Der schwarze Wikinger: Roman (German Edition)
gab ihr den üblichen Becher mit Kräutersud. Eirik verzog die Lippen, als er ihn in Empfang nahm.
»Hilft doch alles nichts«, murmelte er. »Aber ich brauche sofort das Ale, um den grässlichen Geschmack herunterzuspülen.«
Der Trubel am Eingang war Caitlín nicht entgangen. Gleich würde Njal mit seiner hübschen Last die Halle betreten. Wenn der Herse doch nur schneller trank! Unruhig trat sie von einem Fuß auf den anderen. Mit der freien Hand tätschelte er ihren Arm.
»Was ist mit dir, dass du so nervös bist?«
»Nichts, Herr, nichts«, beeilte sie sich zu versichern.
Es war Sifs Bruder, der durch die Halle schritt. Vor dem Hersen verneigte er sich. »Sei mir gegrüßt, Eirik Grímisson«, sagte er mit einer volltönenden Stimme, die sich mühelos über das Stimmengewirr erhob.
»Sei willkommen, Dyrí von der Gollnirsippe. Auf gute Nachbarschaft wie seit jeher.«
Beinahe übersah Caitlín, dass Eirik ungeduldig mit der Hand wedelte. Sie eilte zur Küche, wo ihr die Magd ein Horn in die Hand drückte, und brachte es Dyrí. Er entblößte helle, kräftige Zähne, als er ihr flüchtig zulächelte. Mit seiner großen Gestalt und dem blonden Haar, das ihm bis auf die Schultern wallte, reihte er sich mühelos in die Mannsbilder ein, die aussahen, wie man sich in Irland Wikinger vorstellte.
»Unser Vater schickt dir Geschenke.« Er trat einen Schritt zur Seite, um zwei Männern Platz zu machen. Sie stellten vor dem Thronstuhl eine kleine Truhe ab. Dyrí hob den Deckel. Bis zum Rand war sie mit silbernen Bechern, Schalen, Fibeln und Messern gefüllt. Offensichtlich war auch der Bauer Gollnir, wann immer das Feld nicht bestellt werden musste, ein erfolgreicher Wikinger. Eirik neigte sich vor und nickte anerkennend. Achtlos warf er den geleerten Becher zur Seite und winkte Caitlín, ihm sein Methorn zu bringen.
»Richte Gollnir meinen Dank aus, wenn du nach Suttung zurückkehrst. Nach einem dreitägigen Festmahl, natürlich. Es wird so viel Met fließen, dass unsere Füße nass werden!« Er hob Dyrí das Horn entgegen.
»Darauf freue ich mich jetzt schon«, lachend deutete Dyrí auf Caitlín, »vor allem, wenn es so schöne Sklavinnen wie diese sind, die den Met reichen.«
Eirik neigte sich vor, fischte zielsicher ein schmales goldenes Kettchen mit einem Anhänger aus den Kostbarkeiten, reichte es Caitlín und entließ sie dann mit einer Handbewegung. Keinen Augenblick zu früh – vom Eingang her näherte sich Njal. Wahrhaftig trug er Sif noch immer auf den Armen.
Du scheinst ja wieder voll und ganz genesen zu sein , dachte sie säuerlich und hastete in die Küche.
Hinter dem Vorhang verborgen, spähte sie in die Halle. Behutsam stellte Njal seine Braut vor dem Vater auf die Füße und legte zärtlich einen Arm um ihre Mitte. Sie neigte den Kopf, legte ihn an seine Schulter.
»Es war im letzten Herbst, dass ich dir zuletzt begegnete«, sagte Eirik verschmitzt. »Lass sehen, ob du dich über den Winter verändert hast, Mädchen.«
Eine feingliedrige Hand hob sich und nestelte an der Nadel, die den Schleier im Haar hielt. Der durchscheinende Stoff glitt an Sifs wohlgerundetem Körper hinab, den ihr weißes Kleid aufs Vortrefflichste betonte. Ihr Lächeln war fein, verbreiterte sich, und schließlich strahlte sie ihren baldigen Schwiegervater an. So frisch und fröhlich war dieses Lächeln, dass es mühelos mit den zahllosen Bronzelampen wetteifern konnte.
Die schöne Sif. Oh ja, sie war tatsächlich schön. Caitlíns letzte Hoffnung, die Wahrheit entspräche ihrem Ruf keineswegs, zerstob wie Asche in einem heftigen Windstoß. Sif war die schönste Frau, die sie je erblickt hatte. Die wenigen Sommersprossen in ihrem hellen Gesicht betonten nur mehr ihre Vollkommenheit. Während meine immer sprießen wie Unkraut , dachte Caitlín.
»Zu Mittsommer werden wir hier eure Hochzeit feiern«, sagte Eirik. »Ist Gollnir damit einverstanden?«
»Das ist er«, erwiderte Dyrí an Sifs statt.
»Ich freue mich bereits auf den Familienzuwachs. Und auf den, der hoffentlich bald folgen wird! In meinem Alter sollte man eigentlich längst von einer Schar schreiender Enkel umgeben sein, die einem die Nerven rauben.« Eirik lachte so dröhnend, dass sein Bartzopf zitterte.
Njal schien Sif nie mehr loslassen zu wollen. Caitlín hatte genug.
Als sie sich umdrehte, entdeckte sie Edana, die eine Schar Sklavinnen scheuchte. Berge von Fleisch lagen auf aufgebockten Brettern; auf der Herdstelle brodelte der größte Kessel,
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