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Der Schwarze Phoenix

Titel: Der Schwarze Phoenix Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Becker
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Schlüssel, Münzen und … ah, verstehe.«
    Arthur zog eine schmale weiße Streichholzschachtel hervor. Darauf stand in schwarzen Buchstaben »Mitternacht«.
    »Dann sollten wir also dort anfangen, oder?«
    Der Star-Reporter des Kuriers sah den Wermenschen gedankenverloren an.
    »Ich denke, ich sollte euch begleiten. Solltet ihr auf einen Knüller stoßen, dann will ich dabei sein.«
    Carnegie zuckte mit den Schultern.
    »Es ist euer Geld. Pass nur auf, dass du mir nicht im Weg stehst. Auf geht’s.«
    Auf halbem Weg die Treppe hinunter kam Jonathan plötzlich eine Idee. Er zupfte Arthur am Ärmel.
    »Kannst du mir zeigen, wo meine Mutter gearbeitet hat, bevor wir gehen?«
    Der Reporter nickte verständnisvoll.
    »Klar. Komm mit.«
    Er führte Jonathan in eine ruhige Ecke des Raums, wo ein leerer Schreibtisch stand. Wären die Fenster nicht vernagelt gewesen, hätte man von dort aus einen Ausblick in Richtung der Hauptstraße gehabt. Obwohl niemand dort saß, hatte jemand eine Kerze angezündet, die ein sanftes Licht auf ein Tintenfass und eine Dose mit Füllfederhaltern warf. Eine schwere Kladdelag offen auf dem Tisch, auf deren Seiten Jonathan eine grazil geschwungene Handschrift erblickte, die sich wie eine sanfte Welle über das Papier legte.
    »Wir haben alles so gelassen, wie es war«, erklärte Arthur. »Es hätte sich einfach nicht richtig angefühlt, wenn hier jemand anderes gearbeitet hätte. Ich weiß, es ist zwölf Jahre her, aber ich hoffe immer noch, dass sie eines Tages zurückkommt.«
    Jonathan setzte sich auf den Stuhl und blätterte mit zitternder Hand durch die Seiten der Kladde. Bis jetzt war ein Foto die einzige Verbindung gewesen, die er zu seiner Mutter hatte.
    Sie hatte auf diesem Stuhl gesessen und in diese Kladde geschrieben. Sein Herz pochte wie wild, als er eine Schublade öffnete, die voller Notizbücher war. Es gab so viel, das er lesen konnte; so viel, das er erfahren konnte.
    »Komm, Junge«, brummte Carnegie ziemlich freundlich. »Du kannst später noch mal herkommen und dir die Sachen anschauen. Lass uns gehen und sehen, was wir herausfinden können.«
    Carnegie legte seine große Hand auf Jonathans Schulter, die beiden drehten sich um und gingen mit Arthur im Schlepptau. Von der gegenüberliegenden Seite des Büros aus beobachtete Harry Pierce, wie sie aufbrachen. Seine Augen funkelten im Kerzenlicht.

5
    Carnegie winkte vor dem Büro des Darkside-Kuriers eine Droschke heran und sie machten sich auf den Weg zurück ins Zentrum von Darkside. Die fahle Sonne war hinter dicken schwarzen Wolken verschwunden. Regentropfen trommelten auf das Dach der Droschke, während Arthur in ein Notizbuch kritzelte, das zwischen seinen dicken Fingern wie ein Kinderspielzeug aussah.
    Jonathan starrte gedankenverloren auf die düstere Welt vor dem Fenster. Neben ihm hatte Carnegie seinen Hut über die Augen gezogen und schnarchte, im Sitz zurückgelehnt, mit weit offenem Mund. Ein dünner Speichelfaden lief ihm über das Kinn. Trotz allem, was der Wermensch für ihn getan hatte, hegte Jonathan einen gewissen Groll gegen Carnegie. Er hatte ihm Informationen über Theresa vorenthalten, genau wie Alain. Warum waren alle so unwillig, Jonathan etwas über seine Mutter zu erzählen? Der Gedanke daran brachte sein Blut in Wallung. Aber noch schlimmer war die Tatsache, dass er sich in dem bestätigt fühlte, was er schon immer gewusst hatte, bevor er nach Darkside gekommen war: Er hatte keine Freunde. Jeder hatte Geheimnisse vor ihm. Er konnte niemandem trauen.
    Dennoch hatte er etwas Wichtiges erfahren. James Arkel wurde vor zwölf Jahren ermordet – im selben Jahr, in dem seine Mutter verschwunden war. Jonathan wusste nicht, ob es da eine Verbindung gab, aber er hatte sich fest vorgenommen, es herauszufinden.
    »Arthur?«
    Der Reporter blickte von seinem Notizbuch auf.
    »Wovon hat Harry vorhin im Büro gesprochen? Was ist die Blutnachfolge?«
    Arthur kramte tief in den Taschen seines ausladenden Mantels und zog ein zerknittertes Heftchen hervor, das er Jonathan zuwarf.
    »Hab mir schon gedacht, dass du mich das fragen wirst, also hab ich das hier vorhin im Büro schnell noch eingesteckt. Schließlich wollen wir ja nicht, dass der kleine Pierce dich so abfällig behandelt! Es ist recht kurz, aber gut geschrieben und sollte dich mit allen grundlegenden Informationen versorgen.«
    Das Heftchen bestand aus ein paar Blättern Papier, die in einem violetten Umschlag gebunden waren. Jonathan betrachtete eingehend

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