Der Schweizversteher
und
Alkoholliebhaber. Lust auf Beefsteak tatare mit
Appenzeller Single Malt? Oder lieber eine Halbe Hanfblüte (Hanfbier), um die Siedwurst hinunterzuspülen, eine
weiÃe Wurst aus Kalbsbrät? Zum Glück sind wir hier in einer Käsestadt, sodass
auch Vegetarier reichlich Auswahl haben. Es gibt beispielsweise Chäsmaggerone , eine Art Käsemakkaroni: Nudeln und
Kartoffelwürfel in Sahnekäsesauce, mit kross gebratenen Zwiebeln bestreut, dazu
Apfelmus.
Nach dem Essen flitze ich in ein Käsegeschäft und
erstehe ein Trumm der hiesigen Spezialität für zu Hause. Natürlich könnte ich
Appenzeller auch einfach in meinem Coop kaufen, aber es gibt nichts Besseres,
als etwas direkt von der Quelle (also vom hiesigen Kuheuter) zu beziehen. Ich
bin überzeugt, dass es einfach besser schmeckt.
Für Menschen mit Laktoseintoleranz ist die Schweiz ein
heikles Pflaster. Käse ist nicht nur einer der bekanntesten Exportartikel,
sondern auch Bestandteil fast jeder Schweizer Mahlzeit. Kein Winter ohne
mindestens ein Fondue, kein Apéro ohne Käseplatte.
Daher überrascht es nicht, dass man in der Schweiz 1,6 Millionen Kühe gezählt
hat (Stand 2010);
sie sind nicht nur eine Zierde der Landschaft, sondern geben auch Milch, womit
sich in diesem Land gutes Geld verdienen lässt. Und natürlich tragen sie auch
zum ländlichen Klangbild bei. Was wäre ein Spaziergang in der Schweiz ohne das
Kuhglockengebimmel aus dem Tal?
Der Schweizer Käse hat mehr Qualitäten, als man auf
den ersten Blick erkennt. Unter den vielen verschiedenen Sorten gibt es tatsächlich
nur einen mit Löchern und eigentlich kaum welche, deren Konsistenz an Plastik
erinnert. Aber erst in der Schweiz wird man dessen gewahr, denn die Eidgenossen
exportieren die weniger schmackhaften und halten mit den Vorzügen der anderen
hinterm Berg. Wie typisch schweizerisch. Doch trotz seines Erfolges ruht sich
der Schweizer Käse auch in seiner Heimat nicht auf seinen Lorbeeren aus. Die
drei wichtigsten Marken werden ständig in Zeitschriften, im Fernsehen, im Kino,
in der Tram, ja praktisch überall beworben. Und es funktioniert. Die Schweizer
essen ungeheuer viel Schweizer Käse, durchschnittlich 15,9 Kilogramm pro Person im
Jahr. Der Verzehr von Käse insgesamt beträgt beeindruckende 21,2
Kilogramm pro Kopf, was deutlich über dem EU -Durchschnitt
von 18,9
Kilogramm liegt.
Abgesehen von der erfolgreichen Werbung gibt es aber
noch einen viel gravierenderen Grund, warum die Schweizer so viel heimischen
Käse essen: Sie sehen sich als Hüter ihres Landes, seiner Traditionen und all
der Dinge, die es hervorbringt. Jedes Schweizer Produkt, ob frisches Obst oder
handgeschnitztes Holzspielzeug, ist daher immer deutlich als solches
gekennzeichnet. Bauern, Hersteller und Einzelhändler wissen, dass sich das
verkaufsfördernd auswirkt. Auch wenn Schweizer Erdbeeren oder Kirschen doppelt
so viel kosten wie spanische, werden Schweizer in der Saison nur das Schweizer
Obst kaufen. Dasselbe gilt für Käse. Für einen Schweizer ist es unverständlich,
dass man ein Produkt aus Frankreich oder GroÃbritannien isst, wenn man auch ein
Erzeugnis aus der Region bekommt.
Und genau das ist der Punkt. Die Schweiz ist klein,
und ebenso sind es ihre Städte, niemand lebt also weit vom Land entfernt, wo
all das in Hülle und Fülle erzeugt und die Tradition hochgehalten wird. Im
tiefsten Herzen ist jeder Schweizer ein Bauernkind geblieben, auch wenn er in
Zürich geboren und aufgewachsen ist. Ein paar Städter mögen sich ja über
Schönheitswettbewerbe für Kühe und Jodelwettkämpfe lustig machen, aber das
gehört nun mal zum Landleben dazu. Und selbst Schweizer, die so etwas
verächtlich abtun, dürften sich insgeheim darüber freuen, dass es solche
Traditionen noch gibt. Sie machen die Schweiz zu dem, was sie ist, und von
allen anderen Ländern unterscheidbar. Und darauf wiederum ist jeder Schweizer
ungeheuer stolz, und zwar zu Recht.
â
Survival-Tipp
Nummer 8
Der perfekte Gast
Sollte es tatsächlich dazu kommen,
dass man von Schweizern zum Essen eingeladen wird, gilt es für einen guten Gast
drei entscheidende Faktoren zu beachten: die Einladung, das Geschenk und die
Teilnahme. Schweizer bitten andere Leute selten zu sich nach Hause, daher wird
es sich meist um die Einladung in ein Restaurant handeln. Wenn ein Schweizer
einlädt, heiÃt das, der Gast
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