Der Schwarze Papst
sprechen. Es ist wichtig. Wenn ich nicht zu ihm darf, dann holt ihn.«
»Wie ich schon sagte: Ihr habt Bruder Sandro knapp verpasst. Er ist eben beim Ehrwürdigen eingetreten.«
»Und?«
Königsteiner war fassungslos. »Ihr erwartet doch wohl nicht, dass ich eine Besprechung des ehrwürdigen Pater Generals unterbreche, weil die Köchin ein Anliegen hat?«
»Doch.«
»Bete um etwas Bescheidenheit, meine Tochter.«
Gleichfalls, dachte Giovanna. Aber sie musste einsehen, dass sie - wenn sie Königsteiner nicht über den Haufen rennen wollte, was ihr zweifellos gelungen wäre - den Rückzug antreten musste.
Als sie sich umdrehte, lief sie Luis de Soto in die Arme. Er musste direkt hinter ihr gestanden haben.
»So was«, sagte sie in einem für sie untypischen irritierten Tonfall. »Ich habe Euch gar nicht bemerkt.«
Luis de Soto war der einzige Mensch, den sie kannte, der ihr wirklich unheimlich war. Dabei war es noch nicht einmal so, dass sie ihn nicht mochte, oder besser gesagt, sie hatte nichts Konkretes an ihm auszusetzen. Er war stets freundlich, und wenngleich er sich gerne selbst reden hörte, musste sie zugeben, dass er mehrmals ihre gute Küche gelobt hatte - was ihn selbstverständlich als kulinarischen Fachmann auswies. Den direkten Vergleich mit Königsteiner gewann er in Giovannas Augen haushoch. Bruder de Soto war gelassen, wo Königsteiner verbissen und streng war, und entgegenkommend, wo Königsteiner schroff wurde. Und doch … Spaniern sagte man zwar ein gefühlsbetontes Wesen nach, aber Giovanna fand die Augen dieses Spaniers einfach nur kalt. Sie konnte es sich nicht erklären, aber tief in ihr drin hob eine warnende Stimme an, wenn sie Luis de Soto erblickte.
»Ich hörte unfreiwillig zu«, sagte er. »Bruder Königsteiner meint es sicher gut, aber er erkennt offenbar nicht, wie dringlich
Euer Anliegen ist. Wenn Ihr mir sagt, worum es geht, werde ich hinaufgehen und Bruder Sandro unterrichten.«
»Das werdet Ihr keineswegs«, korrigierte ihn Königsteiner, bevor Giovanna das Angebot de Sotos zurückweisen konnte, denn sie hatte nicht vor, ihm das anzuvertrauen, was ihr letzte Nacht eingefallen war.
»Wer sollte mich daran hindern, Bruder?«
»Ich betrachte es als meine Pflicht, den Pater General vor irrelevanten Störungen zu bewahren, Bruder.«
»Die gute Frau möchte Bruder Carissimi sprechen, nicht den Ehrwürdigen, Bruder.«
»Dann möge die gute Frau sich gedulden, bis Bruder Carissimi aus dem Zimmer des Ehrwürdigen herauskommt, Bruder.«
»Bruder, ich möchte Euch darauf hinweisen, dass …«
Giovanna stand zwischen dem einen und dem anderen, und die Worte flogen wie Katapultgeschosse über sie hinweg. Nach einer Weile entfernte sie sich, und keiner von beiden schien es zu bemerken, zumal es schon längst nicht mehr um Giovanna und ihr Anliegen ging, sondern nur noch um den Machtkampf zweier Gockel um ein Revier.
Kaum in der Küche, machte sie ihrem Verdruss Luft. Sie holte Töpfe, Pfannen und Kannen hervor, knallte sie auf Tische und Arbeitsplatten, stieß Schimpfwörter aus, bekreuzigte sich nach jedem, sprach mit dem Gemüse, das sie wusch, und stellte sich schließlich vor, ein Mann zu sein, ein Bischof oder besser noch ein Kardinal, und Bruder Königsteiner zusammenzustauchen, bis er mental die Größe einer Feldmaus erreicht hätte.
»Dio mio«, brummte sie. »Madonna mia. Möge ihn der Fußpilz befallen und bis ans Ende seiner Tage quälen. Mögen die Hautlappen seines Hinterns bis zu den Kniekehlen schaukeln. Mögen seine Augenbrauen …« Giovanna fand etliche Verwünschungen, die, würden sie sich erfüllen, dem Königsteiner ganz
schön zu schaffen gemacht hätten. Und fast das ganze Collegium hätte sich darüber gefreut, allen voran der Birnbaum.
»Möge er jeden Morgen mit einem Mund aufwachen, so trocken wie ein Stück Schiefer im August. Und möge er immerzu einen Geschmack auf der Zunge haben, als habe er eine Stunde lang auf einer alten Unterwäsche gekaut.«
Sie warf das klein geschnittene Gemüse in einen großen Kessel und gab zwei Rinderknochen hinzu. Von gestern waren noch einige Zwiebeln, Pfefferschoten und Oliven übrig geblieben, die sie nicht hatte verwerten können und die sie nun zu den anderen Zutaten warf. Mal sehen, wie den ehrwürdigen Brüdern eine heiße, scharfe Suppe an einem römischen Julimittag bekommen würde.
Sie ging auf die andere Seite der Küche, wo auf einer anderen Feuerstelle ein Kessel brodelte. Sie nahm an, Birnbaum habe
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