Der schwarze Schleier
gesellt sich gern, und sie ähnelten einander in vielen Dingen. So sagte Mr. Granville zu mir, als er und ich uns an jenem Abend zum Essen niedersetzten: »Miss Fareway ist außerordentlich schön, Sir, außerordentlich einnehmend. Finden Sie nicht?«
»Das finde ich auch«, antwortete ich. Und ich warf ihm einen verstohlenen Blick zu und bemerkte, dass er errötet war und nachdenklich wirkte. Ich erinnere mich lebhaft daran, da das zwiespältige Gefühl aus höchster Freude und stechendem Schmerz, das dieser geringe Umstand mir bereitete, der erste Eindruck in einer langen, langen Reihe solcher zwiespältiger Eindrücke war, die mein Haar langsam ergrauen ließen.
Ich hatte es gar nicht nötig, so zu tun, als wäre ich kleinmütig; stattdessen tat ich so, als wäre ich in jeder Hinsichtälter, als ich in Wirklichkeit war (weiß Gott! mein Herz war damals nur zu jung!), und gab vor, ein noch ausgeprägterer Einsiedler und Bücherwurm zu sein, als ich es ohnehin geworden war, und nahm allmählich in meinem Umgang mit Adelina ein immer väterlicheres Gebaren an. Zudem gestaltete ich meinen Unterricht weniger phantasievoll als früher und distanzierte mich von den Dichtern und Philosophen, achtete sorgfältig darauf, sie in ihrem eigenen Licht aufzuzeigen und mich als ihren niederen Diener in meinem eigenen Schatten. Mehr noch, ich achtete auch auf meine Erscheinung; nicht dass ich je in dieser Hinsicht sonderlich adrett gewesen wäre, doch nun war ich besonders nachlässig.
Während ich mich mit der einen Hand niederdrückte, arbeitete ich hart daran, Mr. Granville mit der anderen zu erheben; seine Aufmerksamkeit auf die Themen zu lenken, von denen ich nur zu gut wusste, dass sie Adelina interessierten, und formte ihn so (belächeln oder missverstehen Sie diesen Ausdruck nicht, unbekannter Leser dieser Zeilen, denn ich habe gelitten!), dass er mehr Ähnlichkeit mit mir in meinem einzigen starken Charakterzug aufwies. Und allmählich, allmählich, während ich sah, dass er diese von mir ausgeworfenen Köder aufschnappte, merkte ich immer mehr, dass die Liebe ihn voranzog und sie von mir wegzog.
So verging ein Jahr nach dem anderen, und jeder Tag in der Reihe dieser Jahre trug zu meiner Mischung aus höchster Freude und stechendem Schmerz bei. Und dann kamen diese beiden, sobald sie volljährig waren und nach dem Gesetz selbstständig handeln durften, Hand in Hand zu mir (inzwischen war mein Haar vollkommen weiß) und flehten mich an, ich möge sie miteinander verbinden. »Und es ist wahrhaftig, lieber Hauslehrer«, sagte Adelina, »auchangemessen, dass Sie das tun, denn wir hätten niemals miteinander gesprochen, wenn Sie nicht gewesen wären, und hätten uns ohne Sie danach nicht so oft getroffen.« Was natürlich alles tatsächlich stimmte, denn ich hatte meine zahlreichen Geschäfte und Besprechungen dazu genutzt, Mr. Granville ins Herrenhaus mitzunehmen und mit Adelina im Vorzimmer von Mylady zurückzulassen.
Ich wusste, dass Mylady Einwände gegen eine solche Heirat haben würde, vielmehr gegen jede Heirat, die etwas anderes war als ein Austausch ihrer Tochter gegen vertraglich festgelegte Ländereien, Güter oder Gelder. Aber als ich die beiden anschaute und mit überströmenden Augen sah, dass sie beide jung und schön waren, und in dem Wissen, dass sie einander an Geschmack und Errungenschaften ähnelten, die jede Jugend und Schönheit überdauern, und in Betracht ziehend, dass Adelina jetzt über ein eigenes Vermögen verfügte, und weiterhin in Betracht ziehend, dass Mr. Granville, obwohl er im Augenblick arm war, doch aus einer guten Familie stammte, die niemals in Preston in einem Keller gelebt hatte, sowie in dem Glauben, dass ihre Liebe fortdauern würde, da keiner am anderen irgendwelche Ungereimtheiten zu entdecken hatte, erklärte ich ihnen meine Bereitschaft, das zu tun, worum Adelina ihren lieben Hauslehrer gebeten hatte, und sie als Mann und Frau in die strahlende Welt mit ihren goldenen Toren hinauszuschicken, die auf sie wartete.
Es war ein Sommermorgen, als ich noch vor der Sonne aufstand, um mich für die Krönung meines Werkes durch diese Handlung zu sammeln; und da ich nah am Meer wohnte, wanderte ich zu den Felsen am Strand hinunter, um dort die Sonne in all ihrer Majestät zu sehen.
Die Ruhe über der See und am Firmament, der geordnete Rückzug der Sterne, das stille Versprechen des kommendenTages, der rosige Schein am Horizont und auf den Wassern, die unaussprechliche Herrlichkeit,
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