Der schwarze Prinz
zu zermahlen. Doch Wargo war eilig unter Zuhilfenahme seiner Klauen und Zähne noch weiter nach hinten geklettert... in der Hoffnung, über ihre Schwanzspitze hinweg nach unten zu kommen und in den Tunnel fliehen zu können.
Doch die Nadhr kam ihm zuvor. Im wahrsten Sinne des Wortes. Sie warf ihren Kopf nach oben und hinten ... jetzt mit dem Vorderkörper an der Decke kriechend ... Wargo überholend und ihn am Ende ihres eigenen Schwanzes mit weit aufgerissenem Maul empfangend. Dabei zog sie den Schwanz mit einer peitschenartigen Bewegung so schnell nach, dass Wargo nach hinten, also wieder den Gang hinauf geschleudert wurde. Er wirbelte durch die Luft und krachte auf den Felsboden. Die Nadhr kroch wieder von unten her auf ihn zu. Doch statt erneut anzugreifen oder Gift zu spucken, verharrte sie plötzlich und hielt ihre Position.
Wargo ahnte, warum ... und spürte die andere Schlange dicht hinter sich, noch ehe er sich zu ihr herumdrehte. Ihr kalter Atem kroch aus ihren Nüstern über seinen felligen Nacken, und er konnte die Spitzen ihrer züngelnden Zunge auf seinem Fell spüren. Ihre Nähe ließ ihn erstarren, und er fragte sich, warum sie nicht schon längst zugebissen hatte.
»Ergib dich, wenn du leben willst, Wargo Wolfsson«, sagte eine Stimme. Eine Stimme, die er kannte. Nur zu gut kannte. Aber so vertraut sie ihm auch war, so wenig konnte es sein, dass er sie jetzt hörte. Es war unmöglich!
Er drehte sich um und blickte in die nur knapp drei Meter entfernten blinden Augen der zweiten Riesenschlange. Sie war nicht irgendeine Nadhr. Wargo kannte sie: Es war Nagarr’Ta’Arssa - die Königin aller Nadhr. Sie war in etwa doppelt so groß wie die Artgenossin, mit der Wargo bis eben gekämpft hatte, und verfügte über einen breiten Nackenschild, den sie jetzt wie eine Kobra gespreizt hatte.
Aber es war nicht die Schlange, die gesprochen hatte ... nicht ihre Stimme war es, die Wargos Herz fast zum Stillstand gebracht hatte. Es war die Stimme der Frau, die auf dem Rücken der Nadhr-Königin saß.
»D-du bist t-tot«, hörte Wargo sich selbst ungläubig und mit rauer Kehle stammeln. »Seit über siebzig Jahren!«
27
Svenya hatte nicht länger die Kraft zu schweben. Sie fühlte sich fiebrig und zitterte; ihr fehlte die Konzentration, die Magie aus ihrem Umfeld noch länger zu fokussieren. Auf wackligen Beinen schleppte sie sich durch die Höhle vor Aarhain und war dankbar dafür, dass ihre Tarnung nicht von ihrem körperlichen Zustand abhängig war, denn überall kreuzten die Wachpatrouillen des Schwarzen Prinzen. Vor den Wölfen aber musste sie auch trotz ihrer Tarnung auf der Hut bleiben - die abgerichteten Tiere der Vargulfra konnten sie auch wittern, wenn sie unsichtbar war.
Was, bei Hel, macht mich so fertig?, fragte sie sich und rieb sich die glühende Stirn. Etwas fühlte sich absolut falsch an. Sie war schon mehr als einmal wesentlich schlimmer verletzt worden als bei dem Kampf in Vineta, aber noch nie hatte sie sich so krank dabei gefühlt. Es war, als würde eine Infektion in ihrem Körper brennen, und sie wunderte sich, ob es vielleicht ein besonderer Fluch der Klinge Mimungs sein konnte, der sie jetzt von innen heraus vergiftete.
Ihr Brustkorb fühlte sich mit jedem schleppenden Schritt enger an, und das Atmen wurde, gepaart mit den Schmerzen in ihren Rippen, zu einer immer größeren Qual.
Svenya nahm sich vor, einen Platz zu suchen, an dem sie rasten konnte, sobald sie die große Höhle erst einmal hinter sich gelassen hatte, und die Aussicht auf diese Pause gab ihr für ein paar Minuten neue Energie. Doch schon bald fiel ihr jeder Schritt so schwer, als wären ihre Beine aus Blei. Ihr eigener salziger Schweiß floss ihr von den Brauen in die Augen und verschleierte ihre Sicht, und sie konnte hören, wie ihr Atem zu rasseln begann. Ihre Hände und Beine wurden immer zittriger.
Reiß dich zusammen!, schimpfte sie mit sich selbst. Nur ein paar Kilometer, und du bist in Sicherheit!
Doch die paar Kilometer hätten ebenso leicht die Entfernung zwischen hier und der Sonne sein können, denn schon bald fühlte es sich so an, als sei allein der nächste Meter die größte Herausforderung, der sich Svenya je gegenüberstehen sah.
Sie biss die Zähne zusammen, fühlte sich mittlerweile aber so schwach, dass sie sich nicht einmal mehr gegen die aufsteigenden Tränen wehren konnte. Da wusste sie, dass sie es niemals aus eigener Kraft zurück nach Elbenthal schaffen würde, und ein Gefühl der
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