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Der schwarze Wikinger: Roman (German Edition)

Der schwarze Wikinger: Roman (German Edition)

Titel: Der schwarze Wikinger: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shirley Waters
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zahlen, zu handeln oder vom Hersen einen Streit schlichten zu lassen.
    Es hätte also durchaus Gelegenheiten gegeben. Ständig standen die Torflügel offen, und auch die Wachtposten wirkten unaufmerksam. Es schien, als würden auch sie das schöne Wetter genießen. Caitlín wäre es ein Leichtes gewesen, sich einem Ochsenzug anzuschließen, der die Umfassung wieder verließ, oder sich dort in der Gruppe von Bauersfrauen einzureihen, die, mit Körben beladen, Ziegen an Stricken hinter sich herzogen.
    Nur einmal über das weite Land laufen, barfuß im Gras. Einen Blick auf das Meer erhaschen .
    Ihr entging nicht, dass Patrick wie gewohnt in ihrer Nähe auftauchte, doch diesmal war es ihr sogar recht. Sie lief ihm so schnell entgegen, dass sich seine Arme wie von selbst öffneten und sie hineinfiel.
    »Aber Herrin Caitlín, was ist mit Euch?«
    Sie weinte an seiner Schulter.
    »Habt Ihr nicht endlich die Liebe gefunden?« Seine Hand tätschelte unbeholfen ihren Rücken. »Freut Ihr Euch denn nicht, dass Njal gesundet? Gut, seine und Eure Versklavung sind eine Schande, aber noch ist nicht alles entschieden. Obwohl seine Feinde ihn belagern wie einstmals die Heiden den heiligen Patrick. Und es ist ein Verbrechen, dass er zu den Schweinen verbannt wurde.«
    Caitlín löste sich von ihm und schniefte noch einmal kräftig. »Ach, die Schweine sind ganz lieb.«
    »Und dass er …«
    »Aber das ist es alles nicht! Ich liebe ihn, und das ist wunderbar, ja, aber es macht mir auch bewusst, wie viele liebende Menschen ich daheim zurückgelassen habe. Hier ist alles wild und aufregend, und ich meine das nicht nur in schlechter Hinsicht. Lange Zeit hat es mich abgelenkt.«
    »Aber jetzt lenkt die wilde und aufregende Liebe mit Njal Euch nicht mehr ab?«
    Sie hob den Kopf. Hatte er durch die Bretterritzen des Stalles geäugt und sie beobachtet? Aber nein, er schaute so unschuldig, dass sie diesen Gedanken sofort wieder verwarf. Vielleicht hatte er ja nur verräterische Geräusche gehört. Das allerdings konnte sie ihm schlecht zum Vorwurf machen.
    »Doch, schon«, antwortete sie verlegen. »Aber …«
    »Es verhält sich oft so, dass das Heimweh erst nach einiger Zeit kommt.« Er legte ihr eine Hand auf die Schulter. »Mir ging es ähnlich, aber der Schmerz vergeht auch wieder. Meint Ihr denn, Ihr hättet inzwischen Euer Elternhaus wiedergesehen, wenn alles seinen rechten Gang gegangen wäre und Ihr Éamonn gefolgt wärt?«
    »Vermutlich nicht.« Sie dachte an Edana, die noch ein kleines Kind gewesen war, als man sie geraubt hatte. Wie schlimm musste die erste Zeit hier erst für sie gewesen sein? »Du hast recht. Ich werde schon darüber hinwegkommen.«
    »So ist’s recht. Und wer weiß, was Gott noch für uns bereithält.« Er blickte in den strahlend blauen Himmel. »Vielleicht ist es ja der nahende Sommer, der Euch an all das vergangene Schöne erinnert, das Ihr in Eurer Heimat zurücklassen musstet.«
    Zum ersten Mal nahm sie deutlich das Vogelgezwitscher wahr. Und dort hinten, tollten da nicht zwei Kätzchen aus einem frischen Wurf?
    Unvermittelt traten ihr wieder die Tränen in die Augen.
    »Es gäbe aber auch eine andere Erklärung für Eure Stimmung«, bemerkte Patrick mit so eigenartig tiefer Stimme, dass sie aufmerkte.
    »Ja?«
    »Ihr könntet in anderen Umständen sein.«
    Heilige Brigida! »Du scherzt, nicht wahr?«
    »Warum sollte ich? Ist Euch morgens übel?«
    Sie schluckte. Wenn sie es recht bedachte …
    »Habt Ihr Gelüste nach Dingen, vor denen es andere ekeln würde?«
    Bestimmt nicht! Oder doch? Heute früh hatte sie ein Stück der gestrigen Wurst in den Honigtopf getunkt.
    Sie öffnete den Mund, um alles abzustreiten. Da hob er den Kopf. Wie viele andere der Menschen, die sich auf dem Dorfplatz herumtrieben, blickte auch er plötzlich wie gebannt in Richtung des Schweinestalls.
    Caitlíns Herz schlug schneller – vor Furcht. Njal war soeben ins Freie getreten, und Thorir kam im selben Moment aus dem Seiteneingang, der zu seiner Kammer führte.
    Njal war noch immer blass und sichtlich geschwächt, doch er stand aufrecht und stolz. Sogar ein heiterer Zug umspielte seine Mundwinkel, als würde auch ihn die Wärme erfreuen. Das Hemd baumelte in seiner Hand, sein Oberkörper war bloß. Gelassen blickte er erst in den Himmel, dann in die Runde. Erst jetzt schien er seinen Bruder zu bemerken. Caitlín war sich sicher, dass er nur so tat.
    Njal blieb stehen, während Thorir über den Platz auf ihn zuschritt. Auch die

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