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Der schwarze Thron - Reiter reiter3

Der schwarze Thron - Reiter reiter3

Titel: Der schwarze Thron - Reiter reiter3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: britain
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unbeirrte Entschlossenheit treibt ihn vorwärts. Er schiebt sein Bewusstsein an seinem Vetter vorbei und tiefer in den Wall hinein.
    Das Lied ist im Begriff, sich völlig aufzulösen. Ein Bersten füllt Altons Wahrnehmung, und er zieht sich fast zurück, weil es sich anfühlt, als sei dies das Zerbrechen seines Verstandes. Es tut weh.
    Die Hüter heißen ihn weder willkommen, noch behindern sie sein Kommen, und der Stein erzählt ihm keine Geschichten mehr von seiner Geburt und seinem Verwittern, von seinem
Gehauenwerden im Steinbruch und seiner Formung, wie er es einst getan hat. Er ist von einem Wald aus Kristallen umgeben – symmetrische Bäume aus Feldspat und Quarz, und Klingen aus schwarzer Hornblende. Die Äste der Bäume zittern vor Gewalt, und dann explodieren sie einer nach dem anderen und werden zu Fragmenten, und der Granit schleift in seinem Kopf wie Sandpapier. Die ganze Grundstruktur des Walls bricht zusammen.
    Sie hat uns eine Bresche geschlagen. Sie geht hindurch, sie geht hindurch, sie geht hindurch. Sie hat uns eine Bresche geschlagen …
    Das Jammern zerfetzt seinen Verstand, und der einst so einstimmige Rhythmus der Hämmer der Steinmetzen ist aus dem Takt geraten.
    Zerbrochen. Verloren. Sterbend.
    Da Alton nun hier ist, weiß er nicht, was er tun soll. Er hat sich früher schon einmal mit dem Wall vereinigt und mit den Hütern gesungen, aber das war ein Lied der Zerstörung gewesen, eine Täuschung, die ihm Mornhavon der Schwarze eingeflößt hatte. Er begreift, dass er das wahre Lied gar nicht kennt. Er kann seinen Refrain in dem Chaos nicht finden.
    Verraten. Zerbrochen. In Auflösung.
    Dann ist Merdigen bei ihm, und die anderen Magier ebenfalls.
    »Du musst singen«, sagt Merdigen. »Versuch sie dazu zu bringen, mit dir zu singen.«
    Ein weiterer Baum explodiert in der Nähe, und Alton hat das Gefühl, dass die Bruchstücke in sein Fleisch schneiden und stechen.
    »Ich kenne die Worte nicht.«
    »Dann hör zu.«
    Die Magier fangen an zu singen. Alton bemüht sich, sie
inmitten des chaotischen Lärms zu hören. Sie sind keine harmonischen Sänger, aber sie kennen die Worte und die Melodie.
    Von der Ullem-Bucht bis zu den Ufern der Morgendämmerung
    weben wir unser Lied durch Stein und Zement …
    Alton hört angestrengt zu und bemüht sich, die Schreie der Wallhüter auszublenden. Note für Note fällt er mit den Magiern ein, stolpert über Worte, versucht, die Melodie und den Rhythmus zu erfassen.
    Die Wallhüter entgegnen ihm eine Welle der Klage: Unser Lied löst sich auf, es erodiert Stein und Zement. Man hat uns eine Bresche geschlagen. Unser Lied weint.
    Alton möchte schreien, nein!, aber Merdigen sagt: »Sing. Das ist die einzige Möglichkeit. Sing so, dass sie dich hören.«
    Also singt Alton, er zwingt sich dazu, und seine Stimme wird lauter und voller. Er singt mit wachsender Sicherheit, denn nun fühlt es sich an, als sei es ein Instinkt, als hätte er das Lied schon immer gekannt, als sei es seit jeher durch seine Adern geflossen. Sein Geburtsrecht.
    Wir schützen das Land vor der uralten Finsternis.
Wir sind das Bollwerk der Zeitalter.
    Er nimmt in der Nähe eine Gruppe von Kristallen wahr, sie vibrieren, und alle Farben des Spektrums schießen aus den geometrischen Grundmustern hervor. Diese Gruppe wankt nicht im Chaos der Hüter, sondern nimmt die Schwingung seines Liedes auf und erweitert sie. Ermutigt singt er mit größerem Selbstvertrauen, und weitere Kristalle nehmen die
Schwingung auf. Es ist, als sei nicht nur er es, der singt. Er singt in Harmonie mit sich selbst. Ruhig pflanzt sich seine Stimme in Wellen nach außen fort, sie dehnt sich aus wie die Ringe auf einem See.
    Wir stehen Wacht, Tag und Nacht,
in Sturm und Winter,
in Frost und Tau.
    Merdigen und seine Magier unterstützen ihn, halten ihn aufrecht, erden ihn. Sie sind sein Fundament.
    Er öffnet sich dem Wall ganz. Er fühlt die Leere der Bresche, den Schmerz und die Zerstörung ringsum, das Leid und den Tod der Hüter. Doch fern der Bresche fühlt er außerdem eine Welle der Einigkeit und Stärke, und auch wenn diese Hüter einst Unsicherheit und Verzweiflung empfanden, hören sie ihn jetzt und vereinigen ihre Stimmen mit der seinen, und die Hämmer der Steinmetzen schlagen im Rhythmus seines Herzens. Langsam verweben sie das Lied wieder und erhalten die Kristalle, die nicht zerbrochen sind. Doch diejenigen, die zerbrochen sind, können nicht wieder geheilt werden.
    Von der Ullem-Bucht bis zu den Ufern der

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