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Der schwarze Wikinger: Roman (German Edition)

Der schwarze Wikinger: Roman (German Edition)

Titel: Der schwarze Wikinger: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shirley Waters
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bisher still ausgeharrt hatte, warf die Schürze beiseite und nahm den Ochsenziemer vom Gürtel. Ihr Blick flog von der Äbtissin zu Caitlín und wieder zurück. Ihre Hand mit der Peitsche schien mit einem Mal aus Blei zu sein, so langsam hob sie sie. »Es tut mir leid«, murmelte sie und machte einen halbherzigen Schlag, der von dem schwarzen Habit gemildert wurde. Als sich Álfdis aus ihrem Stuhl erhob, war es so still, dass man eine Maus rascheln hören konnte.
    Die Hausherrin und die Äbtissin starrten sich an. Je länger das stumme Kräftemessen dauerte, desto mehr fror Caitlín. Sie zweifelte nicht, wer hier als Sieger hervorgehen würde. Nach einer schier unendlichen Zeit war es denn auch Mutter Laurentia, welche die Lider senkte. Sichtlich zufrieden nahm Álfdis wieder Platz.
    »Zeig ihr den Stall, Rothaar«, befahl sie.
    Aber das musste Caitlín nicht, denn Mutter Laurentia folgte schnurstracks dem Gequieke und dem Gestank. Ihre abgetragenen Lederstiefel versanken bis zur halben Höhe im Schneematsch, und als die schwarz gekleidete Frau im Koben verschwand, unterbrachen zwei Kinder ihr Spiel mit einem kläffenden Welpen, um ihr mit offenen Mündern nachzustarren. »Ich erdulde den Platz, an den Gott mich geschickt hat«, murmelte sie, während sie eine Forke ergriff, den Habit raffte, über das kniehohe Gatter stieg und sich in die neugierige Schweineschar begab. »Im Mist hab ich mich versteckt, als die Wikinger kamen. Also gehe ich auch wieder dahin zurück, schließlich befinde ich mich unter Wikingern. Es macht mir nichts aus. Gar nichts.«
    Verbissen begann sie den Schweinemist auf einen Haufen zu werfen und versetzte den Tieren ab und zu einen Tritt, wenn diese ihr zu nahe kamen. Seufzend ergriff Caitlín eine zweite Forke und gesellte sich zu ihr.
    »Darf ich fragen«, begann sie nach einer Weile des stummen gemeinsamen Arbeitens, »wie Ihr in Thorirs Hände geraten seid?«
    Sie glaubte zu hören, dass Mutter Laurentia mit den Zähnen knirschte.
    »Möge Gott Euren ehemals zukünftigen Gemahl strafen«, erwiderte die Nonne stattdessen. »Ich hätte mir sparen können, ihn zu rufen.«
    »Bitte? Ich verstehe kein Wort.«
    Die Äbtissin richtete sich auf und kreuzte die Hände über dem Forkenschaft. »Habt Ihr Euch nie gefragt, wieso Éamonn von Carndonagh so schnell in der Abtei auftauchte?«
    Caitlín zuckte mit den Achseln.
    »Ich hatte ihn holen lassen. Ein Bauer hatte an die Abteipforte geklopft und von einem Mann berichtet, der erschöpft in sein Haus getorkelt war. Es war einer der Knechte des Herrn Éamonn, die Euch begleitet hatten. Ich gab ihm also ein paar Münzen, die die Wikinger übersehen hatten, und wies ihn an, den Mann aufzupäppeln und über die Sache kein Wort zu verlieren. Das war der Tag, an dem der verletzte Wikinger … Wie hieß er noch?«
    »Njal Eiriksson.« Caitlín sann dem Klang des Namens nach. Wie angenehm er doch über die Zunge ging …
    »Ja, richtig.« Mutter Laurentias Lippen verzogen sich hingegen, als erinnere sie sich daran, in eine faule Frucht gebissen zu haben. »Er litt unter Schüttelfrösten, und sein Fieber wollte und wollte einfach nicht fallen. Nicht dass ich je selbst Hand an ihn gelegt hätte, um das festzustellen! Er war ja trotz seiner Verletzung, an der jeder andere wahrscheinlich gestorben wäre, eine grauenerregende Gestalt. Ich dachte mir schon, dass er überleben wird. Seine Sorte stirbt nur im Kampf. Irgendwann würde er wieder aufrecht stehen und tun, was Wikinger eben tun. Er würde uns alle umbringen und Euch rauben. So dachte ich.«
    So redselig hatte Caitlín die Mutter Oberin noch nie erlebt. Wahrscheinlich war sie einfach nur froh, in der Ferne einer vertrauten Gestalt begegnet zu sein. Die Äbtissin machte sich wieder an die Arbeit und warf Caitlín einen bedeutungsschwangeren Seitenblick zu.
    »Zudem dachte ich mir, dass Ihr weder schreien noch Euch wehren würdet. Und genauso ist es dann ja gekommen.«
    Caitlín vertiefte sich ebenfalls wieder in die Arbeit, um ihr Erröten zu verbergen.
    »Ich schickte den wiedererstarkten Knecht zu seinem Herrn Éamonn mit einer Nachricht.« Mutter Laurentia gab einem Schwein, das ihr zwischen die Beine gelaufen war, einen Schubs mit der Forke. Quiekend rannte es fort. Mittlerweile sah sie nicht viel anders aus als an jenem Tag, als sie sich im Mist versteckt hatte. »Éamonn solle einen Trupp Krieger schicken, wenn er die Ehre seines zukünftigen Weibes retten wolle – die Ehre, die Ihr inzwischen

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