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Der schweigende Mund

Der schweigende Mund

Titel: Der schweigende Mund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. A. Fair
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fanden wir eine halbvolle Tube Anchovispaste. Die Otis hatte in der Tat eine ausgeprägte Aversion gegen Mrs. Ballwin. Sie haßte sie wie die Pest.«
    »Warum eigentlich? War sie eifersüchtig?«
    »Nein, das nicht. Aber sie hat ihre Stellung durch Mrs. Ballwin verloren. Daphne Ballwin war Doktor Quays Patientin. Als angesehene, wohlhabende Frau genoß sie gewisse Vorrechte. Das empfand Ruth Otis als Primadonnenallüren, und die gingen ihr schwer gegen den Strich, weil sie ja selbstherrlich genug ist. So benahm sie sich ständig herausfordernder gegen Mrs. Ballwin. Ich vermute, diese kleine Närrin glaubte sogar, Doktor Quay würde konsequent für sie einstehen.«
    »Und wie verhielt sich Doktor Quay?«
    »Wie überall, war auch hier seine Majestät der Kunde: Er hat natürlich sofort die Partei von Mrs. Ballwin ergriffen und die Otis hinausgeworfen.«
    »Und prompt faßte die Assistentin den Entschluß, Mrs. Ballwin zu vergiften?«
    »Hm.«
    »Glaubte sie etwa dadurch ihre Stellung wiederzuerlangen?«
    Sellers drehte seine Zigarre im Munde herum und sah mich dabei mit durchbohrenden Blicken an: »Wollen Sie mich auf die Schippe nehmen?«
    »Ich habe nur etwas gefragt.«
    »Der Ton Ihrer Stimme kam mir reichlich ironisch vor.«
    Bertha schaltete sich ein: »Und wie steht es mit den anderen Beweisen? Die... Nun, Sie wissen schon, welche ich meine.«
    »Mit welchen anderen Beweisen?«
    »Die Mokkatasse mit den Spuren der vergifteten Anchovispaste und den Fingerabdrücken von Carlotta Hanford.«
    »Verstehe Ihr Interesse vollkommen, schließlich ist ja die Hanford Ihre Klientin.«
    »Darauf habe ich nicht angespielt, und ob sie unsere Klientin ist, das geht... «
    Sellers grinste und sagte: »Das ist auch gar nicht nötig. Wo ist sie denn jetzt zu erreichen? Ich möchte mich mit ihr in Verbindung setzen.«
    Bertha fragte mißtrauisch: »Was ist denn mit der Mokkatasse, die Sie gefunden haben?«
    »Jemand wollte einen falschen Verdacht auf Miss Hanford lenken«, sagte Inspektor Sellers. »Beinahe wäre ich auch darauf ’reingefallen. Wenn dieser Mord an der Worley nicht so plötzlich passiert wäre, dann hätte ich mir diese Hanford schwer vorgeknöpft. Ich wollte schon einen Haftbefehl gegen sie erlassen. Der Fall zeigt wieder einmal mehr, wie verzwickt die Dinge manchmal liegen können.«
    »Was haben Sie denn über Ethel Worley herausbekommen?« fühlte ich vorsichtig vor.
    »Damit befassen wir uns gerade noch«, sagte Sellers. »Als ich das Haus verließ, war unser Mann noch mit dem Abnehmen der Fingerabdrücke im Zimmer beschäftigt. Ich ging von dort weg, weil ich unbedingt feststellen wollte, wohin Sie sich verkrümelt hatten. Lam, warum haben Sie eigentlich nicht gewartet, bis wir kamen?«
    »Sie haben mir ja nichts davon gesagt.«
    »Nun schlägt’s aber dreizehn! So viel werden Sie wohl vom Fach verstehen, daß ich Sie in diesem Fall dringend sprechen mußte.«
    »Ich stehe doch jetzt zu Ihrer Verfügung.«
    Sellers lief rot an. »Werden Sie nur nicht zu drollig. Sie können nach dem bisherigen Verlauf der Sache ganz schön tief mit hineingezogen werden. Ich möchte wissen, was es mit diesem Dietrich auf sich hat.«
    »Gut«, sagte ich artig. »Wenn Sie mich während der Bürostunden sprechen wollen, so brauchen Sie nur zu uns heraufzukommen oder anzurufen und... «
    »Nun langt’s mir aber, seien Sie endlich still!« sagte Sellers.
    Ich verstummte gehorsam.
    »Sie wollten uns gerade über Ethel Worley und Ruth Otis erzählen«, mit diesen Worten versuchte Bertha die Situation zu retten.
    »Meinetwegen«, sagte Sellers nach einer kleinen Pause in etwas gedämpftem Ton, entzündete ein Streichholz an seiner Schuhsohle und machte den aussichtslosen Versuch, seinen winzigen Zigarrenstummel wieder in Brand zu setzen. »Gerald Ballwin ist bereits über den Berg und wohlauf. Wäre nicht noch die seelische Belastung, so könnten ihn die Ärzte schon heute aus dem Krankenhaus entlassen. Hätte man seine Frau ebenso schnell in Behandlung nehmen können wie ihn, dann wäre auch sie durchgekommen. - Merkwürdig war, daß der Bursche, der bei den Ballwins als Diener und Chauffeur arbeitet, viel tiefer von dem Ableben seiner Chefin ergriffen war als der Ehemann. Er heulte wie ein Schloßhund.«
    Sellers schlug die Beine übereinander und fuhr fort: »Wir hatten diesen Knaben - Wilmont Mariville heißt er wohl - schwer in Verdacht. Er hat immerhin die vergifteten Biskuits serviert. Wäre nur Gerald Ballwin das Opfer

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