Der Schwarze Papst
weiß, du brauchst mir nichts zu sagen. Mir geht es nicht darum, ihn dir schmackhaft zu machen. Ich wollte dir nur klarmachen, dass er in seinem jungen Leben schon vielem begegnet ist. Er kennt sich aus. Aber einer Sache ist er noch nicht begegnet, bis vor zwei Monaten, und zwar der Liebe. Sie ist ein fremder Ort für ihn, darum bewegt er sich darin nicht mit der gewohnten Sicherheit. Und du, du machst es ihm nicht leichter.«
Antonia fühlte sich kritisiert. »Was meinst du damit?«
»Oh, bitte, Antonia, ich will nicht mit dir streiten. Ich kann dich ja verstehen. Du bist eine Glasmalerin, für die es fast unmöglich ist, ihr Handwerk auszuüben, weil alle Gilden der Welt aus Männern bestehen und weil Aufträge nur an Mitglieder der Gilden vergeben werden. Nur Sandro Carissimis Fürsprache und einem entgegenkommenden Papst, der sich mit
der römischen Glasmalergilde angelegt hat, hast du es zu verdanken, dass du arbeiten darfst.«
Antonia fegte ein paar Krümel vom Tisch. »Signora A, ich kann dir nicht folgen. Was hat denn das mit Milo und mir zu tun?«
»Liegt das nicht auf der Hand?«
»Zumindest nicht auf meiner.«
»Als Milos Gattin wärst du die Schwiegertochter einer Hurenhausbesitzerin, und die Gilde würde Sturm laufen, wenn eine solche Frau in Gotteshäusern arbeitet. Julius würde es sich dreimal überlegen, dir weitere Aufträge zu geben. Und nicht zu vergessen: Sandro Carissimi hätte keinen Grund mehr, dich zu protegieren.«
»Das ist … das hört sich furchtbar berechnend an.«
»Ich mag ihn, er hat den Tod meiner Freundin Maddalena aufgeklärt. Aber der Mann tut das, was er für dich tut, doch nicht, weil er gerne mit dir plaudert, Antonia.«
»Erstens schätzt du Sandro falsch ein, und zweitens habe ich nicht von ihm gesprochen, sondern von mir. Du glaubst, ich würde Milo nicht haben wollen, weil ich um meine Zukunft als Glasmalerin fürchte?«
»Haben willst du ihn schon, nur heiraten eben nicht.«
»Also wirklich, ich weiß nicht, was ich sagen soll.«
Signora A zuckte mit den Schultern und füllte ihren und Antonias Becher mit dem restlichen Wein. »Genau darum dreht sich unser Gespräch doch: Du weißt nicht, was du sagen sollst.«
Antonia öffnete den Mund, als würde sie einen lauten Schrei ausstoßen wollen. Aber alles, was sie herausbrachte, waren halbe Silben.
»Siehst du«, setzte Signora A nach. »Du kannst dich nicht entscheiden, und da stellt sich die Frage, warum das so ist.«
»Das ist nicht wahr. Ich kann mich sehr wohl entscheiden - wenn eine Entscheidung ansteht.«
»Heißt das, wenn Milo dich fragt, nimmst du ihn?«
Antonia kam es vor, als rase ein Brauereiwagen auf sie zu. Einen Augenblick lang war sie sprach- und regungslos.
»Selbstverständlich«, antwortete sie schließlich.
Signora A lächelte, was selten vorkam. »Mehr wollte ich nicht wissen.« Sie stand auf. »Ich muss wieder an die Arbeit. Mal sehen, wie Milo vorangekommen ist. Er sollte mir das Ungeziefer aus den Zimmern jagen. Es nimmt überhand.«
Antonia drehte den Becher in ihren Händen. Sie hatte sich soeben verheiratet - zumindest irgendwie -, und nun wusste sie nicht, wie sie sich fühlen sollte. Glücklich - Milo war ein fabelhafter Mann. Gefangen - das wilde Spiel auf der Wiese war vorüber, der Bräutigam hatte die Braut am Saum erwischt. Traurig - es hieß wohl, über kurz oder lang, Abschied zu nehmen von der Glasmalerei. Nervös - es war, als sitze sie in der Kutsche, mit dem Gefühl, dass sie etwas zu Hause vergessen hatte.
»Bruder Sandro!« Signora A hatte den Hof verlassen wollen, als sie jemanden an der Tür stehen sah.
Antonia, aufgeschreckt, sah Sandro an, dass etwas nicht stimmte. »Komm her, Sandro, setz dich.«
»Er ist nicht ganz bei sich«, sagte Signora A. »Ihr wart zu lange in der Sonne, Bruder Sandro. Sieh nur, Antonia, sein Kopf ist ganz rot.«
»Kannst du bitte einen kalten Umschlag bringen?«
»Mach ich. Und kühlen Wein aus dem Keller hole ich auch.« Sie eilte davon, und Antonia setzte sich neben Sandro auf die Bank an der Tafel.
»Was ist passiert?«
Er schüttelte den Kopf zum Zeichen, dass er nicht darüber sprechen wolle. Dann stützte er sich mit den Ellenbogen auf dem Tisch auf, fuhr sich durch die Haare, fuhr sich übers Gesicht, kniff die Augen zusammen, als täten sie ihm weh, atmete tief durch und lehnte sich wieder zurück.
Zuerst starrte er vor sich hin, dann sah er sie an. Lange, sehr lange. Sie wusste nicht, was sie tun sollte.
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