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Der Schwarze Papst

Titel: Der Schwarze Papst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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Ordensangelegenheit.«
    Ignatius von Loyola saß starr auf seinem Stuhl, die Hände gefaltet. »Bruder Carissimi, niemand sollte sich so wichtig nehmen, wie du es gerade tust. Ein anderer kann den Tod des jungen Johannes aufklären.«
    Sandros Ton wurde bitter. »Wer schwebt Euch vor? Luis de Soto?«
    Sie sahen sich eine Weile an. »Nein, aber es steht außer Frage, dass Papst Julius meinen Wunsch dich betreffend respektieren wird.«
    »Er wird ihn respektieren - und ablehnen. Es wird Euch nicht gelingen, mir den Fall und mein Amt zu nehmen, ehrwürdiger Pater General.«
    Nachdem Sandro diese Worte ausgesprochen hatte, wurde
er seltsam ruhig. Er hatte sich selbst überzeugt: Man konnte ihm nichts anhaben. Julius würde ihn schützen. Dieses Gefühl war Balsam, das Schmerzen aus der Welt schaffte und zusätzliche Kraft verlieh. Er musste weder Ignatius noch seine Abberufung fürchten.
    Er erhob sich und ging, die Hände auf dem Rücken verschränkt, zum Fenster, wo die Sonne sein Gesicht in zwei Hälften teilte, eine helle und eine dunkle, und er spürte und genoss die plötzliche Wärme auf der Haut ebenso wie die dämmrige Kühle des Schattens.
    »Ihr werdet feststellen«, hörte er sich großmütig und versöhnlich sagen, »dass es besser ist, wenn ich die Untersuchung weiterführe. Besser auch für Euch. Ihr könnt Euch sagen, dass Ihr von Eurer Seite alles getan habt, um das Verbrechen zu sühnen. Und womöglich weitere zu verhindern. Bedenkt: Was, wenn der Mörder kurz nach meiner Abberufung ein zweites Mal zuschlüge? Ihr würdet Euch schreckliche Vorwürfe machen.«
    Sandro warf einen eher beiläufigen Blick über die Schulter - und sah, dass Ignatius auf seinem Stuhl zusammengesunken war.
    »Pater General? Geht es Euch gut?«
    Ignatius antwortete nicht.
    Sandro ging zu ihm und sah, dass seine Augen fest zusammengepresst und seine Hände auf der Höhe der Brust ins Gewand gekrallt waren. Der Mund stand halb offen.
    »O mein Gott.«
    Er berührte die Schulter, woraufhin der Körper nach vorn kippte und beinahe zu Boden gestürzt wäre, hätte Sandro ihn nicht aufgefangen. Der alte Mann war leicht wie ein Kind, leicht auch wie die vielen Sterbenden, die Sandro vor ihrem letzten Gang gewaschen und in Tücher gewickelt hatte.
    »Ehrwürdiger? Ehrwürdiger Pater General?«

    Loyola antwortete nicht. Das Gesicht war eine graue Maske, die Lippen waren wie mit Asche überzogen.
    Sandro schnürte es die Kehle zu. Für einen kurzen Moment wusste er nicht, was er tun sollte. In den Hospitälern von Neapel und Rom hatte er gelernt, Wunden zu versorgen, Sieche zu kräftigen und Trost zu spenden, kurz, die Spuren der Krankheiten zu beseitigen, nicht die Krankheit selbst zu erkennen und zu besiegen. Das hatten Ärzte oder kundige Mitbrüder getan.
    Fassungslos berührte er die Wangen des Greises.
    Dann legte er Loyola sacht auf den Boden und rannte aus dem Raum. Ohne anzuklopfen, stürzte er in das benachbarte Zimmer hinein.
    Magister Duré war gerade dabei, einen Brief zu falten, und als er Sandro entgeistert ansah, begriff er sofort, was geschehen war.
    »Wo?«, fragte Duré, griff nach seiner Tasche und eilte an Sandro vorbei.
    »Nebenan.«
    Als sie das Zimmer betraten, hatte der Pater General sich ein wenig aufgerichtet, sah aber immer noch aus wie ein vom Tod Gezeichneter.
    »Gott sei Dank«, sagte Sandro.
    Magister Duré kniete sich neben Loyola und tastete mit gro ßer Routine dessen Brust, Handgelenke, den Hals und die Schläfen ab.
    »Wir legen ihn auf das Bett.« Als Loyola dort lag, wo Johannes gestern gelegen hatte, zog Duré ein zusammengeknülltes Tuch aus seinem Gewand hervor und entfaltete es. Zum Vorschein kam eine verschrumpelte Knolle. Mit einem kleinen Messer, das er ebenfalls mit sich führte, schnitt Duré eine dünne Scheibe ab und legte sie dem Kranken unter die Zunge.
    »Hört Ihr mich, ehrwürdiger Pater General?«, fragte Duré.
    Loyola, die Augen noch immer geschlossen, nickte.
    »Einen Moment warten, dann gut kauen«, ordnete der Magister an. »Nicht runterschlucken.«
    Loyola wollte etwas sagen, aber Duré verbot es ihm: »Vor allem nicht sprechen.« Als Ignatius die Augen öffnete, legte er die Hand darüber und schloss sie wieder. »Stellt Euch nicht dumm. Ihr wisst genau, was Ihr zu tun habt. Ruhen. Nicht bewegen. Kein Wort. Die Augen bleiben geschlossen.« Er sprach mit dem großen Loyola wie mit einem unartigen Kind, das man liebt, dem man aber Manieren beibringen muss.
    Duré wandte sich

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