Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Schwur der Ritter

Der Schwur der Ritter

Titel: Der Schwur der Ritter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Whyte
Vom Netzwerk:
abgefeuert worden war, dass ihm der tödliche Metallschaft durch die ganze Brust gedrungen war und ihm zur Hälfte aus dem Rücken ragte. Er hatte kaum Blut verloren; er musste auf der Stelle tot gewesen sein.
    Während er auf die leblose Gestalt niederstarrte, wurde William klar, dass er in diesem Moment Zeuge des Endes einer Epoche wurde. Mit Arnold de Thierry verschwand eine Ära der unerschütterlichen Integrität, der absoluten Ehrbarkeit und des reinen Ideals.
    Arnold de Thierry war dem Orden im Alter von einundzwanzig als kinderloser Witwer beigetreten und war während des fünfzehnjährigen Kriegszugs im Heiligen Land zu einem der meistgeehrten Ritter des Ordens geworden. Seine Soldatenlaufbahn hatte ihr Ende gefunden, als er 1291 zu Beginn der entscheidenden Belagerung von Acre verletzt wurde und man ihn den Hospitalrittern auf Rhodos anvertraute. Jeder hatte damit gerechnet, dass er sterben würde, doch er hatte um sein Leben gekämpft und sich den Ruf eines tapferen Toren eingehandelt, als er es den Ärzten verbot, ihm den Arm zu amputieren, den sie für unrettbar hielten. Während er sich langsam erholte, wurden seine Kameraden in Acre von den Mamelucken des Seldschukensultans überrannt und abgeschlachtet.
    Da sein verkrüppelter Arm keine Schwertkämpfe mehr zuließ, belohnte man de Thierry bei seiner Rückkehr in den Dienst mit dem Posten des Kommandanturpräfektors von La Rochelle, ein Amt, in dem er zu Recht die höchste Ehre sah, die ihm hätte zuteil werden können.
    Die Präzeptur einer Templerkommandantur war ein militärisches Amt – eine Art Kreuzung zwischen einem Abt und dem Bürgermeister einer Kleinstadt. Während ein Ordenstempel eine zivile Institution war, dessen Mitglieder Händler und Handwerker waren, war eine Kommandantur eine Garnison, die von den kämpfenden Ordensbrüdern bewohnt wurde und rein militärischen Zwecken diente – dem Schutz des Ordens. Ihr Präzeptor war ihr Erster Offizier, und nirgendwo kam diesem Amt mehr Bedeutung zu als in La Rochelle, dem wichtigsten Handelsposten des Ordens in Frankreich.
    Vorbei, dachte Sinclair jetzt. Keine Ehrfurcht mehr vor dem Gesetz. Keine Furchtlosigkeit im Dienst, kein Glaube an die Integrität der Könige seitens der Männer, die guten Willens sind. Lebt wohl, alter Freund. Wir werden Euch vermissen, doch seid froh, dass Ihr nicht erleben müsst, was morgen kommt.
    Seufzend wandte er sich ab und richtete den Blick auf Tam Sinclair. »Tam, einer Eurer Männer soll Tescar holen. Sagt ihm aber nichts und schickt ihn direkt zu mir.«
    »Was in Gottes heiligem Namen ist hier geschehen?«, fragte eine laute Stimme, und Sir William wandte sich dem Mann in der Tür zu und hob die Hand, um ihn auf sich aufmerksam zu machen. Als ihn der weiß gewandete Bruder entrüstet ansah, bat ihn Will mit erhobenem Finger zu warten und richtete sich noch einmal an Tam. »Vergesst nicht, Tam, Euer Mann darf kein Wort zu Tescar sagen.«
    »Aye, ich schicke Ewan zu ihm. Er kann den Mund halten.«
    Dann ging Sir William auf den Neuankömmling zu.
    »Wie lautet Euer Name, Bruder?«
    Der andere Mann sah ihn blinzelnd an – gewiss fragte er sich, wer dieser blasse, glatt rasierte Fremde war, der aber dennoch den Rock eines Tempelritters trug.
    »Ich bin Bruder Thomas«, antwortete er. »Ich bin für das Lazarett zuständig. Was ist hier geschehen?«
    »Hervorragend. Hört mir gut zu. Ich bin William Sinclair und wurde vor Kurzem in den Ordensrat berufen. Ich trage keinen Bart, weil ich inkognito reisen musste. Ich überbringe Instruktionen unseres Großmeisters in Paris an den Präzeptor und den Admiral hier in La Rochelle. Ein Mord, das ist es, was hier geschehen ist. Der Präzeptor wurde umgebracht, und der Admiral ist nur knapp mit dem Leben davongekommen. Er ist zwar bewusstlos, anscheinend aber nicht verletzt. Hört daher gut zu, was ich Euch auftrage, und zwar unter dem Gehorsamsgelübde. In diesem Raum befinden sich vier Tote. Dort drüben an der Wand liegt einer der Attentäter. Hinter dem Tisch dort drüben findet Ihr die Leichen zweier Männer aus Eurer Garnison, die heute Abend als Wachen hier postiert waren, und den Bruder Präzeptor. Holt Eure Leute her, verpflichtet sie zu Gehorsam und Schweigen und bringt die Leichen ins Lazarett. Dann lasst sie hier aufräumen und die Blutflecken entfernen. Ihr selbst müsst Admiral St. Valéry wieder zu Bewusstsein bringen. Ich habe Anordnungen des Großmeisters für ihn, deren Ernst keinen weiteren Aufschub

Weitere Kostenlose Bücher