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Der schwarze Prinz

Titel: Der schwarze Prinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Netty
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bringen, und sie dabei verletzt vorgefunden hatte. Was jetzt geschah, durfte auf keinen Fall mit ihr in Verbindung gebracht werden. Nicht die geringste Spur eines Verdachtes durfte auf sie fallen, sonst war ihr Leben wirklich verwirkt. Und welchen Sinn hätte dann all das hier?
    Lau’Ley streifte ihre magische Tarnung ab und nahm ihre herkömmliche Gestalt wieder an. Aus einer Tasche in ihrem Kleid holte sie eine kleine Phiole und legte sie dem Jötunn in die rechte Hand, die so groß war wie die Platte eines kleinen Tisches. Anschließend trat sie so dicht an ihn heran, dass sie seinen nach rohem Fleisch und altem Käse stinkenden Atem riechen konnte, bohrte ihren Blick in seine trüb schimmernden Augen und sagte: »Hör mir ganz genau zu und tu, was ich dir sage.«

19
Rügen
    Yrr lenkte den Hubschrauber mit Kurs auf das von Svenyas Helikopter ausgehende Signal und ärgerte sich darüber, wie sehr Raiks Anwesenheit in der Passagierkabine hinter ihr sie davon ablenkte, sich voll und ganz auf ihre Mission zu konzentrieren. Seit er sie geküsst hatte, hatte sie keine Gelegenheit mehr gefunden, mit ihm alleine zu sprechen, um herauszufinden, was dieser Kuss bedeutet haben mochte. War es eine Verkettung unglücklicher Umstände oder wich Raik einem Gespräch unter vier Augen absichtlich aus? Aber wenn er das tat, warum? Sie musste zugeben, der Kuss war in einem eher unpassenden Moment und auf seltsame Art und Weise passiert - außerdem hatte sie vielleicht nicht ganz so gut darauf reagiert, wie sie reagiert haben würde, wäre sie auch nur annähernd darauf vorbereitet gewesen doch er war nun einmal passiert, und er hatte etwas bedeutet... zumindest ihr ... wenn auch zu ihrer eigenen Überraschung ... und auch wenn sie sich nicht sicher war, was genau. In all den Jahrhunderten ihres Lebens als Kriegerin hatte es nie Raum gegeben für mehr als den Kampf. Sie hatte alles, was sie davon und von ihrer Verantwortung gegenüber Elbenthal, ihrem Vater und dem König ablenken konnte, aus ihrem Leben ferngehalten ... und ein Teil in ihr spürte auch gerade sehr deutlich, warum. Aber ebenso wenig konnte sie leugnen, dass Raik schon immer eine ganz besondere Faszination auf sie ausgeübt hatte ... obwohl oder wahrscheinlich gerade weil er so ganz anders
    war. Er war gebildet, in sich gekehrt, in praktischen Dingen manchmal beinahe schon lächerlich unbeholfen. Niemand, außer ihrem Vater und ihrem Großvater, kannte die Geschichte ihres Volkes so gut wie Raik - was ihn in Yrrs Augen zu der Seele ihres Volkes machte ... und damit nur umso liebenswerter. Er war ein Tölpel mit Schwert, Speer und Bogen - aber ein Halbgott mit seiner Magie; besonders, wenn man berücksichtigte, wie verhältnismäßig jung er noch war. Doch war diese Faszination auch Zuneigung ... oder gar mehr? Yrr kannte sich in solchen Dingen nicht aus - und beschloss, bei nächster Gelegenheit einmal mit Svenya darüber zu reden. Der Gedanke, Rat bei einer gerade einmal Siebzehnjährigen zu suchen, machte ihr schwer zu schaffen, aber anders als all die Elben, die Yrr kannte, hatte Svenya jetzt schon mehrfach bewiesen, dass sie sich weniger an Traditionen orientierte als an ihren eigenen Gefühlen und Instinkten - und die hatten sie in der kurzen Zeit einen mächtigen Pfad schaffen lassen, den sie mit erstaunlicher Selbstsicherheit beschritt. Wenn es jemanden gab, der Yrr lehren konnte, wie man seine Gefühle erkennt und sie in die Entscheidungsfindung mit einfließen lässt, dann die Hüterin.
    Wenn sie noch lebt. Der Gedanke, dass Svenya etwas passiert sein könnte, schnürte ihr die Brust zu.
    Yrr sichtete den Hubschrauber weiter vorne rechts. Das Licht der späten Vormittagssonne brachte den schwarzen Lack zum Glanzen wie den Panzer eines Skarabäus. Sie flog einen weiten Kreis um ihn herum, um die Lage zu sondieren, und landete ihre eigene Maschine dann genau daneben.
    Keine Spur von der Hüterin.
    Noch während sie den Rotor ausschaltete und die Systeme auf null fuhr, sprangen Liff und Reyja von ihren Plätzen und sicherten das Gelände. Yrr stieg aus und wollte Raik aus der Maschine helfen, doch der ignorierte ihren Blick und ihre hingestreckte Hand und kletterte an ihr vorüber zu Boden.
    »Raik...«, begann sie sanft.
    Er reagierte nicht. »Ich umgebe beide Helikopter mit einem Schutzzauber, sodass sie weder gesehen noch berührt werden können«, sagte er und stellte sich in Position. »Tretet zurück.«
    »Zuerst müssen wir unsere Ausrüstung holen«,

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