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Der Schwur der Ritter

Der Schwur der Ritter

Titel: Der Schwur der Ritter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Whyte
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duldet. Ich brauche ihn – unser Orden braucht ihn – wach und bei Verstand. Versteht Ihr mich, Bruder Thomas?«
    Bruder Thomas nickte, doch sein Blick wurde von dem rotbärtigen Mann angezogen, der bewusstlos über einem Tisch hing und der von zwei Sergeanten genau beobachtet wurde.
    »Wer ist das?«
    »Ein Gefangener. Der zweite Mörder. Wir kümmern uns um ihn. Er wird Eure Hilfe vorerst nicht brauchen.«
    »Vorerst?«
    »Beeilt Euch, Bruder Thomas.«
    Als er den Raum verließ, trat Tescar ein. Auch ihm erzählte Sir William rasch, was geschehen war, und bat ihn um die Namen der beiden stellvertretenden Garnisonskommandeure. Beide Männer waren ihm bekannt, und er bat Tescar, sie unter dem Siegel der Verschwiegenheit herbeizuholen.

2
    S
    IR WILLIAM VERSUCHTE, es sich auf dem hölzernen Armsessel am Kamin des großen, frisch gewischten Raumes bequem zu machen, der das Herz der Kommandantur war. Seine Rüstung hatte er gegen eine einfache weiße Mönchskutte eingetauscht, über der er den schlichten, fein gewebten weißen Umhang der Tempelritter trug. Sein Schwert hatte er allerdings nicht abgelegt, und als er nun stirnrunzelnd in die Flammen starrte, stützte er die Hand auf den Griff der Waffe, als sei sie ein Krückstock. Der ganze Raum roch kräftig nach grober Seife, ein hartnäckiger Gestank, der seine Augen brennen ließ.
    Godwinson – wenn das denn sein wirklicher Name war – saß in einer schwer bewachten Zelle hinter Schloss und Riegel. Er hatte zwar das Bewusstsein wiedererlangt, sich aber geweigert, nur ein Wort zu sagen, als sie ihn verhörten. Als Sinclair vor Wut die Beherrschung zu verlieren drohte, hatte er den Mann abführen und einsperren lassen. Dann hatte er die beiden stellvertretenden Kommandeure angewiesen, die Ordnung in der erschütterten Garnison wiederherzustellen, ohne ihnen jedoch den Grund seiner Anwesenheit anzuvertrauen. Sie hatten seine Legitimation akzeptiert und seine Wünsche pflichtschuldigst ausgeführt.
    Er musste ihnen die Wahrheit vorenthalten, bis er St. Valéry gesagt hatte, warum er in La Rochelle war. Bruder Thomas hatte ihm versichert, dass der Admiral keinen Schaden davongetragen hatte. Der Armbrustbolzen war an seinem Brustpanzer abgeglitten und im Metallgewebe seines Kettenhemdes stecken geblieben, und der Aufprall hatte den Alten zu Boden geworfen.
    Nur noch drei Stunden bis Mitternacht, und doch blieb dem schottischen Ritter nichts anderes übrig als sich in Geduld zu üben, bis St. Valéry wieder ansprechbar war. Wenn er seine Botschaft offiziell überbracht hatte, konnte Sir William das Amt des Admirals übernehmen, bis dieser wieder bei Kräften war – der Großmeister hatte ihn für den Notfall persönlich dazu autorisiert.
    Ihm gegenüber stand Tam an der Wand und musterte ihn mit einem merkwürdigen Ausdruck.
    »Warum seht Ihr mich so an, Tam?«
    »Grundgütiger.« Tam schüttelte den Kopf. »Wie lange kennen wir uns schon, Will Sinclair?«
    Will zog eine Augenbraue hoch. »Dreißig Jahre?«
    »Aye, länger noch, und ich schwöre, dass in dieser Zeit zwei Personen aus Euch geworden sind.«
    Der Ritter legte den Kopf schief. »Ich verstehe nicht, was Ihr meint.«
    »Ich weiß, das ist ja das Schlimme. Seit Ihr aus Outremer zurückgekehrt seid und zu den Eingeweihten des Ordens gehört, habt Ihr Euch verändert, und zwar nicht zum Guten.«
    Will erstarrte. »Das ist eine Unverschämtheit!«
    Tam verschränkte die Arme vor der Brust. »Oh, ist das so? Nach dreißig Jahren bin ich auf einmal unverschämt, wie? Seit dreißig Jahren ermuntert Ihr mich, zu sagen, was ich denke, die Wahrheit zu sagen, wenn andere es nicht wagen, und mich Euch ebenbürtig zu geben, wenn wir beide allein sind, und jetzt bin ich plötzlich unverschämt?«
    Will ließ sich in den Sessel sinken. »Ihr habt recht«, gab er kleinlaut zu. »Das war unwürdig. Verzeiht mir. Doch das, was hier vor sich geht, nimmt mich furchtbar mit. Der Minister eines Königs – sein Advokat – lässt Menschen ermorden! Das ist doch unvorstellbarer Wahnsinn. Und doch ist es geschehen. Außerdem habe ich mich gerade gefragt: Meint Ihr, es war Gottes Wille, dass wir zufällig an jenem Tag zur Stelle waren, als de Nogaret und dieser Abschaum Godwinson aus dem Palast gekommen sind? Wenn wir nicht dort gewesen wären, hätte ich niemals reagiert, als uns Tescar von dem Mann mit der weißen Strähne in seinem roten Bart erzählt hat, und St. Valéry wäre jetzt ebenfalls tot.«
    »Ach, natürlich hättet

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