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Der schwarze Prinz

Titel: Der schwarze Prinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Netty
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müssen.
    Doch gerade als sie sich von ihrem Thron erheben wollte, flog ihr gegenüber ein gewaltiges Tor auf, das bis eben noch gar nicht existiert hatte. Die beiden aus massivem Gold bestehenden Flügel schlugen nach innen und krachten mit einem dumpfen Scheppern gegen die Wände. Von dahinter erstrahlte ein Licht so gleißend, dass Svenya für einen langen Moment geblendet war. Sie hörte das Galoppieren riesiger unbeschlagener Hufe auf Marmor, verengte die Augen zu kleinen Schlitzen, um gegen die Helligkeit besser sehen zu können, und erkannte schließlich die gewaltige Silhouette eines Streitrosses, das mit flammenden Schritten auf sie zuflog - auf seinem Rücken ein Krieger mit wehendem langem Haar. Als wären die Tische und die Figuren daran nur Geister, ritt er mitten durch sie hindurch, ohne sie in ihrem bunten Treiben zu stören. An der Seite des feurigen Hengstes rannten ein Wolf und ein riesenhafter Keiler mit schwarzem Fell und Hauern so lang wie Svenyas Unterarm. Ein Greif so klein wie ein Falke flog über der linken Schulter des Reiters und über seiner rechten - nicht sehr viel größer - ein Mantikor ... ein Löwe mit weiten, fledermausartigen Schwingen.
    Was zur Hölle...?
    Sie glaubte, die Gestalt auf dem Ross zu erkennen.
    »Hagen!«, rief sie und sprang von ihrem Thron auf.
    Der Reiter lachte und brachte sein Pferd nur wenige Schritte vor den Stufen zu ihrem Podest zum Aufbäumen.
    Svenya erkannte das Lachen. Es war nicht Hagen!
    Der Reiter sprang ab und lief zu ihr nach oben.
    Jetzt sah Svenya sein Gesicht. Es passte zu dem Lachen.
    Laurin!
    »Hallo, Schwanentochter«, sagte er - wie in jener Nacht ihrer allerersten Begegnung.
    Svenya wollte einen Schritt zurück machen, doch da war der Thron, und noch ehe sie reagieren konnte, hatte er sie in seine Arme gerissen..... und küsste sie!
    Seine Lippen waren fest und doch sanft - und der Kuss einer, wie Svenya ihn in ihrem ganzen Leben noch nicht bekommen hatte. Er war so zärtlich, wie er fordernd war, so selbstverständlich wie zauberhaft. Im wahrsten Sinne des Wortes atemberaubend. Svenya wollte sich aus Laurins Armen winden, doch seine Kraft war unglaublich. Er hatte sie so fest bei Taille und Nacken gepackt, dass sie nicht einen Millimeter ausweichen konnte und in seiner Duftwolke aus Leder, frischen Blüten und dem salzigen Wind der Meere gezwungen war, mitzuerleben, wie ihr Herz zu flattern begann.
    Das war auf so vielen Ebenen falsch!
    Die Erinnerung an Charlie brach über sie herein - daran, dass er sie gegen ihren Willen benutzt hatte - und Svenya wusste, dass sie gleich ausrasten würde. Aber das geschah nicht. Es kochte kein Hass in ihr auf. Warum nicht? Warum fühlte es sich so vertraut an, in seinen Armen zu liegen? Warum hatte sie das Horn und den Apfel noch nicht fallen lassen, um ihm mit ihren scharfen Fingernägeln die Augen auszukratzen?
    Bin ich in einem Traum und nicht wirklich Herrin meiner Sinne?
    Svenya fühlte, wie ihre Beine zu zittern begannen und ihr Herz noch schneller pochte. Die Wärme, die von seinem Gesicht auf das ihre überfloss, war überwältigend ... benebelnd. Und mit jeder Sekunde wurde sein Kuss leidenschaftlicher ... drängender ... erfüllender.
    Das darf nicht sein! , schrie alles in ihr auf, und sie mobilisierte ihre letzten Reserven, um ihn endlich doch von sich wegzustoßen und nach Luft zu schnappen.
    »Wild wie immer!«, lachte er und schaute sie an. Doch sein Gesicht war jetzt nicht mehr das von Laurin. Es war Hagen - und beide Augen waren unversehrt! Er legte seine Hand an ihre Wange und sagte mit vor Begehren rauer Stimme: »Meine Göttin!«
    »Hagen!«, rief Svenya und warf sich zurück in seine Arme. Dass sie in ihm Laurin gesehen hatte, musste eine Halluzination gewesen sein - hervorgerufen durch das gleißend helle Licht. Jetzt - da erwidert - war der Kuss noch sehr viel hinreißender. Svenya floss gegen Hagens breite Brust, bis sie das Gefühl hatte, mit ihm zu verschmelzen. Als sie dabei ganz wie von selbst die Augen schloss, blitzten als Nachhall des grellen Lichts Funken und Sternchen hinter ihren Lidern, und ihr Herz tobte wie ein aufgeregter Kolibri. Ihre Wangen und ihr Nacken begannen zu glühen, und in den Spitzen ihrer Brüste kribbelte es so stark, dass ihre Beine erneut zu zittern begannen.

30
    Was, bei Hel?! , fluchte Lau’Ley stumm in sich hinein, als Svenyas Leiche in ihren Armen sich auf einmal wohlig zu rekeln begann. Gedankenschnell ließ sie die Hüterin fallen und ihre

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