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Der Schwarze Phoenix

Titel: Der Schwarze Phoenix Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Becker
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behutsam so weit nach oben, dass ihre Blicke sich trafen. Unter dem eiskalten Blick seiner blauen Augen lief ihr ein Schauer den Rücken hinunter.
    »Las dir eines gesagt sein: Ich hätte deinen Vater draußen in der Kälte stehen lassen können, bis sie ihn zur Strecke gebracht und wie einen Hund abgeknallt hätten. Er ist nur deshalb noch am Leben, weil ich ihn hereingelassen habe, und diese Tat birgt ein gewisses Risiko für mich. Und in Anbetracht meiner momentanen Verfassung …« Er wandte seinen Blick ab. »Raquella, ich bin so, wie ich bin. Mehr Dankbarkeit kannst du von mir nicht erwarten.«
    All dies war zu viel für Raquella. Sie wusste nicht, ob sie glücklich oder traurig, dankbar oder wütend sein sollte. Sie vermutete, dass Vendetta genau das von Anfang an beabsichtigt hatte. Abermals fand sie in ihrem Inneren die Ruhe, die sie die letzten Jahre in dieser gefährlichen Umgebung überleben lassen hatte.
    »Darf ich mit ihm sprechen?«, fragte sie eilig.
    »Aber bitte«, entgegnete Vendetta. »Dein Vater ist mein Gast.«

19
    »In Ordnung, Junge. Du kannst jetzt hereinkommen.«
    Jonathan drückte die Türlinke runter und betrat den Beobachtungsraum. Er befand sich in einem Arbeitszimmer, das vor Kurzem der Schauplatz eines erbitterten Kampfes gewesen war. Möbel waren umgeworfen worden und eines der Bücherregale lag auf dem Boden. Ein eiskalter Wind wehte durch das zerbrochene Fenster herein. Noch schlimmer war, dass Jonathan nicht umhin kam, die zahlreichen Blutspuren zu entdecken, die über den Boden verliefen.
    Mitten in dem Durcheinander, hinter dem Schreibtisch, saß Arthur Blake. Sein Gesicht war aschfahl. Carnegie stand mit hinter dem Rücken gefalteten Händen an einem der Fenster und starrte hinaus. Neben der Tür lag ein Mantel über einer unförmigen Masse ausgebreitet. Jonathan nickte in Richtung des Haufens.
    »De Quincy?«
    »Sagen wir einfach, er wird keine bösen Briefe mehr schreiben«, erwiderte Arthur trocken.
    »War es … ich meine, sah er so aus wie die anderen?«
    Der Reporter nickte.
    »Nun, Harry kann es nicht gewesen sein. Ich weiß nicht, was er hier wollte, aber er könnte keinen Mann in Stücke reißen. Was war das für ein Ding , Carnegie?«, fragte Jonathan.
    Der Wermensch drehte sich nicht zu ihm um.
    »Ist egal, was es war«, antwortete er knapp. »Es war sehr groß, sehr schnell und sehr gefährlich. Was willst du noch wissen?«
    »Aber was war mit dieser schwarzen Wolke?«
    »Es reicht, Junge!«, schrie Carnegie. »Kannst du die Sache nicht einfach auf sich beruhen lassen?«
    Jonathan verkniff sich eine spitze Antwort. Seit die drei sich wieder zusammengefunden hatten, war Carnegie zurückhaltend und mürrisch. Er sah etwas in seinen Augen, das er noch nie zuvor gesehen hatte. Hätte er es nicht besser gewusst, dann hätte er gedacht, dass es Angst war.
    »Dann sind wir also zu spät gekommen«, stellte er verdrossen fest.
    »Nicht unbedingt«, entgegnete Arthur lebhafter. »De Quincy mag zwar tot sein, aber wir sind in seinem Arbeitszimmer. Vielleicht können wir hier etwas finden, das uns weiterhilft.«
    Der beleibte Reporter fing an, den verwüsteten Raum zu durchsuchen. Er zog Akten aus dem Regal und durchwühlte die Schubladen. Jonathan half ihm und versuchte, nicht mehr an die Leiche zu denken, die neben ihnen lag. Sie ließen Carnegie am Fenster stehen.
    Nachdem er zehn Minuten lang de Quincys Briefe durchgeblättert hatte, seufzte Jonathan entnervt.
    »Habt ihr gesehen, wie viele von diesen Briefen er geschrieben hat? Gibt es eigentlich irgendjemand, den er nicht erpresst hat?«
    Arthur sah ihn grimmig an.
    »So ist Darkside, Jonathan. Jeder hat seine Geheimnisse.«
    »Ja, aber das hier kann ewig dauern.«
    Er spürte, wie ihm jemand auf die Schulter tippte, drehte sich um und sah Carnegie, der ihm eine ordentliche schwarze Mappe hinhielt. Auf der oberen linken Ecke prangte ein Blutfleck.
    »Was immer ihr sucht, es wird vermutlich hier drin sein. Die hatte er bei sich, als er ermordet wurde.«
    »Oh, danke«, erwiderte Jonathan und nahm die Mappe mit spitzen Fingern entgegen.
    Er trug die Mappe eilig zum Schreibtisch und leerte den Inhalt darauf aus. Dann begannen er und Arthur, die Papiere durchzusehen. Jonathan las gerade einen langen Brief an einen Darksider Geschäftsmann, der heimlich seinen Partner betrog, als der Reporter einen erstaunten Pfiff ausstieß.
    »Bingo. Siehst du das Datum hier? Das war letzte Woche. Und siehst du, an wen er gerichtet

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