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Der Schwur des Maori-Mädchens

Der Schwur des Maori-Mädchens

Titel: Der Schwur des Maori-Mädchens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Walden
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kann.«
      »Doch, genau das glaube ich. Maggy wird nämlich noch vor der Geburt des Kindes einen jungen Maori heiraten, der sie mit in sein Dorf nimmt. Das hat sie mir gerade gestern erst strahlend erzählt. Ich habe ihr dringend dazu geraten, den Antrag anzunehmen. Und sie machte einen überaus glücklichen Eindruck.«
      »Niemals wird sie einen dahergelaufenen Maori heiraten. Sie ist doch noch ein Kind. Das erlaube ich nicht...«
      »Seien Sie doch froh, dass Ihr Enkelkind auf diese Weise wenigstens doch noch einen anständigen Vater bekommt!«, unterbrach Ripeka sie mit kalter Stimme.
      Emily wurde kreidebleich und ließ sich auf eine der harten Kirchenbänke fallen. »Nein, das glaube ich jetzt nicht, sie hat es dir also verraten, das kann ich einfach nicht glauben ... Wenn dieser Skandal in Paihia bekannt wird, nicht auszudenken«, stammelte sie und vergrub ihr Gesicht in beiden Händen.
      »Wenn das Ihre größte Sorge ist, was die Leute denken, dann tun Sie mir leid, Misses Carrington. Dem Mädchen ist Schlimmes widerfahren, und Sie haben nichts Besseres zu tun, als es zu verstoßen. Und jetzt wollen Sie auch noch verhindern, dass sie trotzdem ihr Glück findet.« Ripeka war in ihrer grenzenlosen Wut einen Schritt auf Emily zugetreten und funkelte sie zornig an. »Oder wollen Sie Maggy etwa loswerden, um ungestört Zugriff auf das Kind zu haben? Ist es nicht so, dass Ihre Schwiegertochter keine eigenen Kinder bekommen kann?«
      Emily war knallrot angelaufen.
      »Was fällt dir ein, du ... du ... Ich will dich nie Wiedersehen, geh mir aus den Augen!«, schrie Emily.
      »Keine Sorge, ich bleibe bei Maggy und passe auf, dass ihr nicht noch mehr Leid zugefügt wird.«
      »Du hältst dich von meiner Tochter fern!«, kreischte Emily mit sich überschlagender Stimme. »Ich werde sie höchstpersönlich nach Auckland bringen, und das wirst du nicht verhindern.«
      »Ich glaube doch«, gab Ripeka energisch zurück. »Wenn Sie Maggy nicht in Ruhe lassen, werde ich höchstpersönlich dafür sorgen, dass Misses und Mister Hobsen erfahren, was ihr Schwiegersohn dem Mädchen angetan hat. Und was ist mit Henry? Ahnt der überhaupt etwas von Maggys Zustand? Oder regeln Sie die Angelegenheit im Alleingang und spielen für alle anderen Schicksal? Damit der Ruf Ihrer feinen Familie nicht beschmutzt wird. Stellen Sie sich nur vor, wenn bekannt würde, dass sich der Sohn des Missionars an einem unschuldigen Maori-Mädchen vergangen hat. Der Sohn eines Mannes, der kam, um uns Gottes Wort zu lehren?«
      Ripeka blickte Emily feindselig an. Die aber sah an der Maori vorbei ins Leere. Plötzlich wirkte sie um Jahre gealtert, doch Ripeka empfand kein Mitleid. Ihr lag allein das Wohl des Mädchens am Herzen. Die selbstgerechte Emily hatte kein Mitgefühl verdient.
      »Sie schweigen? Das ist auch eine Antwort. Also, Misses Carrington, Sie haben die Wahl: Sie lassen Maggy den jungen Mann heiraten und mit ihm fortgehen, oder es wird bald in der ganzen Bay of Islands bekannt sein, was Ihr Sohn dem Mädchen angetan hat.«
      »Du hast gewonnen«, stöhnte Emily heiser. »Und jetzt geh.«
      »Gern«, erwiderte Ripeka und schritt hocherhobenen Kopfes zum Ausgang. Dort drehte sie sich noch einmal um. »Ich werde Maggys persönliche Sachen packen, jene, die sie nicht mitgenommen hat, als sie noch dachte, es sei nur ein kleiner Ausflug in die Fremde.«
      »Wer weiß noch davon?«, fragte Emily schließlich gequält.
      »Dass sie schwanger ist, das sieht jeder, der nach Te Waimate kommt, aber von wem, das weiß nur ich ...«
      »Bitte, schwör mir, dass du das für dich behalten wirst!«
      »Nein, ich werde nicht schwören, wie es die arme Maggy getan hat. Sie glaubt jetzt, dass ein Unheil geschehen werde, weil sie sich mir einst in ihrer großen Not anvertraut hat. Aber Sie können sicher sein: Aus meinem Mund erfährt es keiner, schon allein weil ich mich schämen würde, es auszusprechen.«
      »Gibst du mir Bescheid, wenn es so weit ist?«, bat Emily ihre ehemalige Haushaltshilfe mit schwacher Stimme.
      Ripeka überlegte, doch dann erwiderte sie entschieden: »Nein, es ist besser für Sie, wenn Sie nichts mehr damit zu tun haben. Und das wäre Ihnen doch am liebsten. Dass Sie dadurch keinen Ärger bekommen, nicht wahr?« Sie hatte es gar nicht so spitz hervorbringen wollen, aber sie konnte und wollte ihre Abneigung gegen Misses Carrington und deren grenzenlose Feigheit einfach nicht länger verbergen.

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