Der schwarze Wikinger: Roman (German Edition)
»Das Fieber ist so lästig«, murmelte er und klang dabei trotzig wie ein Kind, sodass sie lächeln musste. »Wann wird es endlich aufhören?«
»Bald.« Auf einem Hocker entdeckte sie eine mit Wasser gefüllte Holzschale mit einem Lappen darin. Sie tauchte ihn hinein und kühlte seine Stirn. »Dort in dem Krug, ist da noch etwas von dem Aufguss?«
»Das weiß ich nicht. Ich habe genug von dem Zeug.«
Er sprach so schleppend, dass sie dachte, er glitte schon wieder in den Schlaf hinüber. Sie wollte im Krug nachsehen.
Nein. Er brauchte anderes.
Ihr nächster Kuss war leidenschaftlicher. Caitlín legte sich an seine Seite. Ihre Finger schienen ein Eigenleben zu entwickeln, als sie fahrig an der ohnehin schon losen Schnürung ihres Kleides zerrten. Den Stoff von der Schulter schoben. Und den des Unterkleides. Njal bemerkte, was sie tat, und tastete nach ihr. Sie legte sich auf ihn und warf den Kopf voller Vorfreude in den Nacken. Seine Lippen fanden ihre Brust.
Ja.
Ihr Schenkel erspürte durch die Decken hindurch seine wachsende und wieder erschlaffende Erregung. Er war zu schwach, aber das war ihr egal. Was sollte das Glühen, das ihren Leib durchströmte, allein weil Njal an ihrer Brust saugte, noch übertreffen können? Oh, was tust du da, Caitlín? Innerlich lachte sie, weil es so befreiend war, alle Bedenken fortzuwerfen. Auf diese Weise für ihn da zu sein. Gierig neigte sie den Kopf und küsste ihn. Schwach erwiderte er ihre Liebkosungen, dann musste er sich wieder seiner Erschöpfung beugen.
Doch selbst ihn schlafend zu betrachten war ein Genuss.
Caitlín legte das Schwert wieder vor seine Schlafstatt und trat mit entblößter Brust in die Nacht zurück.
Morgen, dachte er. Morgen würde er diesen Ort endlich verlassen. Aber wohin? Viele Möglichkeiten gab es zu dieser Jahreszeit nicht. Nur die gierigsten Händler und die tollkühnsten Krieger wagten sich so früh im Jahr aufs Meer. So wie die der Sleipnir. Thorir war mit dem beutebeladenen Schiff sicherlich längst im heimischen Thrymheimr gelandet und verbreitete ungehindert Lügen über seinen, Njals, Tod.
Njal ballte vor ohnmächtiger Ungeduld die Faust. Morgen in aller Frühe würde er seine Kleider holen, aus der Küche Proviant mitnehmen und in die nächstgelegene Hafenstadt, nach Larne, aufbrechen. Das bedeutete einen strammen Marsch von drei Tagen. In seinem noch geschwächten Zustand ein waghalsiges Unterfangen.
Er könnte sich noch heute auf den Weg machen. Heute fühlte er sich nicht schlechter, als er sich morgen fühlen würde. Was war es nur, das stärker war als seine Ungeduld und ihn hier in der Abtei verbleiben ließ?
Njal betrat den Stall. Im Stroh hing Pferdegeruch, den er tief einsog. Sogar das Meer glaubte er hier zu riechen. Dies war das einzige Gebäude hier, das einen nicht erdrückte. Auch die Langhäuser seiner Heimat waren dunkel, aber immerhin herrschte Leben in ihnen. Die Nonnen schwiegen nur und zogen furchtsam die Schultern ein, wenn sie ihn erblickten.
Was hält mich hier?
Er wusste es doch. Wie ein Traumwesen war der sommersprossige Rotschopf in der Nacht über ihn gekommen. Caitlín hatte ihm die nötige Kraft gegeben, das Fieber endlich zu besiegen, daran zweifelte er nicht im Geringsten. Und nun? Wollte er die nächste Nacht abwarten, um mit der Trophäe ihrer Unschuld das Kloster zu verlassen?
»Es gibt jetzt wirklich Wichtigeres als eine schöne Frau«, sagte er laut zu sich selbst, so entschlossen wie unüberzeugt, und schritt zu dem Stützbalken, in den er die Runen geschnitzt hatte. Es war leichtsinnig gewesen, nordische Zeichen in einer irischen Abtei zu hinterlassen, zudem erhörten die Götter seine Gebete ohnehin nicht. Sie hatten sich mit Thorir ihren Liebling erwählt: Thorir Eiriksson, der Blonde, der Hochgeachtete und der erste Sohn des Hersen. Der alles bekam und dem alles gelang.
Fast alles , berichtigte Njal sich. Getötet hat er mich jedenfalls nicht .
Er kniete vor dem Pfosten nieder, griff unter die lästige Kutte und zog seine Klinge. Sorgfältig begann er die Runen aus dem Holz zu schneiden.
»Das kann nur ein Mönch behaupten«, hörte er eine tiefe Stimme vom Tor her. Njal fuhr herum.
Ein breitschultriger Mann in teurer bortengesäumter Kleidung trat herein. »Nichts ist wichtiger als eine Frau, aber das kannst du ja nicht wissen.« Er löste den silberglänzenden Fürspann seines Umhangs, schüttelte den Schnee ab und warf ihn einem Kriegsknecht zu, der hinter ihm schritt.
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