Der schwarze Thron - Reiter reiter3
einzigen Geräusche in der Nähe waren das Plätschern des Bachs, das Grasrupfen der Pferde und ihre peitschenden Schweife. Karigan bemerkte, dass sie die Stille nicht mehr aushalten konnte, und nachdem sie vom Wasser getrunken hatte, fragte sie: »Spürst du den langen Ritt? Bist du wund?«
»Es ist nicht so schlimm«, murmelte er.
»Das ist gut.« Karigan überlegte, wie sie ein Gespräch beginnen sollte. »Wo kommst du her?«
»Aus der Provinz Arey.«
»Das ist weit weg.«
Fergal nickte.
Karigan wartete darauf, dass er ihr erzählte, wie seine Reise aus der Nordostecke von Sacoridien und über die Windgesang-Berge verlaufen war, aber er sagte nichts mehr.
Sie seufzte und zupfte an ihrem Brot. Es war überdeutlich, dass ihm nicht nach Reden zumute war.
Sie ritten schweigend weiter, bis es Abend wurde. Diesmal waren sie nicht in der Nähe eines Dorfs oder Gasthauses, und es gab auch keine Wegstationen für Reiter in der Nähe. Die Bevölkerung war im Laufe von Zeitaltern gewachsen und wieder geschrumpft, und Karigan nahm an, bevor die Wegstationen errichtet wurden, hatte es in den betreffenden Bereichen Dörfer oder Bauernhöfe gegeben, die einen Reiter beherbergen würden, aber im Laufe der Zeit waren sie verschwunden. Das Ergebnis waren lange Strecken zwischen Dörfern ohne eine Zuflucht für Reisende.
Karigan sah sich am Straßenrand nach einem Weg zu einem Lagerplatz um, den Ty ihr einmal gezeigt hatte. Als die Zeit verging und sie die Zeichen nicht finden konnte, befürchtete sie schon, dass sie ihr vollkommen entgangen waren. Dann sahen sie einen massiven Felsblock, der mit Flechten bewachsen war, so dass es aussah, als blättere braune Farbe von ihm ab.
Im Schatten des Felsblocks befand sich ein kleiner Steinhaufen, der anzeigte, dass hier ein Pfad abzweigte. Sie lenkte Kondor darauf zu und duckte sich unter tief hängenden Ästen. Die Geräusche der Welt um sie herum klangen nur noch gedämpft, als sie tiefer in den Wald ritten; der Hufschlag verschwand beinahe auf einem dichten Teppich von Fichtennadeln und Moos. Es roch nach vermoderndem Laub, und es wurde schnell dunkler.
Die Pferde suchten sich den Weg über Baumwurzeln, die sich über den Erdboden bogen und schlängelten, und hin und wieder traf ein Huf auf einen Stein. Der Weg ging noch eine Weile weiter, bevor er sie zum Ufer eines Sees führte. Die Luft wurde sofort frischer, als ginge eine Welle über sie hinweg.
Karigan hob die Hand, damit Fergal weiter schwieg, und sie zeigte auf einen Elch, der durch die seichten Stellen watete.
Wasser bewegte sich um seine stelzenlangen Beine und bildete hellere Linien vor dem See, der den dunkler werdenden Himmel spiegelte.
Der Elch tauchte das Mau ins Wasser, um nach Rohrknollen zu suchen. Das Wasser floss an ihm herab, als er den Kopf wieder hob. Kauend stapfte er auf das Ufer zu, ein Riese mit einem majestätischen Geweih, und verschwand im Wald, ohne sich sonderlich zu beeilen, königlich trotz seiner gewaltigen Größe.
Karigan warf einen Blick zu Fergal, als ihr klar war, dass Elche in Arey sicher noch mehr verbreitet waren und er sie zweifellos als … Fleisch betrachtete. Seine Züge lagen im Schatten, und sie konnte sie nicht deuten.
»Sucht wahrscheinlich nach einem Weibchen«, sagte sie leise.
»Wahrscheinlich.«
Sie kümmerten sich um die Pferde, und während Karigan Holz sammelte und es in einen versengten Steinring legte, den ein anderer Reisender gebaut hatte, hockte Fergal am Ufer des Sees und starrte ins Wasser – jedenfalls dachte sie das. Plötzlich bewegte er sich ruckartig und zog, und es platschte und spritzte. Er johlte begeistert. Zu Karigans Staunen hatte er einen großen silbrigen Fisch an den Kiemen gepackt, zog ihn aus dem Wasser und hielt ihn hoch, so dass sie ihn sehen konnte.
»Heute Abend essen wir Forelle!«, erklärte er stolz.
Karigan war beeindruckt. Er zeigte ihr seine Angelausrüstung aus Schnur und seltsamen Haken, die mit buntem Garn umwickelt waren. Er behauptete, das sähe genauso aus wie die Insekten, von denen die Forellen sich ernährten. Karigan war an der Küste aufgewachsen, und ihre Erfahrung mit Fischereibedarf reichte von schweren Tiefseehaken über
Netze, Wehre und Fallen bis zu Harpunen. Nicht dass sie selbst geangelt hätte, aber sie hatte genug Zeit auf den Kais der Hafenstadt Korsa verbracht, um die Männer und Frauen kennenzulernen, die dort fischten. Wenn ihr Vater nicht schon als Junge von der Schwarzen Insel geflohen wäre, um
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