Der schwarze Thron - Reiter reiter3
mehr so, wie es sein sollte. Sie nahm an, dass Karigan ganz ähnlich empfand, aber die Reiterin war beschäftigt: Sie half Fergal dabei, alle Spuren ihres Lagers zu verwischen und die Pferde zu satteln.
Estora, die daran gewöhnt war, dass Diener ihr jeden Wunsch erfüllten, hatte nun zum ersten Mal ein schlechtes Gewissen, weil sie den beiden nicht half, aber Karigan und Fergal waren anscheinend gut aufeinander eingespielt und arbeiteten sehr methodisch, und da wollte sie nicht störend dazwischenfunken. In letzter Zeit entdeckte sie immer öfter, wie unnütz sie eigentlich war.
Als sie fertig waren, stemmte Karigan die Hände in die Hüften und sah Estora und Fergal eindringlich an.
»Fergal«, sagte sie. »Vermeide die Städte, wo du nur kannst. Benutze die Reiterstationen. « Sie gab ihm die Botentasche. »Darin sind Landkarten, falls du welche brauchst, und außerdem sämtliche Botschaften, die wir gesammelt haben. Deine Aufgabe ist es, sie dem König zu geben, aber deine wichtigste Pflicht ist es, Lady Estora heil zu ihm zurückzubringen. Verstehst du?«
Fergal streckte etwas zögernd die Hand aus, um die Tasche in Empfang zu nehmen. »Ja, ich verstehe. Und was ist mit dir?«
»Ich werde so gut ich kann versuchen, in die Stadt Sacor zurückzukehren«, antwortete sie. »Mach dir keine Sorgen um mich. Kümmere dich nur um Lady Estora. Bring sie heil und gesund nach Hause. Von heute an ist deine Ausbildung abgeschlossen. Verstehst du, Fergal? Du bist ein echter Grüner Reiter, und ich weiß, dass du das schaffen kannst.«
Fergal nickte, sah aber angesichts seiner Aufgabe recht verzagt aus. Estora hätte es lieber gehabt, wenn Karigan mit ihnen geritten wäre, aber diese ließ sich nicht widersprechen.
Dann sagte Karigan zu Estora: »Ihr dürft das Schwert nicht ziehen, bis Euch Fergal gezeigt hat, wie man damit umgeht. « Sie lächelte. »Es gehörte übrigens F’ryan.«
Estora blieben die Worte fast im Hals stecken. »Ich weiß.«
Karigan nickte, hob ihre Röcke und ging zu Kondor hinüber. Sie sagte ihm Worte, die niemand sonst hören konnte, und küsste ihn auf die Nase. Bildete Estora sich das nur ein, oder sah der Wallach wirklich niedergeschlagen aus?
»Ich habe ihm gesagt, dass er Euch heimbringen soll«, sagte Karigan zu Estora. »Und das wird er tun. Vertraut ihm. Und jetzt zu Falan …« Sie wandte sich der Stute zu und betrachtete beklommen den Damensattel. »Es ist eine Weile her,
seit ich im Damensattel geritten bin …« Sie kletterte auf einen Stein, um aufzusteigen.
»Warte«, sagte Fergal.
Karigan drehte sich um, und der junge Mann zog aus jedem Stiefel ein Messer. Er bot sie ihr an, die Klingen nach vorn. Sie sah ganz verblüfft auf sie hinunter.
»Bist du sicher?«, fragte sie. »Ich habe in letzter Zeit nicht geübt…«
Er nickte. »Ja. Nimm sie.«
»Also gut«, sagte sie, »diese Schurken werden eine Überraschung erleben, wenn sie mir zu nah kommen.«
»Sie müssten wirklich sehr nah sein«, sagte Fergal.
Die Reiter lachten über irgendeinen Witz, aus dem Estora ausgeschlossen war, und dann stieg Karigan auf, wobei sie mit dem Rock des Gewands hängen blieb.
»Ähm …«, sagte sie.
Estora half ihr, alles wieder zurechtzuzupfen, aber Karigan konnte nicht richtig in dem Sattel sitzen.
»Sitz nicht seitwärts«, wies Estora sie an, »sondern setz dich obenauf. Es kann nichts passieren.«
»Und warum habe ich dann das Gefühl, dass ich gleich hinunterrutsche?« Sie dirigierte Falan herum und sah äußerst wacklig aus.
»Halt dich am Riemen fest, wenn’s sein muss«, sagte Estora.
»Das ist beängstigend«, murmelte Karigan. Sie nahm die Doppelzügel nun in die linke Hand und griff mit der Rechten nach dem Gleichgewichtsriemen. »Ich kann nicht die ganze Zeit so reiten.«
»Du schaffst es schon«, sagte Estora, aber als sie es aussprach, klang es mehr wie eine Frage.
»Welches Vertrauen«, sagte Karigan und schnalzte Falan zu, damit sie zum Höhleneingang ging, doch dann entfuhr ihr
ein kleines »Huch!«, als die Stute einen Sprung nach vorn tat und ihr Gleichgewicht ins Wanken brachte.
»Alles Gute«, flüsterte Estora.
Sie sahen zu, wie sie Falan aus der Höhle in die Wälder ritt, in denen sie bald verschwand. Sie warteten eine Minute, dann noch eine, bis das Warten unerträglich wurde. Endlich erklang ein scharfes »Hoo, hoo« aus dem Wald, gefolgt von den Rufen der Männer.
»Da ist sie«, schrie jemand.
Estora biss sich auf die Unterlippe und hoffte, dass
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