Der Schwur der Venezianerin
abwertend, „Erben reicher Väter, denen Saft und Kraft des Abenteurers der Gründerväter fehlten, die andererseits zu kleine Lichter im Spiel der Leuchten dieser Welt waren. Die einzige reelle Entscheidung war, Pietro zu heiraten, wenn es sein musste ohne Zustimmung. Gemeinsam mit Pietro musste sie Venedig verlassen, Richtung Florenz. Heimlich und unerkannt. War sie erst einmal in Florenz, würde sie schon weiter sehen. Es bedeutete, dass sie als Flüchtlinge nach Florenz ziehen mussten. An die Mitgift ihrer Mutter könnte sie später herankommen. Pietro selbst war mittellos. Sie ging davon aus, dass ihre Familie sie aus ihren Reihen ausschließen, sie verdammen würde. All die Schmach, die auf sie zukommen würde, schien ihr annehmbarer, als weiterhin unter demselben Dach mit der Stiefmutter zu hausen. All die kommende Schmach sollte sie ihrem gesetzten Ziel näher bringen. Die Würfel waren gefallen, es galt, keinen einzigen Tag mehr zu verlieren.“
Bevor Pietro sich Gedanken über den Fortgang der Dinge machen konnte, entwickelte ihm die kleine Patrizierin ihren Plan zur Flucht.
„Aber ich dachte, ich könnte in Eure Familie einheiraten. Wir sind doch beide mittellos. Wie können wir in Florenz existieren, wie wollen wir ein aufwendiges Leben bestreiten, wovon sollen wir unsere Bediensteten bezahlen?“, jammerte der junge Liebhaber.
„Wovon hast du deine Bediensteten hier in Venedig bezahlt?“, fragte sie ihn kalt.
„Ja, ich habe doch hier keine Bediensteten.“
„Eben“, reagierte Bianca kühl.
„Bianca, lass uns das noch einmal überlegen, wir werden sicher eine Möglichkeit finden …“
„Hör zu, mein Herr Bonaventuri, willst du mich heiraten, willst du unserem Kind liebe Eltern geben?“, sie sah ihn an und sprach weiter, bevor er reagiert hatte. „Dann gibt es nur diese eine Möglichkeit. Ich habe alles schon seit Langem vorher überlegt. Mach dich fertig, der Tag unserer Flucht naht.“
„Du hast alles lange Zeit vorher überlegt“? Pietro schaute in ihr strenges Gesicht. So liebte er die kleine Frau nicht, sie kam ihm unheimlich vor. „Aber Bianca, wir wissen doch erst seit kurzer Zeit, dass wir ein Kind erwarten.“
„Man muss eben viele Dinge im Leben vorher durchdenken, vorher einplanen, vorher seine Ziele kennen und die Wege entsprechend vorbereiten. Jetzt höre mit dem Jammern auf“, rief sie ihm zu. „Mein Gott“, ging ihr gleichzeitig der Gedanke durch den Kopf, „ muss er immer den Mund offen halten, wenn er vor einem Problem steht? Dann sieht er aus wie ein Frosch, der nicht wagt, die Prinzessin zu küssen.“
„Jetzt pack deine Sachen zusammen, es sind eh nicht viele. Halte dich bereit, ich werde eines Abends erscheinen, unangemeldet, wie immer, weil es nicht anders geht. Dann aber werden wir sofort die Stadt verlassen. Wir werden noch in derselben Nacht in See stechen, werden bereits am nächsten Morgen, wenn meine Flucht bemerkt wird, weit außerhalb Venedigs sein. Pietro, du weißt, wie sehr ich dich liebe, enttäusche meine Liebe nicht“, sie bemerkte, dass selbst das Wort ‚Liebe’ wie ein strategischer Teil ihres gesamten Planes über ihre Lippen kam.
„Ja“, gab er kleinlaut nach. Er schaute in gebückter Haltung hinter ihr her, als sie mit kräftigem Schritt aus seiner Kammer verschwand.
Jetzt, wo er etwas für sie beide tun konnte, machte sich Bonaventuri mit sorgfältigen Überlegungen an die Planung der Flucht. Seine Wangen glühten, als er die einzelnen Schritte einer falschen Spur, die es zu legen galt, überlegte. Mit einem bis in Einzelheiten geführten Tagebuch gab er Auskunft über die geplanten Wege. Verwandte und Freunde erhielten Briefe mit der Bitte, ihnen auf einer langen Reise mit Übernachtung und Pferdewagen behilflich zu sein. Die angegebene Strecke verlief von Venedig über Padua, Mantua nach Reggio nell’Emilia, Pistoia nach Florenz. Pietro schrieb, dass er nur in Kutschen reisen könne, da seine Frau schwanger sei. Von diesen Verwandten und Freunden ließ er sich bestätigen, dass er gerne aufgenommen sei, und dass sie ihnen bei ihrem Fortkommen behilflich sein würden. In einem anderen, geheimen Brief, den er dem Ersten sofort folgen ließ, bat er seine Freunde, auf Befragung stets zu versichern, dass er mit dieser Frau eingetroffen sei und weitergereist wäre. In seiner Bank ließ Pietro verlauten, er plane eine Reise nach Florenz, wobei er beiläufig seine Reiseroute erwähnte.
Vor allem Bianca überlegte sich das Geschrei
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