Der schwarze Schleier
nach ein wenig Musik.
»Mr. Chops«, antwortete ich (ich habe nie das »Mr.« fallenlassen, wenn ich ihn ansprach; alle Welt mochte es tun, aber ich nicht), »Mr. Chops, sind Sie sicher, dass Sie geistig und seelisch in der Lage sind, auf der Drehorgel zu sitzen?«
Seine Antwort war folgende: »Toby, wenn ich sie das nächste Mal auf der Walz treffe, vergebe ich ihr und dem Indianer. Und ja, ich bin dazu in der Lage.«
Mit Angst und Beben begann ich die Kurbel zu drehen; aber er saß da wie ein Lämmchen. Bis zu meinem Todestag werde ich der Überzeugung bleiben, dass ich gesehen habe, wie sein Kopf sich ausdehnte, während er da saß; daran können Sie ablesen, wie großartig seine Gedanken waren. Es saß während aller Melodien da, und dann stieg er herunter.
»Toby«, sagte er mit einem leisen Lächeln, »der kleine Mann wird nun dreimal um den Wagen laufen und sich dann hinter den Vorhang zurückziehen.«
Als wir ihn am nächsten Morgen holen wollten, stellten wir fest, dass er in eine viel bessere Gesellschaft gegangen war als in die meine oder die der Pall Mall. Ich gab Mr. Chops ein so komfortables Begräbnis, wie es in meiner Macht stand, ging selbst als Haupttrauernder hinter dem Sarg und ließ die Leinwand mit Georg dem Vierten wie ein Banner voraustragen. Aber das Haus war danach so trostlos, dass ich es aufgab und mich wieder auf den Wagen verlegte.
Erstmals erschienen 1858 in »A House to Let«, der Weihnachtsausgabe von »Household Words«.
Die Geschichte des Kindes
Es war einmal vor reichlich vielen Jahren ein Reisender, und der begab sich auf eine Reise. Es war eine Zauberreise, die ihm sehr lang erschien, als er sich aufmachte, und sehr kurz, als er sie halb hinter sich hatte.
Er reiste eine kleine Weile einen ziemlich finsteren Weg entlang, ohne irgendjemanden oder irgendetwas zu treffen, bis er schließlich zu einem wunderschönen Kind kam. Also sprach er zu dem Kind: »Was machst du hier?« Und das Kind antwortete: »Ich spiele immerzu. Komm und spiele mit mir.«
Also spielte er den lieben langen Tag mit dem Kind, und sie waren sehr fröhlich. Der Himmel war so blau, die Sonne schien so hell, das Wasser glitzerte so strahlend, die Blätter waren so grün, und sie hörten so viele Singvögel und sahen so viele Schmetterlinge, dass alles wunderschön war. Das war bei gutem Wetter. Wenn es regnete, liebten sie es, die fallenden Tropfen zu beobachten und die frischen Düfte einzuatmen. Wenn es stürmte, war es ihnen ein Entzücken, dem Wind zu lauschen und sich auszumalen, was er sagte, wenn er von seinem Zuhause herbeigesaust kam – wo das wohl war, überlegten sie! – und pfiff und heulte, die Wolken vor sich hertrieb, die Bäume niederbog, das Haus erzittern ließ und das Meer zu wütendem Brüllen aufpeitschte. Aber wenn es schneite, war es am allerbesten; denn sie mochten nichts lieber, als zu den weißen Flocken hinaufzuschauen, die dicht und rasch fielen wie Daunenfedernvon den Brüsten Millionen weißer Vögel, und zu sehen, wie glatt und tief die Schneewehen waren, und der Stille auf allen Pfaden und Straßen zu lauschen.
Sie hatten reichlich von den schönsten Spielzeugen der Welt und von den erstaunlichsten Bilderbüchern: von Krummsäbeln und Pantoffeln und Turbanen und von Zwergen und Riesen und Flaschengeistern und Elfen und von Blaubärten und Zauberbohnen 1 und Schätzen und Höhlen und Wäldern und Valentins und Orsons 2 – und alle waren sie neu und alle wahr.
Aber eines Tages kam dem Reisenden plötzlich das Kind abhanden. Er rief immer und immer wieder nach ihm, erhielt aber keine Antwort. Also machte er sich wieder auf den Weg und ging eine kleine Weile, ohne irgendjemanden oder irgendetwas zu treffen, bis er schließlich zu einem hübschen Jungen kam. Also sagte er zu dem Jungen: »Was machst du hier?« Und der Junge antwortete: »Ich lerne immerzu. Komm und lerne mit mir.«
Also lernte er mit diesem Jungen über Jupiter und Juno und die Griechen und die Römer und was weiß ich nicht alles, und er lernte mehr, als ich zu sagen vermag – oder er, denn er vergaß das meiste schon bald wieder. Aber sie lernten nicht immer; sie ergötzten sich auch an den fröhlichsten Spielen, die je gespielt wurden. Im Sommer ruderten sie auf dem Fluss, und im Winter liefen sie auf dem Eis Schlittschuh; sie wanderten und sie ritten; sie spielten Kricket und allerlei Ballspiele; spielten Fangen, Schnitzeljagd, Nachahmenund mehr Kurzweiliges, als mir jetzt einfällt; niemand konnte
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