliebten gerächt hatte, dem er in der Beichte ein kleines Stück seines dunklen Herzens geöffnet hatte.
    Sandro, hilf mir!
    Was sind das für Krähen, Heiligkeit? Wieso greifen sie an?
    Julius schlug einen der Vögel zu Boden und trat auf ihn, bis sein Genick brach.
    Sandro, hilf mir.
    Hilf mir …
    Hier teilte sich der Traum, so wie sich Wege teilen, die an völlig verschiedene Orte führen, zwei Schicksalen entgegen.
    In dem einen Traum half ihm Sandro und stürzte sich in die Schlacht. Doch nun griffen die Krähen auch ihn an. Es gelang Sandro, sie in die Flucht zu schlagen, woraufhin sie sich auf den Baum zurückzogen und dort ausharrten, bereit, sich jederzeit wieder zu erheben.
    In dem anderen Traum wandte Sandro sich ab, und Julius stieß einen entsetzlichen Schrei aus, der nicht endete, so als stürze er in einen unendlichen und leeren Abgrund.
    »Heiligkeit.«
    Julius spürte eine Hand nach ihm greifen.
    »Heiligkeit.«
    Er sah eine Kerze und ein Gesicht inmitten von Finsternis.
Wo befand er sich? In einer Nacht! Aber in welcher, in der Nacht seiner Seele oder der Nacht der Erde?
    Er spürte das Daunenkissen.
    »Mein Gott, ich bin wach.«
    »Eure Heiligkeit haben schlecht geträumt.«
    »Sandro, bist du das?«
    »Ja, ich bin es.«
    Eine kindische Freude erfasste Julius. Er legte sich zurück und genoss den Atem, der langsam in ihn hinein- und hinausströmte, genoss den Anblick der kleinen Flamme und des Gesichts daneben. Er griff nach Sandros Hand.
    »Setz dich zu mir, Sandro.«
    »Ich weiß nicht, ob …«
    »Ich sage dir: Setz dich.« Er wartete ab, bis Sandro seinem Befehl gefolgt war und sich auf die Bettkante gesetzt hatte, erst dann ließ er seine Hand wieder los.
    »Habe ich im Schlaf gesprochen?«
    »Nein, nicht dass ich wüsste. Ihr habt geschrien, sehr laut und ohne Pause, gerade so als …«
    »Lass uns nicht mehr davon reden, hörst du?« Und er fügte dem strengen Satz sanft hinzu: »Bitte.«
    Sandro sah ihn verdutzt an. »Wie Ihr wünscht, Eure Heiligkeit.«
    Sie schwiegen. Er, der Papst, war dankbar für die Anwesenheit des Mönchs, für

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