Der Schwur der Ritter
einem Armbrustschützen fertig werden, während sich Sinclair selbst um den rotbärtigen Schwindler kümmern würde.
Admiral St. Valéry kehrte zurück – deutlich schwerfälligeren Schrittes, das Schwert über die Schulter gehängt. Sir William verbarg sein Schwert hinter seinem Rücken.
»Tretet an meine linke Seite, Admiral. Sehen wir nun also nach, was uns erwartet. Diese Türen öffnen sich doch nach innen, oder?«
»Ja … fertig?« St. Valéry trat vor, und dann standen sie Seite an Seite vor der Tür. Er packte die schwarzen Eisenringe der Türgriffe, hob sie sacht an, einen in jeder Hand, dann holte er tief Luft, drehte die Griffe, stieß die Türflügel auf und trat ein.
Im ersten Moment konnte Sinclair nichts erkennen. Der große Raum schien leer zu sein. Doch dann sah er die breite Blutspur zu seiner Linken, und im selben Moment bewegte sich rechts etwas.
Er reagierte blitzartig, indem er den Arm ausstreckte und dem Admiral einen Schlag vor die Schulter versetzte. St. Valéry hatte jede Faser seines Körpers angespannt, und die Wucht des Hiebs brachte ihn ins Torkeln, als ihn auch schon ein Bolzen traf und ihn seitwärts zu Boden schleuderte. Sinclair hatte den Hieb zusätzlich genutzt, um sich selbst abzustoßen und sich zur anderen Seite zu werfen. Als er mit der Schulter gegen den Türrahmen prallte, sah er zu seiner Linken eine neue Bewegung, und der nächste Stahlbolzen bohrte sich neben seinem Kopf in die massive Eichentür.
Zu seinen Füßen zischte eine Armbrust, und als er den Kopf wandte, sah er den Mann, der auf ihn geschossen hatte, seinerseits durchbohrt dastehen, die Armbrust noch an der Schulter. Der Bolzen eines der Sergeanten auf dem Boden hatte ihn unter dem Kinn in den Hals getroffen, war in seinem Nacken wieder ausgetreten und hatte sich in eine Fuge zwischen zwei Steinblöcken gebohrt.
Sir William stieß sich von der Tür ab, das Schwert in der Hand, und der Rest seiner Männer stürmte in den Raum.
Der rotbärtige Mann mit dem Ritterumhang stand an der Wand, in der Hand die Armbrust, die St. Valéry niedergestreckt hatte. Den Blick auf Sinclair und die Männer gerichtet, die zur Tür hereinkamen, ließ er die nutzlose Waffe zu Boden fallen, legte den langen Umhang ab, zog sein Schwert und ging in die Knie. Sein Gesicht war zu einer höhnischen Fratze verzogen.
»Überlasst ihn mir«, sagte Sinclair.
Der Rotbart richtete sich auf, wich im Halbkreis vor ihm zurück, und während Sinclair ihm folgte, wartete er auf seinen ersten Vorstoß. Da zischte etwas an ihm vorüber, prallte klatschend auf, und der Fremde sank auf die Knie und fiel auf das Gesicht, während Tam Sinclairs Dolch klirrend zu Boden fiel.
Sir William richtete sich langsam aus der Angriffshaltung auf.
»War das klug, Tam?«
»Aye, Sir, das war es. Ein perfekter Wurf, Griff zuerst. Es sei denn, Ihr wolltet dem Hurensohn tatsächlich die Gelegenheit geben, Euch umzubringen.«
»Er hätte mich nicht umgebracht, Tam.«
»Nein, wahrscheinlich nicht. Aber Ihr hättet ihn umgebracht, und damit wäre alles vorbei gewesen. So jedoch lebt er noch, und wir haben die Chance herauszufinden, warum er hier ist.«
»Ich weiß, warum er hier ist, und er war erfolgreich. Er ist hier, um den Admiral und den Präzeptor zu töten.«
»Aye, aber warum?«
»Um Verwirrung auszulösen als Vorspiel für morgen.«
»Dann hat er sein Ziel verfehlt. Der Admiral ist nicht tot. Der Bolzen hat nur seine Rüstung getroffen und ihn zur Seite geschleudert, ihn aber nicht verletzt. Ihm fehlt nichts. Sicher hat er Schmerzen, aber er blutet nicht einmal.«
Sir William sah sich nach seinen Männern um, die dabei waren, die reglose Gestalt des Admirals vom Boden aufzuheben.
»Gott sei Dank. Ich dachte schon, ich wäre zu langsam gewesen. Lasst einen Arzt aus dem Lazarett holen und zieht dem Admiral die Rüstung aus. Wo ist der Präzeptor?«
»Dort drüben, Sir.« Die Antwort kam vom anderen Ende des Raumes, wo ein Sergeant hinter einem der langen Tische auf den Boden blickte. »Er und die beiden Wachen. Alle tot.«
»O Gott!«
Langsam durchquerte Sir William den Raum, bis er vor den drei Toten zum Stehen kam, die man hinter den Tisch geschleift hatte. Zwei waren Sergeanten des Ordens, deren braune Röcke jetzt schwarz vom Blut waren. Der dritte Mann war viel älter und trug den weißen Umhang der Ritter mit dem roten Templerkreuz auf der linken Brust. Auch er war durch einen Armbrustbolzen umgekommen, der aus so kurzer Entfernung
Weitere Kostenlose Bücher