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Der Schwarze Phoenix

Titel: Der Schwarze Phoenix Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Becker
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neugierig, aber ohne Bosheit. Carnegie streichelte den Hund zu seiner Linken.
    »Seht ihr? Sie sind harmlos.«
    In diesem Augenblick tauchte der Mond hinter den Wolken auf. Das Gelände des Panoptikums wurde von seinem fahlen Licht überflutet, und eine Gestalt wurde sichtbar, die sich durch die Luft bewegte.
    »Was um Darksides Willen ist das?«, murmelte Carnegie.
    Die Gestalt hangelte sich mit Armen und Beinen an einem Seil entlang, das zwischen der Mauer und dem Panoptikum gespannt war. Obwohl ein Fehlgriff dazu geführt hätte, dass sie in den sicheren Tod gestürzt wäre, bewegte sie sich mit der grazilen Leichtigkeit einer Ballerina.
    »Das ist der Typ aus dem Kain-Club!«, rief Jonathan.
    »Beeindruckend«, murmelte Carnegie widerstrebend. »Wenn auch auf eine ziemlich angeberische Art.«
    »Aber wenn er der Mörder ist, müssen wir schnell ins Gebäude! Beeilt euch!«
    Jonathans Füße wirbelten Staub auf, während er wie ein Windhund in Richtung des Gebäudes raste.Den Blick fest auf das Panoptikum gerichtet, nahm er nur vage Carnegie und die Hunde wahr, die neben ihm herliefen. Hinter sich hörte er Arthur schwer schnaufen. Das Schotterfeld schien sich endlos hinzuziehen, und Jonathan rannte, bis seine Lungen brannten und seine Beine schmerzten. Über ihm schwang sich der Eindringling beinahe gelangweilt das Seil entlang und verkürzte den Abstand zur Kuppel mit jeder Bewegung.
    Plötzlich befand sich Jonathan im kühlen Schatten des Panoptikums. Aus der Nähe wirkte das Gefängnis sogar noch bedrohlicher. Es war auf einem Fundament aus Verzweiflung und Wahnsinn erbaut und besaß nicht die schauderhafte Eleganz der anderen Gebäude in Darkside. In den Jahren, die vergangen waren, hatten seine vernarbten Mauern die Menschen draußen genauso abgewiesen, wie es zuvor die Schreie seiner Insassen eingeschlossen hatte. Nun herrschte eine teilnahmslose Stille. Den Haupteingang bildete eine dicke Stahltür, deren Hauptaufgabe es war, den Zutritt eher zu verwehren, denn zu ermöglichen.
    Jonathan schüttelte den Kopf und drehte sich zu Carnegie um, der gerade mit den Hunden angelaufen kam.
    »Das Ding ist eine Festung. Kommen wir durch eines der Fenster rein?«, fragte er.
    Der Wermensch schüttelte den Kopf.
    »Dahinter sind Zellen. Wir würden nur auf Gitter treffen. Wir müssen den Haupteingang nehmen.«
    Carnegie beäugte die Stahltür und machte sich gerade bereit, um sich mit der Schulter voran dagegen zu werfen, als ein erschöpfter Ruf hinter ihm ihn bremste.
    »Warte!«
    Arthur stolperte müde auf sie zu.
    »So kommst du da nie rein. Lass mich es versuchen.«
    Der Reporter griff abermals in seine Tasche und zog einen Lederbeutel heraus, der eine Reihe langer, dünner Metallgegenstände enthielt. Er ließ sich auf die Knie sinken und stocherte damit in verschiedenen Kombinationen im Türschloss herum. Jonathan blickte nach oben und sah, wie der Eindringling das Ende des Seils erreichte und sich auf die Stahlkonstruktion schwang.
    »Beeil dich, Arthur.«
    Der Reporter verzog das Gesicht.
    »Das ist kein normales Schloss. Es wird eine Zeit dauern.«
    Arthur lief der Schweiß in Strömen über das Gesicht. Er machte eine kurze Pause, um sich die Stirn mit einem Taschentuch abzutupfen, und stürzte sich mit neuem Elan auf das Schloss. Einen Draht steckte er oben in das Schloss und versuchte dann mit einem zweiten den Mechanismus von unten auszuhebeln.
    Carnegie knurrte ungeduldig.
    »Wir haben nicht die ganze Nacht Zeit.«
    »Wenn du mich einfach in Ruhe lässt und ich mich konzentrieren kann, dann …«
    Ein lautes Klicken ertönte.
    »Geschafft!«, rief Arthur.
    Die Tür schwang auf und gab den Blick auf einen langen Korridor frei, der tiefer in das Herz des Panoptikums führte. Die Hunde schnüffelten vorsichtig an der muffigen Luft und machten einige Schritte nach hinten. Jonathan blickte nervös zu Arthur.
    »Das ist kein gutes Zeichen.«
    Aus dem Inneren des Gebäudes ertönten ein markerschütternder Schrei und der laute Knall eines Pistolenschusses.

17
    Sie schlichen langsam und vorsichtig den Korridor entlang. Trotz der vorangegangenen Eile wollte nun niemand mehr laufen. Carnegie führte sie durch die Dunkelheit und schärfte im Vorbeigehen schweigend seine Klauen an den Seitenwänden. Jonathan zitterte und schlang seine Jacke enger um den Körper. Im Korridor war es frostig kalt und die eisige Luft bemächtigte sich seiner empfindlichsten Körperteile: der Wangen, der Ohrläppchen und der

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