Der schwarze Wikinger: Roman (German Edition)
kühl und beherrscht. Sie lacht, wenn man einen Scherz macht, aber fröhlich wirkt sie nicht. Allerdings scheint es sie zu erleichtern, dass der Herr Thorir unterwegs ist.«
Langsam nickte Njal. Auch er beobachtete Caitlín, jedoch war es ihm viel seltener als dem Skalden möglich. Wenn er ins Langhaus ging, um sie zu sehen, war sie meistens nicht da. Es war wie verhext. »Schlägt Edana sie?«
»Sie droht immer nur damit, so glaube ich.«
»Und meine Mutter?«
»Ach.« Patrick verdrehte die Augen. »Die ist, wie sie ist. Aber wie es scheint, kommt Caitlín damit zurecht, nicht von ihr gemocht zu werden.«
»Na schön. Dann geh wieder zu ihr, und erfreue sie mit einem Lied.«
»Ich fürchte, sie mag sich nicht erfreuen lassen.«
»Dann gib dir eben Mühe, Skalde!«
Seufzend erhob sich Patrick und trollte sich in Richtung des Langhauses. Njal schritt zum Kampfplatz zurück und winkte die Jungen herbei. Während er den nächsten zum Zweikampf rief, bemerkte er, dass Caitlín aus dem Haus kam. Sie ging zum Brunnen, erfrischte sich, näherte sich zögernd. Nach einer Weile trat auch Álfdis auf den Platz, um ihm aus der Ferne zuzusehen. Wahrscheinlich hatte es sich herumgesprochen, dass er sich einen der jungen Kämpfer ein wenig zu heftig zur Brust genommen hatte. Jetzt fehlte wahrhaftig nur noch die Äbtissin des irischen Benediktinerinnenklosters, dann würde er sich vollends unwohl fühlen. Gut, dass Sif längst wieder zu Hause in Suttung war, denn sie hätte ihm gehörig ins Gewissen geredet.
Caitlín floh zurück ins Haus, kaum dass sich ihre Blicke kreuzten.
Njal ließ das Schwert sinken. »Genug für heute!«, rief er den Jungen zu. »Und morgen seid ihr gefälligst mit etwas mehr Inbrunst bei der Sache, sonst entwaffnen euch noch Mönche mit Kerzen und Bauern mit Mistgabeln!«
Er warf Helm und Schild von sich, schob das Schwert in die Scheide und schritt ins Langhaus. Álfdis war, Odin sei Dank, nicht mehr zu sehen. Caitlín hockte im Innern auf ihrem Schlafpodest und nähte. Es war ruhig in der Halle, nur ein paar Kinder spielten unter dem Tisch mit den Jagdhunden, und aus der Kammer des Vaters drang lautes Schnarchen.
Sie hatte dem Eingang den Rücken zugewandt. Im Licht einiger Öllampen leuchtete ihr Kupferhaar. Rothaar , so nannte sie sein Vater. Als unter seinen Schritten das Stroh raschelte, warf sie einen hastigen Blick über die Schulter. Sie erschien ihm schuldbewusst. Ihre Wangen röteten sich, und sie senkte die langen Wimpern. Ein Anblick, der ihn innehalten und tief durchatmen ließ.
Gewöhnlich sprang sie auf, wenn sie ihn sah, und erklärte, arbeiten zu müssen, doch dieses Mal musste sie erst ihre Näharbeit zusammenlegen. Rasch ging er zu ihr.
»Caitlín …« Er streckte eine Hand nach ihr aus, wollte ihre Wange berühren.
»Ich – ich nähe nur einen Riss in meinem Umhang«, stotterte sie und drückte den unordentlich zusammengelegten Stoff an ihre Brust. Es war allzu offensichtlich, dass sie etwas verbergen wollte. Nun, er würde sich hüten nachzusehen. Das war nicht seine Sache.
»Was ist?«, fragte sie nervös.
»Ich wollte sehen, wie es dir geht.«
»Wie soll es einer Sklavin schon gehen?« Trotz des unverhohlenen Vorwurfes versuchte sie sich an einer heiteren Miene – vergeblich. Wieder einmal lag es ihm auf der Zunge, dass er sie gewarnt hatte, mit ihm zu gehen, aber das würde sie keinesfalls hören wollen. »Mir geht es gut«, fügte sie hastig hinzu. Unruhig rutschte sie auf ihrem Schlafpodest herum, sichtlich darauf bedacht, ihren Umhang zu hüten. Plötzlich kullerten zwei Münzen aus den Falten und fielen zu Boden.
Njal bückte sich nach ihnen. Woher hatte Caitlín einen englischen Silberpenny und diese arabische Münze?
»Die gehören mir«, sagte sie fest. »Dein Vater belohnt mich ab und zu mit so etwas.«
»Soso.« Entgegen seiner Absicht entzog er ihr den Umhang und prüfte den Saum. Dort hatte sie weitere Münzen eingenäht. »Caitlín, was bedeutet das?«
»Nichts! Irgendwo muss ich sie ja aufbewahren.« Mit einem zornigen Funkeln entriss sie ihm den Umhang, knüllte ihn zusammen und schob ihn hinter sich an die Wand. »Hier gehen so viele Leute ein und aus; wie kann ich sicher sein, dass unter ihnen niemand ist, der stiehlt?«
»Caitlín!« Er packte sie an der Schulter, fester, als er beabsichtigt hatte. Sein Blut war noch erhitzt vom Kampf. »Ist es das, wonach es aussieht?«
Sie schüttelte ihn ab und rieb sich die Schulter. »Wonach sieht es
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