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Der Schwarze Papst

Titel: Der Schwarze Papst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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Gisbert, der etwas einwenden wollte, nicht zu Wort kommen. »Kam es nie zu Rivalitäten? Wegen eines Mädchens vielleicht?«
    Gisbert lachte kurz auf. »Johannes interessierte sich nicht für Mädchen. Und damit keine Missverständnisse aufkommen: Er kannte überhaupt kein Begehren, kein körperliches jedenfalls. Er mied die Nähe von Frauen, und wenn eine Frau anfing, sich für ihn zu interessieren - er machte zwar nicht viel her, war aber der künftige Erbe eines Vermögens -, dann stellte er sich dumm. Das war mir nur recht. Die meisten dieser Mädchen machten danach mir schöne Augen, auch wenn ich nur einen kleinen Teil des Familienvermögens erben sollte.«
    Sandros erster Eindruck von Gisbert bestätigte sich. Der junge Mann hielt große Stücke auf sein Aussehen.
    »Was hat es mit dem religiösen Erlebnis Eures Bruders auf sich?«
    »Ach das.« Gisbert atmete geräuschvoll ein und ebenso geräuschvoll wieder aus. »Johannes hatte einen Traum gehabt, der sich einige Male wiederholte. Darin sah er sich, eine schwarze Kutte tragend, fremdartig aussehende Heiden taufen. Und bald darauf kam er von einem Spaziergang zurück und sagte, er habe diesen Traum am helllichten Tag im Wald vor sich gesehen wie ein Theaterstück und es sei ihm befohlen worden, ihn wahr zu machen.«
    »Wann war das?«
    »Im Frühling dieses Jahres. Unsere Eltern waren zu diesem Zeitpunkt schon beide tot. Meine Mutter starb vor vier Jahren, mein Vater bei einem Reitunfall im letzten Winter. Johannes
forschte nach, welche Orden schwarze Kutten tragen und zugleich in ferne Länder reisen, um Heiden zu taufen. Nur ein einziger Orden tut das.«
    »Die Jesuiten.«
    »Die Jesuiten«, echote Gisbert. »Als er dann noch erfuhr, dass in Rom eine jesuitische Schule für Deutsche eröffnete, sah er darin ein weiteres Zeichen und meldete sich an. Er sagte, diese Schule sei die erste Etappe seines Weges nach China. Das ist die ganze Geschichte.«
    » Seine ganze Geschichte«, korrigierte Sandro. »Ihr seid ebenso Schüler des Collegium Germanicum geworden. Eure Anmeldung traf eine Woche nach der Eures Bruders ein. Hattet Ihr ebenfalls ein religiöses Erlebnis?«
    Sandro hatte seine Frage absichtlich mit einem ironischen Unterton gestellt, der Gisbert offenbar gefiel und auf den er sich sofort einließ.
    »Mit Sicherheit nicht«, antwortete er grinsend. »Ehrlich gesagt, habe ich Johannes für einen Spinner gehalten - ein schlechter Witz, dass man ihn bereits für mündig erklärt hat und mich noch nicht. Er ist seit einem Jahr mein Vormund, dabei bin ich wesentlich erwachsener als er. Außerdem hatte er ein bisschen zu viel Wein getrunken, bevor er sich auf seinen Spaziergang begeben hatte. Sicherlich hat er geglaubt, was er über sein Erlebnis erzählte, aber es hat nur in seiner Einbildung stattgefunden. Davon bin ich fest überzeugt. Und Ihr auch.«
    Sandro kommentierte das nicht, aber er gab mit einer Geste zu verstehen, dass er Gisbert in diesem Punkt zustimmte. Tatsächlich hielt er nichts von Visionen und dergleichen, weil sie nach seiner Überzeugung in den meisten Fällen in irgendeine Katastrophe mündeten.
    »Andererseits«, sagte Gisbert, »muss ich dankbar sein, dass Johannes an seine Vision glaubte und unbedingt hierher nach Rom gehen wollte.«

    »Wieso? Weil er jetzt tot ist und Ihr der Alleinerbe eines gro ßen Vermögens seid?«
    Diese plötzliche Wendung des Gesprächs erschreckte Gisbert. Er war zunächst unfähig, auf Sandros unterschwelligen Vorwurf zu reagieren. Dann brauste er auf: »So habe ich das nicht gemeint.«
    »Wie sieht das Testament Eures Vaters aus?«
    »Was hat denn das mit …? Worauf wollt Ihr hinaus? Es gab kein Testament. Er starb völlig überraschend mit nur achtunddreißig Jahren bei einem Reitunfall. Und das bedeutet, dass mein Bruder das Herrenhaus, die Gehöfte und den größten Teil des Geldes geerbt hat.«
    »Und was habt Ihr geerbt?«
    »Ihr irrt Euch, wenn Ihr meint, mir würde etwas an dem Geld liegen. An meinem zwanzigsten Geburtstag hätte mein Bruder mir zehn Prozent des Erbes auszahlen müssen, also etwa zehntausend Goldgulden sowie ein Gut. Damit hätte ich bequem leben können. Ich habe nirgendwo Schulden, das könnt Ihr gerne überprüfen. Auch falls Ihr nach anderen Motiven sucht, werdet Ihr keine finden. Vermutet Ihr, Johannes habe mich gezwungen, mit ihm nach Rom zu kommen? O nein! Es war meine freie Entscheidung, weil ich die Gelegenheit sah, eine Stadt kennenzulernen, die Stadt schlechthin. In

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