Der schwarze Wikinger: Roman (German Edition)
Beide trugen Schwerter an ihren Seiten, der Knecht zusätzlich einen Bogen über der Schulter. Und beide führten Pferde an den Zügeln. Im hinteren Teil des Stalls sattelten sie sie ab. Sorgfältig legten sie ihre Satteltaschen über einen Bock, dann machte sich der Knecht daran, die Tiere mit Stroh abzureiben.
Der Herr indes, ein Mann in den späten Dreißigern, mit kantigem Gesicht und rötlichem Vollbart, in dem bereits Grau durchschien, trat näher. Njal hatte geistesgegenwärtig die Kapuze ins Gesicht gezogen und das Messer im Stroh hinter sich versteckt. Tief senkte er den Kopf.
»Bist du ins Gebet versunken, oder weshalb kniest du?«, fragte der Fremde, den die Antwort jedoch nicht zu interessieren schien. Stattdessen bückte er sich und langte nach dem Kreuz, das auf Njals Brust lag. »Schöne Arbeit …« Er schien zu überlegen, woher es stammte und ob er es einfach an sich reißen sollte. Njal zwang sich zur Ruhe.
»Wie kommt es, dass die Wikinger es dir gelassen haben?«
»Sie haben es nicht gesehen«, murmelte Njal.
»Wie auch dich, was?« Der Mann grinste. »Hast dich feige im Misthaufen versteckt, ja? Andererseits hast du die breiten Schultern eines Kriegers. Seltsam!«
Fieberhaft suchte Njal nach Worten, die den lästigen Kerl zufriedenstellen würden, sodass er wieder verschwand. Wer war er nur? Ein Reisender, der hier Rast machte? Ein frommer Anhänger des angenagelten Gottes, der erfahren hatte, was im Kloster geschehen war, und den Nonnen beistehen wollte?
»Ich war ein Krieger«, presste Njal hervor. »In meinem alten Leben.«
»Ah!« Der Mann, dem Rotton seiner Haare nach ein Ire, stapfte zu den Satteltaschen und holte eine tönerne Flasche heraus. »Und? Hast du gegen die Wikinger gekämpft?«
»Ja.«
Die beiden Fremden wechselten vielsagende Blicke. Verdammt . Njal knirschte mit den Zähnen. Noch nicht einmal aufstehen konnte er, denn dann würden sie sich nicht nur über seine ledernen Beinkleider wundern, die unter der viel zu kurzen Kutte herausschauten, sondern auch die Runen entdecken, die jetzt sein Rücken verbarg.
Aber es schien, als hätte der Fremde das Interesse an ihm verloren. »Bist du mit den Pferden fertig, Cedric?«, fragte er, nachdem er sich am Ale gütlich getan hatte, das schäumend durch seinen Bart rann. »Dann wollen wir der Äbtissin unsere Aufwartung machen.«
Rasch hängte der Knecht Futtersäcke um die Hälse der Pferde. »Ja, Herr Éamonn.«
»Gut. Sie wird sich freuen zu hören, dass uns eine ganze Streitmacht auf dem Fuße folgt.«
Nun ballte Njal die Fäuste doch. Caitlíns Bräutigam war gekommen – zweifellos, um sie persönlich abzuholen. Ein Überlebender musste Éamonn die Botschaft übermittelt haben, dass Nordmänner die Abtei überfallen hatten und seine Braut seitdem hier festsaß.
Nun, eigentlich sollte er, Njal, froh darüber sein. So würde Caitlín endlich an den Ort ihrer Bestimmung gelangen, und er könnte sie vergessen. Allerdings wäre es günstiger für ihn gewesen, wäre Éamonn erst nach seinem Aufbruch eingetroffen.
Éamonn schleuderte die geleerte Tonflasche fort und verließ mit seinem Kriegsknecht den Stall. Njal atmete auf. Sofort fiel sein begehrlicher Blick auf die prächtigen Pferde.
Doch die Männer kehrten zurück. »Ich möchte dich doch noch einmal ansehen«, sagte Éamonn. »Ein verwundeter Wikinger hause hier, so sagte die Äbtissin, und …«
Njal schlug die Kapuze zurück. »Sehe ich mit diesem Haar aus wie ein Wikinger, Herr?«
»Nein. Aber auch nicht wie ein Mönch.«
»Dieselben Worte spricht mein Abt. Aber ich behaupte auch nicht von mir, ein vorbildlicher Mönch zu sein.«
Unschlüssig legte Éamonn die Hand um den Schwertgriff. »Bist du verwundet?«
»Ein Wikinger hat mir einen Dolch in den Rücken gestoßen. Ich schwöre bei … bei Gott, dass es so war.« Fast hätte er es bei seinen Göttern getan; Njal musste hoffen, dass der Mann sein Zögern nicht bemerkt hatte. Doch Éamonns Augen wurden schmal.
»Steh auf, und zieh die Kutte aus.«
»Herr …«
»Steh auf! Steh auf, verdammter Kerl!«
Njal erhob sich zu seiner vollen Größe. Éamonn war zwei Handbreiten kleiner und trat einige Schritte zurück, um nicht allzu offensichtlich aufblicken zu müssen. Über seine Schulter hinweg sah Njal Caitlín am Stalltor stehen. Sie hatte die Hand vor den Mund geschlagen, um einen Schrei zu unterdrücken.
Langsam griff er hinter sich und zog die Kutte über den Kopf. Seine Gedanken rasten. Es waren
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