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Der Schwarze Papst

Titel: Der Schwarze Papst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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die selbsternannten Rektoren, Nikolaus Königsteiner und Luis de Soto, ausnahmsweise einig gewesen, dass nämlich eine so gravierende Maßnahme wie die Schließung des Collegiums ohne das Einverständnis des Ehrwürdigen in keinem Fall gerechtfertigt wäre. Sie hielten es, so behaupteten sie, für ebenso wahrscheinlich, dass Giovannas Tod ein Unfall war wie dass sie ermordet worden war, und nannten das Ganze neutral einen »tragischen Todesfall«. Was die anderen Brüder darüber dachten, spielte keine Rolle. Es war dieser verdammte Gehorsam, der sie alle dazu verdonnerte, in der Mördergrube zu verharren.

    Es war doch haarsträubend, dachte Forli, dass diejenigen, die meinten, Gott am nächsten zu sein, in puncto Befehl und Gehorsam den Soldaten ähnelten, von denen man sagte, die Hölle sei ihnen gewiss. Es schien, dass beide Gruppen, die Mönche und die Soldaten, etwas gemeinsam hatten, wobei der Gehorsam der Jesuiten sogar für Forlis Maßstäbe außergewöhnlich war. Ignatius von Loyola hatte einst das Wort Kadavergehorsam geprägt, um die widerspruchslose Fügsamkeit auf den Punkt zu bringen. Kadavergehorsam bekam in diesem Zusammenhang einen ganz neuen Sinn.
    »Zwei Ehrgeizlinge, die sich nicht trauen, ohne Erlaubnis ihres Generals die richtige Entscheidung zu treffen. Weißt du, was ich ihnen gesagt habe? Dass ich ab sofort im Collegium schlafen würde und dass mal einer versuchen soll, mich umzubringen. Dem würde ich eines vor die Glocke geben, dass die Petersglocke dagegen eine Türschelle ist.«
    Leider, dachte Forli, würde der Mörder ihm diesen Gefallen wohl nicht tun, und der Gedanke an einen schönen Faustschlag, der sein Blut in Wallung gebracht hatte, versank nun in der Trübsal des anbrechenden Abends. Die Hausdurchsuchung und die Aufregung, die sie unter den Jesuiten des Collegiums verursacht hatte, waren für Forli wie Rauschmittel gegen die Bedrückung gewesen, die noch immer über dem Tag und dem Ort lag, und zugleich ein Befreiungsschlag gegen die Umklammerung der Vorschriften und Ordensregeln. Carissimis Entscheidung war richtig und mutig gewesen, auch wenn man noch nicht wusste, was bei der Hausdurchsuchung, die noch andauerte, herauskommen würde, wohingegen man kein Prophet sein musste, um zu wissen, dass es auf jeden Fall Ärger geben würde. Die Hausdurchsuchung verstieß in mehreren Punkten gegen die Auflagen Loyolas, zum einen darin, dass sie überhaupt durchgeführt wurde, und zum anderen, dass sie von Leuten der Stadtwache durchgeführt wurde. Die Ungewissheit
über Loyolas mögliche Reaktion, wenn er davon erführe, und der in der Stille des Zimmers wiederkehrende Gedanke an Giovanna veränderten die Stimmung.
    »Ich habe Giovanna abholen lassen«, sagte Angelo, der Forlis plötzliches Schweigen richtig gedeutet hatte. Er zündete eine Öllampe und zwei der in bauchigen Weinkrügen steckenden Kerzen an, denn der Abend kam früh in dieses sonnenscheinlose Zimmer mit dem kleinen Fenster. »Ein Priester von au ßerhalb des Collegiums hat das Totengebet gesprochen, damit nicht womöglich ihr Mörder …« Er brach ab. »Jeder aus dem Haus hätte es tun können. Giovanna umbringen, meine ich.«
    »Ja«, stimmte Forli ihm zu und setzte sich auf den zweiten Stuhl auf der anderen Seite des Tisches.
    Es verging einige Zeit.
    »Sie waren alle allein, jeder Einzelne«, sagte Angelo. »Außer Ignatius von Loyola, der gerade mit Bruder Carissimi gesprochen hat.«
    »Ja«, stimmte Forli ihm wieder zu.
    Und wieder verging einige Zeit.
    Als es klopfte, öffnete Angelo die Tür und nahm einen Brief entgegen, den ein Wachmann überreichte. Der gesiegelte Brief war an der Pforte von einem Lakai abgegeben worden.
    »Vom Leibarzt des Papstes«, sagte Angelo.
    Forli richtete sich ein wenig im Stuhl auf. »Gib her.«
    »Adressiert an«, fügte Angelo hinzu, »Seine Exzellenz, Sandro Carissimi, Visitator Seiner Heiligkeit.«
    »Verdammt.« Forli sah zu, wie Angelo den Brief auf den Tisch legte.
    Erneut kehrte Stille ein. Der Brief übte eine geradezu erotische Anziehung auf Forli aus, und schon bald starrte er auf ihn, als läge eine nackte Amazone vor ihm auf dem Tisch.
    »Wo bleibt Carissimi so lange, verdammt?« Forli sprang auf. »Ich halte es nicht länger aus, die Hände in den Schoß zu legen.
Das liegt einfach nicht in meiner Natur. Dafür hat Gott die alten Frauen erschaffen.«
    »Was wollt Ihr denn tun?«, fragte Angelo.
    »Den Brief öffnen. Wenigstens das.«
    »Dafür haben wir keine

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