Der schwarze Thron - Reiter reiter3
Dame geben wollte, sollte sie ihn in ein bedeutungsloses Gespräch verwickeln oder flirten oder irgendetwas tun. Aber ihr war absolut nicht danach.
Dann blieb die Kutsche vor einem Geschäft stehen, über dem ein Schild mit Teekanne und Becher hing.
»Ah, das hier ist es«, sagte Braymer mit erfreuter Miene. »Miss Lampalas Teesalon. Man sagte mir, der Tee hier sei sehr gut.«
Zum Glück waren die Herren sehr bereit, einem beim Aussteigen aus der Kutsche zu helfen, wenn man sich als Dame gab. Sie öffneten einem sogar die Türen.
Karigan wackelte über das unebene Kopfsteinpflaster. »Einfach lächerlich, diese Schuhe«, murmelte sie leise. Nur Braymer und Styles verhinderten, dass sie in einen Haufen Pferdeäpfel fiel. Kein Wunder, dass so manche Leute Frauen für schwach hielten – es lag an der Kleidung!
Sie musste jedoch zugeben, dass sie die höfliche Aufmerksamkeit genoss. So etwas wurde ihr selten zuteil, wenn sie in Uniform war.
Nach dem hellen Sonnenlicht draußen war der Teesalon nur trüb beleuchtet, und alle Geräusche wirkten gedämpft. Es gab acht Tische, die überwiegend von Paaren besetzt waren. Eine junge Frau saß allein an einem Fenster und kritzelte wild auf einem Stapel Papier herum, strich das meiste, was sie gerade geschrieben hatte, mit dramatischer Geste wieder durch und hielt damit nur inne, um einen Schluck Tee zu trinken. Gehörte sie vielleicht zu den vierzig Dichtern der Greifenstraße?
Es roch nach köstlichen, frisch gebackenen Dingen, und dieser Duft mischte sich mit etwas Exotischerem. Kauv. Kauv war ein heißes, bitteres Getränk, das von den Wolkeninseln importiert wurde und bei den Adligen sehr beliebt war.
Der Teesalon war nicht so förmlich und auf gehobenes Publikum ausgerichtet, wie Karigan insgeheim befürchtet hatte – nicht die Art von Lokal, wo adlige Matronen an süßen Leckereien knabberten und den Nachmittag mit Klatsch verbrachten. Tatsächlich waren die Gäste eher Künstler aus der Umgebung und eine gesunde Mischung von anderen Leuten, vom einfachen Arbeiter bis hin zu modisch gekleideten Aristokraten.
Gerade als Karigans Füße in den verdammten Schuhen vollkommen taub wurden, kam eine üppige Frau aus dem hinteren Raum gestürzt. Es war, als sauge sie die Energie von allen auf, die sie umgaben.
»Hallo, hallo, meine Lieben«, sagte sie.
Das ist offensichtlich Miss Lampala, dachte Karigan.
»Setzen Sie sich, setzen Sie sich.« Sie drängte sie zu einem leeren Tisch. Styles starrte sie auf dem gesamten Weg missbilligend an.
Nach Miss Lampalas Akzent und ihrer dunklen Bronzehaut zu schließen, stammte sie wohl selbst von den Wolkeninseln,
eine Verbindung, die ihr gestattete, in ihrem Teesalon auch Kauv zu servieren. Und nicht nur die Bohnen, aus denen Kauv gemacht wurde, kamen von den Inseln – Karigan war auch der Ansicht, dass man viel Zucker brauchte, um das Gebräu erträglich zu machen, denn sonst schmeckte es wie verbrannte Baumrinde. Das war eine äußerst günstige Situation für Miss Lampala, die einen exorbitanten Preis für beides nahm, aber Geld zählte für die wohlhabende Coyle-Familie nicht, und Braymer versicherte ihr, dass es jede Menge Kauv, Zucker, Sahne und süßes Gebäck für alle geben würde.
Braymer lächelte Karigan zögernd an, während sie ihren Kauv trank, aber er konnte offenbar keine Worte finden. Styles seufzte, verdrehte die Augen und sagte auf Rhovanisch etwas zu seinem Schutzbefohlenen, der sich daraufhin gerader hinsetzte, sich räusperte und auf eine steife, förmliche Weise sagte: »Ihr seid sehr hübsch.«
Karigan hätte beinahe ihren Kauv ausgespuckt, schluckte aber hastig, was dazu führte, dass sie sich den Hals verbrannte und einen sehr undamenhaften Hustenanfall erlitt. »Danke«, krächzte sie, eher amüsiert als geschmeichelt. Der ausdruckslose Ton, mit dem er das Kompliment von sich gegeben hatte, zeigte deutlich, dass er die Worte viele Male vor einem Spiegel geübt hatte.
Wieder verdrehte Styles die Augen.
»Was habe ich denn falsch gemacht?«, fragte Braymer und runzelte die Stirn.
Wieder redete Styles leise in Rhovanisch auf Braymer ein, und der junge Mann errötete. »Es … es tut mir leid. Ich bin erst vor kurzem aus dem Kloster gekommen und finde solche Situationen schwierig.«
Karigan zog überrascht die Brauen hoch. »Kloster?«
»Ja. Seht, eigentlich sollte mein ältester Bruder das Geschäft
nach dem Tod meines Vaters übernehmen, aber leider hat er die Familie entehrt, indem er mit
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