Der schwarze Thron - Reiter reiter3
verschwand.
Der Waschbär erinnerte Karigan an den maskierten Dieb, gegen den sie im Kriegsmuseum von Sacor gekämpft hatte. Sie hatte seit der Begegnung nicht oft an ihn gedacht – dazu hatte sie einfach keine Zeit gehabt –, aber nun schweiften ihre Gedanken zu diesem Mann, und sie fragte sich, was er wohl mit diesem antiken Pergament angefangen hatte. Irgendwie schien das nicht zu ihm zu passen. Sie hätte erwartet, dass er sich mehr für Edelsteine und Gold interessierte. Vielleicht hatte Mara ja recht, wenn sie spekulierte, das Pergament enthalte womöglich Anweisungen, wie ein verborgener Schatz zu finden sei.
Sie zuckte mit den Achseln. Sacor war meilenweit entfernt, und sie würde nie erfahren, wie wichtig das Pergament für diesen Dieb war. Das herauszufinden, war Sache der Polizei, aber irgendwie glaubte sie nicht, dass sie ihn je erwischen würden.
Nachdem die Waschbären verschwunden waren, starrte Fergal schweigend ins Feuer, und die Nacht wurde still, wenn man einmal vom Zischen der Flammen und dem leisen Plätschern der Wellen absah. Wenn es an diesem See Seetaucher gab, waren sie lange weg, schon auf dem Weg zum Meer für den Winter. Zu wissen, dass sie ihre unheimlichen Rufe in der Nacht nicht hören würde, ließ den See verlassen wirken.
»Ich übernehme die erste Wache«, bot Fergal an.
»Das kannst du gerne tun«, sagte Karigan, »aber solange wir uns nicht in einer gefährlichen Situation befinden, ist das wirklich nicht notwenig. Vergiss nicht, wenn du mit der Ausbildung fertig bist, wirst du allein unterwegs sein und nicht die ganze Zeit Wache halten können. Du wirst deinen Schlaf brauchen.«
»Oh.«
Karigan lächelte in sich hinein, als sie ihr Bettzeug entrollte, und dachte daran, wie angenehm es war, sich auf einem gewöhnlichen Botenritt zu befinden, auf dem keine Gesetzlosen sie verfolgten oder übernatürliche Kräfte sie beeinflussten. Es bestand natürlich immer die Gefahr, einem Banditen oder verirrten Erdriesen zu begegnen, aber so weit von der Grenze entfernt machte sie sich keine Gedanken.
»Ich dachte nur …«, begann Fergal.
»Ja?«
»Na ja, ich dachte, es würde … aufregender sein.«
Karigan fragte sich, was für Geschichten er gehört hatte. »Sei froh, wenn es normal und friedlich ist. Es macht keinen
Spaß, um sein Leben zu laufen.« Sie setzte sich auf ihr Bettzeug und zog die Stiefel aus.
»Ist es wahr …«
»Ist was wahr?«
»Was sie über dich sagen.«
»Das weiß ich nicht. Was sagen sie denn?«
»Dass du diesen Eleter verteidigt und Mornhavon in die Zukunft gebracht hast.«
Karigan seufzte. »Ich hatte mit diesen Dingen zu tun. Sieh mal, Fergal, als Boten sind wir vor allem verpflichtet, das Wort des Königs abzuliefern, und das kann schon gefährlich genug sein. Boten erleben heftige Schneestürme und begegnen Halsabschneidern. Einige werden von zornigen Empfängern ihrer Botschaften umgebracht. Andere sind im Kampf gestorben. « Als Fergal weiterhin skeptisch blieb, fügte sie hinzu: »Mara hat Finger verloren, als Diebe versuchten, sie auszurauben, und Tegan wäre beinahe von einem tödlichen Schneesturm erwischt worden. Erst in diesem Sommer ist das Schiff, auf dem Connly sich befand, vor einer einsamen Insel gesunken. Du brauchst dir wirklich nicht zu wünschen, dass noch etwas Besonderes passiert – ein gewöhnlicher Botenritt ist gefährlich genug, und vergiss nicht, dass wir unsere Reise gerade erst begonnen haben.«
Als Karigan an diesem Abend einschlief, war sie nicht sicher, ob sie ihn überzeugt hatte. Das war eben der Unterschied, mahnte sie sich, zwischen einem erfahrenen Reiter und einem grünen Grünen.
Vielleicht war es eine kalte Brise, die unter Karigans Decke drang, oder ein leises Wiehern von Kondor, das sie weckte, aber ihre Hand ging sofort zum Griff ihres Säbels, den sie beim Schlafen immer neben sich liegen hatte. Sie öffnete die
Augen zu einer glitzernden Ansammlung von Sternen am Himmel, die von den Wipfeln von Fichten und Kiefern gerahmt wurde.
Es war still, das Lagerfeuer war zu matt orangefarbenen Überresten niedergebrannt. Fergal war ein dunkler Haufen von Decken auf dem Boden auf der anderen Seite des Feuers. Die Pferde waren friedlich genug, obwohl Kondor sie mit glänzenden Augen ansah.
Was hat mich geweckt?
Vorsichtig kam sie auf die Knie hoch, und die Decke fiel ihr von den Schultern. Ein Schauder erfasste sie. Sie sah sich um, suchte in den dunkelsten Schatten, die Sinne messerscharf geschliffen,
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