Der schwarze Prinz
ändern würde?
»Du musst schon deutlicher werden«, verlangte sie.
»Nein, muss ich nicht«, entgegnete er. »Du musst erkennen. Das ist alles.« Damit drehte er sich wieder zum Ausgang der Zelle. »Du glaubst, dein Schicksal sei das der Hüterin Midgards - und damit ein gewaltiges. Dabei ist es in Wahrheit um so vieles größer.«
Ehe Svenya ihn auffordern konnte, zu bleiben und ihr Rede und Antwort zu stehen, war er bereits durch die Tür verschwunden und hatte sie hinter sich verriegelt.
18
Trotz ihrer Verletzungen aus dem Kampf gegen die Hüterin hatte Lau’Ley die Mühen und Schmerzen eines ihrer ältesten Zauber auf sich genommen, um sich so gut zu tarnen, dass niemand - nicht einmal Laurin - sie jetzt entdecken konnte. Sie war völlig mit der Wand in ihrem Rücken verschmolzen. Der Wand des Vorraumes zu Sven’Yas Zelle. Von hier aus hatte sie alles gehört, was ihr geliebter Schwarzer Prinz mit der Hüterin gesprochen hatte - vor allem wie er mit ihr gesprochen hatte ... besonders am Ende. Selten hatte Lau’Ley ihn so sanft erlebt. Und das im Angesicht der Erzfeindin?! Wer war die Hüterin wirklich ... und woher kannte er sie? Und wenn er sie kennt, warum kenne ich sie dann nicht? Sie erinnerte sich daran, wie er einmal angedeutet hatte, dass sie sie eigentlich kennen müsste, aber sosehr Lau’Ley sich auch das Hirn zermarterte, ihr wollte nicht einfallen, woher. Und wieso hat er gelacht, als er »Deines Volkes?« fragte und das Deines dabei so betont? Hieß das, die Hüterin war gar keine Lichtelbin? Aber wenn sie nicht zum Volk Alberichs und Hagens gehörte, zu welchem dann? Sie war definitiv keine Jötunn, und ein Mannwolf war sie auch nicht. Die Neugier wand sich in Lau’Leys Eingeweiden wie eine giftige Schlange. Ich darf nicht zulassen, dass mich das davon abhält zu tun, was getan werden muss! , ermahnte sie sich selbst, um ihren eilig gefassten Plan nicht zu gefährden. Wenn die Hüterin erst einmal tot ist, ist es völlig egal, wer oder was sie in Wirklichkeit ist! Sie beobachtete von ihrem Versteck aus, wie Laurin die Zelle verließ und die Tür sorgfältig verriegelte. Den Schlüssel überreichte er dem Jötunn, der davor Wache stand. Der Eisriese reichte mit dem Kopf fast bis zur Decke des Raumes.
»Du sorgst dafür, dass niemand sich der Gefangenen nähert, ohne dass ich persönlich dabei bin«, befahl Laurin. »Auch und ganz besonders Lau’Ley nicht. Hast du das verstanden?«
Der Jötunn grunzte und nickte, und Laurin wandte sich an zwei seiner Elbenkrieger, die am Ausgang auf ihn warteten. »Kommt«, sagte er. »Wir müssen die Verteidigung Aarhains verstärken und Späher aussenden. Wenn Hagen erfährt, dass die Hüterin sich in unserem Gewahrsam befindet, wird er versuchen, sie zu befreien.«
Als Laurin gegangen war, setzte der Jötunn sich vor der Zellentür auf den Boden und legte sich seine mit Eisennägeln beschlagene Keule quer über die Schenkel. Selbst wenn er jetzt im Dienst einschlief, würde es niemandem gelingen, sich an ihm vorüber zu der Gefangenen zu schleichen.
Aber Lau’Ley hatte auch gar nicht vor, die Zelle der Hüterin zu betreten. Ihr Plan war ein anderer. Sie wartete ein paar Minuten ungeduldig, bis sie ganz sicher sein konnte, dass Laurin nicht mehr in der Nähe war...... und fing dann leise an zu singen.
Sie sang so sacht, dass es zunächst außer für ihre eigenen Ohren gar nicht zu hören war. Das Lied war älter als sie selbst... und seine Magie erreichte den Jötunn sanft, ohne dass er es merkte ... drang in ihn wie ein schleichendes Gift und breitete sich in seinem beschränkten Geist aus ... Note für Note ... Takt für Takt ... aber erst als Lau’Ley die Stimme schließlich anhob, traf sie ihn von innen heraus mit der Schnelligkeit und Macht eines Schwertstreichs. Der Eisriese warf zwar noch den Kopf herum, in dem Versuch, herauszufinden, woher diese seltsame Musik so plötzlich kam, aber da wurde der Rest seiner Glieder bereits schlaff und kraftlos, und er sackte in sich zusammen.
Seine großen Glupschaugen unter den dichten zottigen Brauen waren noch geöffnet und verrieten, dass er nicht bewusstlos war. Sie starrten ins Leere. Er war in Trance. Dennoch sang Lau’Ley weiter, um die Wirkung ihrer Hypnose zu vertiefen. Nach ihrer Niederlage in Vineta konnte sie sich keinen weiteren Patzer leisten. Wie sie gerade gehört hatte, tat Laurin nur so, als hätte er ihr die Geschichte abgenommen, dass sie der Hüterin gefolgt war, um sie zu ihm zu
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