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Der Schwur des Maori-Mädchens

Der Schwur des Maori-Mädchens

Titel: Der Schwur des Maori-Mädchens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Walden
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freundlich, doch dann fügte er eindringlich hinzu: »Vielleicht interessiert es dich, Ripeka, aber meine Schwester ist tot. Ich habe sie all die Jahre gepflegt. Sie hat nie wieder ein Wort gesprochen. Deshalb konnte ich nicht früher fort, aber ich glaube, ich weiß jetzt, wohin der Weg mich führen wird, bevor ich an den Fluss zu meinen Brüdern gehe.«
      Dann wandte er sich um und schlenderte in aller Ruhe in Richtung des Hauses, das ihm Lily eben so bereitwillig gezeigt hatte. Er hatte alle Zeit dieser Welt und musste nur den rechten Augenblick abpassen.
      »Was hat er denn damit gemeint?«, fragte Lily, während sie Matui neugierig hinterhersah.
      »Was weiß ich«, murmelte Ripeka, während sie ihren Weg fortsetzte. Und zwar so schnell, dass Lily Mühe hatte, ihr zu folgen.
      »Nun bleib doch mal stehen!«, rief sie ihr ärgerlich nach, doch Ripeka kümmerte sich nicht darum, bis sie bei dem Kolonialwarenladen angelangt waren.
      Lily hielt Ripeka schließlich am Ärmel fest, als diese das Geschäft betreten wollte, ohne ihr Rede und Antwort zu stehen.
      »Ripeka, ich kenne dich so lange und habe dich noch nie so aufgeregt erlebt...« Sie stockte erschrocken, als sie in Ripekas feuchte Augen blickte. »Hast du sie gut gekannt, seine Schwester?«
      Ripeka nickte und wischte sich hastig die Tränen aus den Augenwinkeln.
      »Ja, sie war ein liebes Mädchen, aber als der Krieg dort oben ausbrach, haben wir auch zu ihr den Kontakt verloren.«
      Lily umarmte Ripeka mitfühlend, doch statt sich zu beruhigen, schluchzte die Maori laut auf. Mit einem Mal überkamen die Zweifel sie mit einer Heftigkeit, derer sie sich nicht erwehren konnte. War es richtig gewesen, Henry all die Jahre zu decken, während Maggy in Kaikohe vor sich hin gedämmert war? Und was hatte es Lily gebracht, außer dass sie im Wohlstand lebte? Ihren Vater sah sie doch kaum noch, und merkwürdigerweise hatte er sich von Anfang an nicht sonderlich für seine Tochter interessiert. Wahrscheinlich weil er sie für ein adoptiertes fremdes Kind hielt ... Nein, besondere Zuneigung hatte er ihr nie entgegengebracht. Genauso wenig wie seiner Frau, der er mit seiner Kälte über all die Jahre schier das Herz gebrochen hatte. June war vorzeitig gealtert, kugelrund und kurzatmig geworden. Über Henry munkelte man, dass er schon lange ein Verhältnis zu einer Maori aus einem Dorf unten am Fluss unterhielt. Ripeka schüttelte sich. Und sie hatte damals gehofft, das Mädchen werde eine liebevolle Familie bekommen, ganz gleich, was Henry getan hatte. Ob er sich ihr gegenüber anders verhalten hätte, wäre ihm bekannt gewesen, dass sie seine leibliche Tochter war? Und warum hatte er sich nicht längst einmal gefragt, warum Lily seiner Mutter so ähnlich sah? Doch Henry bemerkte das ja nicht einmal. Wie sollte er auch, war er doch die meiste Zeit betrunken. Wenn er nicht das viele Geld von seinem Schwiegervater geerbt und mit Tomas Newman einen ausgesprochen zuverlässigen Geschäftspartner gehabt hätte, hätte er nicht den großen Mann spielen können. Dabei waren seine und die Geschäfte seines Partners, die sie jahrelang im Namen der Company betrieben hatten, alles andere als sauber gewesen. Ripeka wusste von den Frauen der umliegenden Dörfer, dass er der meistgehasste Mann vor Ort war. Jede Menge undurchsichtiger Landverkäufe gingen auf sein Konto. Ripeka vermutete, dass darin der eigentliche Grund bestand, dass er fort wollte aus Wanganui. Es stand nämlich zu befürchten, dass die Maori aus den oberen Flussdörfern sich eines Tages wehren würden. Es war ein offenes Geheimnis, dass sich etwas zusammenbraute und die Anhänger Te Uas oder Haumenes, wie er sich neuerdings nannte, auch nicht davor zurückschrecken würden, Wanganui anzugreifen. Ripeka zuckte zusammen. Ob Matui sich dem Führer des neuen Glaubens, des Hau-Hau, angeschlossen hatte? Diese Männer jedenfalls fürchteten gar nichts. Sie hassten die Pakeha so sehr, dass sie lieber heute als morgen Krieg gegen sie geführt hätten.
      Ob Matui immer noch an seinen Rachegedanken festhielt? Hatte er nicht wörtlich gesagt: Ich weiß jetzt, wohin der Weg mich führen wird, bevor ich an den Fluss zu meinen Brüdern gehe? Henry ist heute Morgen in die Northlands abgereist. Den wird er im Haus nicht vorfinden, dachte Ripeka erleichtert, doch dann stockte ihr schier der Atem. Und wenn er nun June mit der Wahrheit konfrontierte und sie mit ihrem schwachen Herzen ... Ripeka wollte den

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