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Der Schwefelfluss

Der Schwefelfluss

Titel: Der Schwefelfluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hubert Haensel
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feuchte Schnauze über das Gesicht fuhr. Als er die Augen aufschlug, ließ der Bitterwolf ein Winseln ertönen.
    Es verging eine Weile, bis er sich wieder in der Wirklichkeit zurechtfand. Kalter Rauch ließ seine Augen tränen. Das Feuer!
    Als er sich umblickte, sah er, dass es inzwischen erloschen war. Nur noch düstere Rauchfahnen stiegen steil in den Himmel, wo die Sonne schon weit im Westen stand. Der Schneesturm hatte sich gelegt, und es war längst nicht mehr so bitter kalt wie zuvor.
    Nur verkohlte Baumstümpfe, die sich wie Geisterfinger in die Höhe reckten, zeugten noch von dem Blitzschlag. Pandor graste in der Nähe des verbrannten Wäldchens. Die Hitze hatte dort den Schnee geschmolzen und Gras und Moose zum Vorschein kommen lassen.
    Mythors Bewegungen waren fahrig. Den Helm der Gerechten musste er beim Sturz verloren haben. Wahrscheinlich lag er irgendwo unter dem Schnee verborgen, den der Sturm etliche Fuß hoch angehäuft hatte. Allein hätte Mythor verzweifelt suchen müssen, doch die Nase des Bitterwolfs erwies sich als untrüglich. Kurze Zeit später konnte er den Helm wieder aufsetzen.
    Aber das gewohnte Gefühl, das ihm wiederholt den Weg gewiesen hatte, blieb aus.
    Nach einer Weile fühlte er sich dann kräftig genug, um weiterzureiten. Er rief nach Pandor und schwang sich auf dessen Rücken. Den Helm befestigte er an seinem Gürtel. Hinter ihm ließ sich der Schneefalke nieder.
    Alle Spuren waren verweht. Es schien aussichtslos, jetzt noch die Verfolgung fortzusetzen.
    Dennoch war Mythor nicht bereit aufzugeben. Er ritt weiter nach Süden, wobei er sich nach dem Stand der Sonne richtete. In Gedanken war er bei Sadagar, Nottr und Kalathee.
    Scheinbar endlos dehnte sich vor ihm die verschneite Ebene. Er musste die Augen zusammenkneifen, um nicht geblendet zu werden, denn funkelnd brach sich die Sonne in dem makellosen Weiß. Der Streifen am Horizont schien erneut ein zusammenhängendes Waldgebiet anzukündigen.
    Pandor verfiel in einen gleichmäßigen, schnellen Trab. Das Spiel seiner Muskeln verriet Mythor, welche Kraft und Ausdauer in dem Tier steckten.
    Hin und wieder ließ Horus ein schrilles Krächzen vernehmen und schlug mit den Flügeln, behielt seinen Platz auf dem Rücken des Einhorns aber bei. Hark trottete nebenher. Seine Ballen schienen den Schnee kaum zu berühren. Noch zog er seinen Hinterlauf ein wenig nach, doch wurden seine Bewegungen schon wieder geschmeidiger.
    Ein dunkler Strich in der Landschaft weckte Mythors Aufmerksamkeit. Mit einem leichten Fersendruck lenkte er das Einhorn in diese Richtung. Pandor reagierte einfühlsamer, als jedes noch so gut eingerittene Pferd es je getan hätte. Der Schneefalke schwang sich auf und drehte nach Westen ab.
    Als Mythor dann die Stelle erreichte, über der Horus laut krächzend schwebte, fand er nur eine Fährte im knietiefen Schnee. Verwundert stellte er fest, dass Hark etliche Schritte zurückgeblieben war. Auch Pandor schien plötzlich zu zögern.
    Mythor sprang ab. Von unguten Ahnungen geplagt, zog er Alton aus dem Gürtel. Das Leuchten des Schwertes wirkte sich allem Anschein nach beruhigend auf seine Tiere aus.
    Mehrere Schritt breit, führte die Spur schnurgerade durch den Schnee. Es waren die Abdrücke mächtiger Pranken, die jeweils eine Mannslänge weit auseinanderlagen. Fingerdicke Krallen hatten sich tief in den Boden eingegraben und Gras und Erde herausgerissen. Dazwischen zeichnete sich eine Schleifspur ab, die ohne weiteres von einem hornbewehrten Schwanz stammen konnte.
    Mythor versuchte, sich ein Bild von dem Ungeheuer zu machen, das hier gelaufen war. Er vermochte es nicht, hatte auch nie von einem solchen Tier gehört, das in den nördlichen Ländern lebte. Allerdings war es in den dünn besiedelten Weiten Dandamars nur zu gut möglich, dass niemand je dieses Geschöpf zu Gesicht bekommen hatte. Und wenn doch, würde derjenige wohl keine Gelegenheit mehr gehabt haben, sein Wissen weiterzugeben. Jetzt konnte Mythor auch das deutliche Zögern von Einhorn und Bitterwolf verstehen. Wie viel mehr als ein Mensch mochten sie mit ihren feinen, der Wildnis angepassten Sinnen erfassen.
    Zu Fuß folgte er der Spur ein Stück nach Süden, bis sie hinter einer langgestreckten Hügelkette überraschend scharf nach Osten hin abbog. Mehrmals stieß Horus auf ihn herab, als wolle er ihn auf diese Weise zur Umkehr bewegen.
    Dann sah Mythor im Licht der untergehenden Sonne etwas aufblitzen. Er bückte sich danach und hob es auf, während

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