Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Schwefelfluss

Der Schwefelfluss

Titel: Der Schwefelfluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hubert Haensel
Vom Netzwerk:
Kampf das Leben kosten kann.«
    Duprel Selamy sah sich das Stück schweigend an. »Verzeih«, sagte er dann und schlug die Augen nieder. »Ich werde es sofort ändern.«
    »Später«, sagte Vassander. »Erst lasse mich das Meine tun, um diesen Harnisch zu vervollkommnen. Er ist wahrlich ein Meisterwerk.«
    Um den Erzmagier herum schien die Luft zu flimmern. Nur der Helm wirkte noch matt vom Schlag des Hammers und dem Ruß des Schmiedefeuers. Duprel Selamy wusste, dass sich dies schnell ändern würde, sobald Vassander seine Magie walten ließ.
    Doch erst entledigte sich der Erzmagier der Rüstung und stellte sie sorgsam neben die Esse. Nur den Helm legte er auf den Amboss in der Mitte des Raumes.
    Dann streckte er unter dem weiten Umhang die Arme aus, die Hände reckte er in einer beschwörenden Geste zur Decke empor. Sein Blick schien in endlos weite Ferne zu schweifen, während seine Gesichtszüge hart wurden und an den Schläfen deutlich sichtbar die Adern hervortraten. Nur das Flackern in Vassanders Augen zeigte, dass überhaupt noch Leben in ihm war. Seine Lippen blieben unbewegt, aber er murmelte leise vor sich hin.
    Der Schmied hatte diesen Vorgang schon mehrmals verfolgen können. Obwohl er sich beinahe verzweifelt abwandte, spürte er erneut die unbeschreibliche Erregung, die sich seiner bemächtigte. Es war ein eigenartiges, unwirkliches Gefühl, das sich nicht in Worten ausdrücken ließ, das man nur erleben, aber niemals wirklich erfassen konnte.
    Krampfhaft hielt Duprel Selamy die Augen geschlossen. Trotzdem sah er wieder jenes weiße Leuchten, das scheinbar aus der Luft heraus entstand und den Erzmagier umgab. Flammen zuckten aus den Fingerspitzen des Magiers. Der Schmied konnte es deutlich erkennen, obwohl er Vassander noch immer den Rücken zuwandte.
    Die leise gemurmelten Sprüche wurden zum hohlen Brausen, das schnell den ganzen Raum erfüllte und sich zum lauten Tosen eines Sturmes steigerte. Der Amboss begann zu glühen, wechselte in schneller Folge die Farbe, war zuletzt von einem blendenden Weiß und löste sich dann auf, als habe er nie existiert.
    Der Helm schwebte jetzt in der Luft. Seine Form schien zu zerfließen, als die Flammen aus Vassanders Fingern ihn trafen. Auch er machte eine Verwandlung durch, wurde erst klar wie Kristall, dann schwärzer noch als die Nacht über Ugalos bei Neumond. Und in dieser Schwärze manifestierte sich eine geballte Macht. Duprel Selamy spürte sie in seinen Gedanken; sie jagte ihm eisige Schauer den Rücken hinunter, schien nach ihm greifen zu wollen, ihn mit sich zu ziehen. Doch ein befehlendes Wort des Erzmagiers ließ sie vergehen, bevor der Schmied ihren Verlockungen erlag.
    Ein letztes, grelles Aufleuchten, dann hatte auch der Helm den hehren Glanz der Rüstung angenommen.
    Langsam wandte Duprel sich um, während Vassander die Arme sinken ließ. Der Amboss wurde wieder sichtbar.
    »Nun vollende deine Arbeit!« sagte der Erzmagier. »Du wirst nicht lange dafür brauchen?«
    »Es bedarf nur der Glut in der Esse und weniger Hammerschläge. Du kannst darauf warten.«
    »Ich habe Wichtigeres zu tun und komme wieder, wenn alles vorüber ist.«
    Wie von Geisterhand aufgestoßen, öffnete sich die Tür. Vassander schritt hindurch. Lange starrte Duprel ihm noch hinterher, selbst als die Pforte wieder geschlossen war. Der einzige Weg, der aus dem Verlies hinausführte, war von schweren Riegeln gesichert, die niemand aufbrechen konnte.
    Wirklich der einzige?
    Es gab einen zweiten, doch dahinter lauerte der Tod.
    *
    In der Esse war noch Glut. Duprel Selamy hatte es mit einemmal eilig, sie anzufachen. Schnell züngelten Flammen empor und fanden neue Nahrung in einer Handvoll Kohlen, die der Schmied dann ins Feuer warf. Um das Verbindungsstück zwischen Helm und Brustpanzer bearbeiten zu können, bedurfte es keiner großen Hitze. Es ließ sich einfach formen. Drei maßvolle Schläge, ein nachhaltiger Druck mit dem Rundeisen, und der Helm musste unverrückbar fest sitzen, wenn er erst einmal geschlossen war.
    Weder die Flammen noch sonst etwas konnten dem Glanz des Harnischs schaden, der von magischen Kräften erfüllt war. Dennoch fühlte der Schmied immer größere Zweifel.
    Was, wenn er sich irrte?
    Allein der Gedanke daran erschreckte ihn. Nie hatte er sein Ende so nahe vor sich gesehen, war er ähnlich hilflos gewesen wie in diesen Augenblicken. Hatten sich die Götter von ihm abgewandt?
    Allmählich begann Duprel zu bedauern, dass er sich nicht auf den Erzmagier

Weitere Kostenlose Bücher