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Der schwarze Prinz

Titel: Der schwarze Prinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Netty
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ihren. Der bis zum Ende seiner Verantwortung ihnen gegenüber gerecht geworden war, so gut er konnte, und der sich oft genug Vorwürfe gemacht hatte, bei all seiner Macht so weit von Vollkommenheit entfernt zu sein wie jeder Nächste.
    »Ich könnte vieles sagen über ihn«, meinte Hagen. »Wir alle könnten das. Und wir könnten Jahre damit verbringen und würden trotzdem nur an der Oberfläche kratzen. Aber es gibt eines, das all das zusammenfasst in nur vier Worten. Mehr will und mehr muss ich nicht zum Abschied, den wir niemals ganz verkraften werden, sagen. Und diese vier Worte sind: Wir haben dich geliebt!«
    Ohne zu zögern, stimmte jeder Einzelne in dem Raum mit ein: »Wir haben dich geliebt!«
    Yrr entzündete eine Fackel und reichte sie ihrem Vater. Er stellte sich neben das Schiff und schloss für einen Moment der Andacht das Auge.
    Die Krieger riefen im Chor: »Alberich! Alberich!«
    Begleitet und angespornt von ihren feierlichen Rufen hielt Hagen die Fackel unter den Drachenkopf am Bug. Das Holz war mit Öl getränkt und fing augenblicklich Feuer. In Windeseile fraßen sich die Flammen über das Schiff, das sich auf einen Wink Hagens hin in Bewegung setzte und in das Tor einfuhr.
    »Alberich! Alberich!«
    Die Lohen schlugen weit nach oben. Die Kriegerinnen und Krieger stimmten erneut ein Lied an.
     
    »Danz leikr Hjarta Stjarni
    Fjüka nyr Heima
    Goeta ykkarr döttiri edha soni
    Til Sunna fyrnast
    Edha endr sja.«
     
    Tanze ins Herz der Sterne,
    Flieg von hier fort in dein neues Zuhause,
    Wache über deine Töchter und Söhne,
    Bis selbst die Sonne vergessen sein wird
    Und wir uns Wiedersehen.
     
    Dann mit einem Mal - so als habe die rot glühende Felswand es geschluckt - war das Schiff verschwunden ... als hätte es nie existiert. In der Luft hing der süße Duft verbrannter Blumen.
    Nachdem das Lied schließlich verstummt war, hörte Svenya in der tragenden Stille vereinzeltes Weinen. Sie sah, dass Yrrs Beine bebten, aber Raik stützte sie - obwohl er ebenfalls sichtlich ergriffen war.
    »Freunde!«, rief da Hagen. »Schwestern, Brüder ... Söhne und Töchter des Lichts. Erlaubt mir, dem Schmerz über den Tod unseres Vaters den Stachel zu ziehen und ihn ein wenig zu dämpfen ... so, wie Vater es sich gewünscht hätte ... um diesen Tag nicht nur als
    Tag der tiefen Trauer in unser Gedächtnis einziehen zu lassen, sondern auch als einen Tag der Freude und des Glücks.«
    Die Blicke aller wanderten zu ihm, und auch Svenya schaute ihn neugierig an.
    Hagen ging vor ihr auf die Knie und holte aus einer Tasche im Umhang einen Ring hervor. Den Ring! Den Andvaranaut!
    Mit der freien Hand ergriff er ihre Linke. »Sven’Ya SvartrAlp, Hüterin Midgards, Bewahrerin Elbenthals ... Sei mein Weib. Jetzt und für alle Zeit!«
    Svenya war wie vom Donner gerührt. Ihr Herz sprang ihr bis hoch in die Kehle, und als ihre Beine so zittrig wurden, dass sie ihr den Dienst zu versagen drohten, sank sie ebenfalls auf die Knie. Ihr von neuen Tränen nasser Blick begegnete dem seinen, und sie lächelte so ungehemmt, dass ihr die Wangen schmerzten.
    »Hagen von Tronje, Sohn des Alberich, Bewahrer Elbenthals ... Ich bin die Deine ... jetzt und für alle Zeit!«
    Hagen steckte ihr den Ring an den zittrigen Finger, nahm sie in die Arme und küsste sie. Über den Taumel der Glückseligkeit hinweg hörte Svenya, wie in der Halle um sie herum lauter Jubel ausbrach.
    »Ich liebe dich«, flüsterte sie gegen Hagens warme Lippen und spürte, wie er lächelte. Zur Antwort küsste er sie noch einmal, und Svenya lachte seinem Kuss entgegen und um ihn herum - voller Freude darüber, dass er so sehr viel mehr ein Mann der Taten war als der Worte. Ihr Körper glühte vor Sehnsucht, jetzt mit ihm allein sein zu können - doch das musste warten. Ihre Freunde wollten ihr Glück mit ihnen teilen ... und sie es mit ihnen.
    Noch ehe sie wieder vollständig auf den Füßen standen, waren sie umringt von Gratulanten - allen voran Yrr, die Svenya ganz gegen ihre Art auf die Wange küsste. Yrrs Augen waren nass und sie flüsterte mit vor Rührung gebrochener Stimme: »Ich bin so glücklich für Vater und dich, M...«
    Svenya unterbrach sie eilig - lachend: »Wehe, du nennst mich jetzt Mutter.«
    Yrr stimmte in ihr Lachen ein. »Eigentlich wollte ich Mama sagen.«
    »Dann geb ich dir Hausarrest und streich dein Taschengeld.«
    Sie drückten einander und küssten sich noch einmal auf die Wangen. Dann kam Raik. Er wollte vor ihnen niederknien, aber

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