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Der Schwimmer: Roman (German Edition)

Der Schwimmer: Roman (German Edition)

Titel: Der Schwimmer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zsuzsa Bánk
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sehen, ob sich etwas änderte, an mir, an uns, jedesmal wenn Isti die Tür öffnete, zuschlug und wir uns im Spiegel sehen konnten. Aber immer sahen wir gleich aus, und irgendwann sagte Isti, dieses Schrankspiel langweile ihn, nahm einen Apfel von einem Teller und warf ihn durchs Zimmer, und ich fing ihn auf, mit einer Hand, im letzten Moment. Wenn etwas fiel und zerbrach, sah Anna es sofort, wenn sie aufwachte. Sie bemerkte etwas auf dem Boden, sie sah, daß im Regal etwas fehlte, obwohl wir Tassen und Gläser zusammengeschoben hatten, und dann schickte sie uns hinaus, mit einem Ton, als wollte sie es gar nicht.

    Hinter dem Gartentor riefen Isti und ich, wir sind entkommen, wir sind geflohen, wir riefen es uns zu, wir riefen es anderen zu, wir riefen es in die nächsten Gärten und in die Luft über uns, setzten die Füße schulterbreit nebeneinander und liefen mit winzigen Schritten weiter, als hätten wir Ketten an den Füßen, und Isti machte ein Geräusch, von dem er glaubte, so müsse eine Kette rasseln. Er lief bis zur Zugstation und weiter über die Gleise, schneller als ich, drehte sich zu mir um und rief, Kata, wir müssen diese Ketten loswerden, bevor wir auf den Zug springen, und ich rief zurück, ja, das müssen wir.

    Manchmal schnappten wir uns Annas Fahrrad und fuhren über die Felder, obwohl Anna es verboten hatte. Wenn Isti mit den Rädern steckenblieb und stürzte, stand er gleich wieder auf, fuhr weiter, und ich lief hinter ihm her, rufend, stolpernd, zerrte ihn vom Fahrrad und fuhr dann selbst wenige Meter, bis Isti mich herunterstieß. Abends waren die Reifen ohne Luft, der Lenker war verbogen, und wenn wir das Rad an die Mauer lehnten, sagten wir, wir waren es nicht, die Dorfkinder waren es. Anna glaubte es, weil sie alles glaubte, was anfing mit die Dorfkinder, und weil sie jedesmal auf die Straße rannte und schrie, wenn diese Kinder Steine gegen den Hundezwinger warfen, wenn sie die Katzen festhielten, um Büchsen aus Blech an ihre Schwänze zu hängen. Dieses Scheppern, wenn die Katzen über den Hof liefen und die Büchsen hinter sich herzogen, verließ uns nicht, es blieb, es gehörte zu Anna und ihrem Haus. Auch daß Anna jedesmal sagte, bevor man die Katzen ertränkt, sollte man diese Kinder ertränken, auch das gehörte dazu.

    Wenn es Anna zuviel wurde, wenn wir ihr zuviel wurden, weil mein Vater seit Stunden und Tagen auf dem Rücken lag und tauchte, weil er plötzlich verschwand und wir nicht wußten, wo er war, weil er nie etwas zurückließ, keine Notiz, kein Zeichen, keinen Zettel, und es immer aussah, als käme er nicht mehr wieder, nie mehr, kaufte Anna Fahrkarten für den Zug nach Miskolc, von dem Isti und ich alle Abfahrtszeiten kannten. Sie schob uns zu den Sitzen, sagte, lauft nicht durch den Zug, und Isti und ich, wir blieben auf einer Bank vor dem Fenster, schauten hinaus auf Maisfelder, und Isti zählte laut, was vor unseren Augen vorbeizog und sich bewegte. Er ließ sich Zeit, der Zug fuhr langsam, er zählte: Pferd, drei, und Fahrrad, vier, und Bus, fünf, und dann zählte er Bäume mit, und Zäune, sagte, Baum, sechs, und Zaun, sieben, und ich erklärte, du kannst den Baum und den Zaun nicht mitzählen, sie bewegen sich nicht, und Isti erwiderte, doch, sie bewegen sich, ich sehe es doch.

    In Miskolc kaufte Anna für sich ein Magazin am Trafik und für uns an einem großen Fenster Eis, das man aus Blechfässern kratzte und das nur wenige Schritte weiter auf unsere Hände tropfte und über unsere Arme lief. Anna ging ohne Ziel, sie ging über die einzige breite Straße, die Miskolc teilte in ein Rechts und ein Links, dann über die vielen kleinen Straßen dahinter, über hohe Bürgersteige, in ihren schwarzen Schuhen und Strümpfen, trotz der Hitze, immer ein Stück vor uns, als habe sie es eilig, als sei dies kein Ausflug, sondern eine Aufgabe, als müßten wir die Stadt in einer bestimmten Zeit ablaufen, jeden Weg, jede Straße, und als seien Isti und ich zu langsam dafür, viel zu langsam. Anna wollte nicht auf uns warten, vielleicht war auch das eine ihrer Regeln, nicht zu warten auf andere, schon gar nicht auf jemanden wie Isti, von dem sie glaubte, er würde nur so tun, als könne er nicht schneller.

    Anna nahm uns mit in eine Konditorei an der großen Straße, mit gelben Buchstaben auf den Scheiben und roten Gardinen, die zur Seite gezogen waren. Anna zahlte, legte die Kassenzettel aufs Buffet, Isti trug unser Tablett zum Tisch, den Anna ausgesucht hatte, am

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