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Der Schwarze Phoenix

Titel: Der Schwarze Phoenix Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Becker
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Gitterstäben und die wütenden Schreie, die sie ausstieß, während sie versuchte, das Gitterzu durchbrechen. Die Zellwände schienen unter der Wucht des Angriffs zu erzittern.
    Jonathan presste sich gegen die Rückwand der Zelle und rüttelte an den Stäben, die das Fenster vergitterten. Das Kratzen und Kreischen hinter ihm wurde lauter und lauter. Er dachte, dass entweder sein Trommelfell platzen oder er den Verstand verlieren würde. Plötzlich verzog sich der Geruch von verdorbenem Fleisch und die Geräusche verstummten so schnell, wie sie gekommen waren. Jonathan hörte die ledrigen Flügel schlagen, als das Wesen sich wieder in die Luft erhob. Er sank auf die Knie und hätte am liebsten geweint, aber er fühlte sich einfach nur leer. Er ließ seinen Kopf in die Hände sinken und verharrte so, bis eine Stimme ertönte.
    »Da bist du ja.«
    Carnegie stand vor der Zellentür und hielt eine brennende Fackel in der Hand. Sein Gesicht war zerkratzt und er blutete, aber abgesehen davon schien er unverletzt zu sein.
    »Es ist vorbei, Junge. Es ist weg.«
    Jonathan blickte zu dem Wermenschen auf.
    »Das war unglaublich!«, sagte er benommen. »Ich hatte solche Angst.«
    »Ich glaube, wir hatten alle Angst.« Arthur tauchte hinter Carnegies Schulter auf. »Doch jetzt sind wir in Sicherheit.«
    Jonathan zwängte sich wieder durch die Gitterstäbe. Carnegie ging hinüber zum Wachturm, hielt seine Fackel hoch und beleuchtete das Stahlseil, das reglos ander Seite des Turms herunterbaumelte. Von dem Eindringling fehlte jede Spur.
    »Sieht so aus, als wäre unser geheimnisvoller Freund mal wieder entkommen.«
    »Das würde ich nicht ganz so sehen«, erwiderte Arthur nachdenklich. »Bevor diese Kreatur aufgetaucht ist, konnte ich einen Blick auf sein Gesicht erhaschen.«
    »Hast du ihn erkannt?«
    »Das kann man wohl sagen. Schließlich arbeite ich mit ihm zusammen. Es war Harry Pierce.«

18
    Raquella schlief in ihrem Zimmer, als er zu ihr kam. Sie wurde von Albträumen geplagt, und als sich die Tür mit einem Knarren öffnete, war sie sofort wach. Sie setzte sich rasch auf und zog die Decke hoch. Die Silhouette von Vendetta, der sich schwerfällig auf seinen Gehstock stützte, hob sich deutlich gegen den hellen Flur im Hintergrund ab. Obwohl sein überraschender Besuch sie verunsicherte, schlug sie einen selbstsicheren, fast vorwurfsvollen Ton an.
    »Es ist spät, Sir. Was kann ich für Sie tun?«
    Vendetta keuchte leise.
    »Ich kann wieder gehen«, verkündete er mit belegter Stimme. »Zum ersten Mal seit Wochen kann ich meine Beine benutzen. Ich dachte, du würdest das vielleicht erfahren wollen.«
    »Aber gewiss doch, ich bin hoch erfreut, Sir. Vergeben Sie mir, aber es ist spät, und ich habe schon geschlafen. Sicherlich wäre ich morgen früh etwas empfänglicher.«
    Der Anflug eines Lächelns huschte über Vendettas Gesicht.
    »Entwickelst du neuerdings einen gewissen Scharfsinn, Raquella?«
    Es war das erste Mal seit Langem, dass er sie mit ihrem Namen angesprochen hatte. Es gefiel ihr nicht, wie er aus seinem Munde klang.
    »Ich denke, das sollte man unterstützen … bis zu einem gewissen Punkt. Ich habe dich nicht nur geweckt, um dir meine Fortschritte zu zeigen, obwohl das an und für sich schon ein ausreichender Grund wäre. Nein, es gibt da ein Geheimnis, das ich gerne mit dir teilen möchte. Ich weiß nicht, wie du darauf reagieren wirst, aber ich dachte mir, es wäre durchaus amüsant, das herauszufinden.«
    Raquellas Finger umklammerten die Bettdecke. Vendettas Stimmungsschwankungen wurden immer unberechenbarer. Sie fragte sich, ob das Gift auch sein Gehirn angegriffen hatte und er langsam verrückt wurde. Oder war er schon immer so gewesen, und sie war zu eingeschüchtert gewesen, um es zu bemerken?
    »Es wäre mir eine Ehre, dieses Geheimnis zu erfahren, aber kann das nicht bis morgen warten?«
    Der Vampir schwang seinen Gehstock und fegte mit ihm über Raquellas Schminktisch hinweg. Haarspangen, Familienfotos und Kosmetiktiegel fielen krachend auf den Holzboden. Das Geräusch von zersplitterndem Glas ließ Raquella zusammenzucken.
    »Du stehst auf oder ich schlage dich da, wo du liegst«, fauchte Vendetta. Er machte eine Pause und eine gemäßigtere Stimmung bemächtigte sich seiner. »Ich warte draußen, während du dich anziehst. Beeil dich.«
    Er schloss die Zimmertür.
    Zitternd zog sich Raquella etwas an und folgte ihrem Meister. Es war halb vier Uhr morgens und in den zugigen Korridoren von Vendetta

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