Der schwarze Thron - Reiter reiter3
einer Dirne davongelaufen ist und sie geschwängert hat.«
Styles stöhnte und schlug die Hände vors Gesicht.
»Was habe ich denn jetzt schon wieder gesagt?«, fragte Braymer eindeutig verwirrt.
»Die Dame! Ein taktloses Thema – die Familienschande.«
Karigans Mund zuckte, denn sie musste dagegen ankämpfen zu lachen.
Braymer schaute von Styles zu Karigan. »Ent-entschuldigung. Seht Ihr? Ich wurde sehr jung ins Kloster geschickt und bin noch nicht lange wieder draußen und ganz bestimmt nicht … ganz bestimmt nicht unter«, und nun flüsterte er, »jungen Damen.« Er errötete heftig. »Im Kloster folgten wir Schweigegeboten. Wir sprachen nur, um zu beten, und jetzt weiß ich nicht, was ich sagen soll.«
Verlegenheit war noch untertrieben. Um Braymer zu helfen, kam Karigan zu dem Schluss, dass sie lieber ein neues Thema anschlagen sollte. »Vielleicht könntet Ihr mir mehr von Eurem Leben im Kloster erzählen.«
Styles nickte erfreut.
Braymer nahm seine Anerkennung zur Kenntnis und lächelte. »Selbstverständlich.« Aber was als interessante Beschreibung des täglichen Lebens und der Rituale der Mönche, die der Göttin Aeryon dienten, begonnen hatte, ging bald in eine endlose Flut einseitiger Konversation über. Es war, als hätten all diese Jahre des Schweigens sich in ihm aufgestaut, und nun hatte er die Wortflasche entkorkt, und alles sprudelte aus ihm heraus.
Die Flut dauerte den ganzen Weg von Miss Lampalas Teesalon zum Kriegsmuseum von Sacor. Karigan hoffte, dass die Ortsveränderung diesen ununterbrochenen Strom eindämmen
würde, aber sie schien nur einen neuen Überlauf zu öffnen. Offensichtlich besaßen sowohl das Kloster als auch die Coyles große Bibliotheken, und Braymer hatte viel über Sacoridien und seine Kriege gelesen.
Karigan entfernte sich ein wenig von Braymer, der das offenbar nicht einmal bemerkte, so versunken war er in die gezeigten Wappen. Die steinerne Ausstellungshalle hatte eine Gewölbedecke und Marmorboden, was Braymers Stimme in alle Ecken hallen ließ. Wenn er etwas Wichtiges sagte, würde sie es schon hören. Inzwischen interessierte es sie wirklich nicht mehr, was Styles von ihr dachte, und er hatte seinen Schutzbefohlenen offenbar selbst aufgegeben, nachdem ein paar hastig eingeworfene Worte über höfliche Konversation nicht gefruchtet hatten.
In dem Museum ging es um die Kriegsgeschichte von Sacoridien, aber vor allem um Waffen und Rüstungen. Es gab Unmengen von Speer- und Schwertständern, und unzählige Rüstungen standen starr an den Wänden. Um ehrlich zu sein, das hatte sie schon in der Burg gesehen, und besser. Jedenfalls, bis die Rüstungen durch Magie zum Leben erwacht waren und der König befohlen hatte, sie wegzuschließen. Sie hatte in der letzten Zeit bemerkt, dass einige Rüstungen wieder in den Burgfluren aufgetaucht waren, die ohne sie seltsam leer gewirkten hatten.
Glaskästen enthielten zerbrechlichere Dinge wie Dokumente und Uniformteile, und dazu gab es Karten mit schwer zu lesender, enger Schrift. Sie gab bald den Versuch auf, diese Beschriftungen zu entziffern, und betrachtete die Gegenstände eher flüchtig.
Zu den Dingen, die sie interessierten, zählten jene Gegenstände, die angeblich zum arcosischen Reich gehört hatten, das vor tausend Jahren versucht hatte, Sacoridien zu zerschmettern
und zu versklaven. Es gab ein paar Pergamentfetzen mit verblasster, fremdartiger Schrift, mehrere verrostete Waffen und Stücke von verzogenem Metall, die aussahen wie Einzelteile, die einmal zusammengepasst hatten. Die Beschriftung war nicht aufschlussreicher: Metallstücke, die am Ufer der Ullem-Bucht ausgegraben wurden und angeblich aus Arcosien stammen.
Es gab auch einen Gürtel mit silbernen Gliedern, die mit Gold eingelegt waren, verbeult und abgetragen und mit einem Löwenkopf auf der Schnalle. Hier erklärte die Beschriftung mehr: Offiziersgürtel, Eliteregiment der Löwen, arcosisches Reich.
Karigan war in die Zeit des Langen Krieges gereist und hatte einige der Streitkräfte des Reiches selbst gesehen. Tatsächlich hatte einer ihrer Ahnen aus Arcosien gestammt, ein brutaler Mann, der die Sacorider unbedingt hatte unterwerfen wollen, am Ende aber Mornhavon betrogen hatte, um dem Krieg und dem Leid ein Ende zu machen. Es war schwer zu glauben, dass von der arcosischen Besetzung nur diese wenigen verrosteten Artefakte geblieben waren. Dann fiel ihr auf, was die Alternative sein würde, und sie kam zu dem Schluss, dass es sich um eine gute
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