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Der Schwur des Maori-Mädchens

Der Schwur des Maori-Mädchens

Titel: Der Schwur des Maori-Mädchens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Walden
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nicht wahr sein! Bitte, Matthew ...« Dicke Tränen rannen June die Wangen hinunter. »Ich habe sie doch so lieb«, schluchzte sie.
      Matui kämpfte gegen das Mitleid an, das er für sie empfand. So war es schon damals gewesen. June Hobsen war eine ehrliche Seele, deren Leben von der Gier, der Trunksucht, der Gefühlskälte und der Faulheit eines Henry Carrington und der Skrupellosigkeit seiner Eltern zerstört worden war. Auch der von Emily! Zum ersten Mal seit ihrem tragischen Tod verspürte er auch einen Zorn gegen sie aufkeimen. Er hätte gern gewusst, wer von den Eheleuten bei diesem Teufelswerk die treibende Kraft gewesen war. Es war einfach unfassbar, dass sie nicht nur die Untat ihres Sohnes vertuscht, sondern Maggy auch noch ihres Kindes beraubt hatten. Wie hatten sie nur so grausam sein können? Auch gegenüber der armen June hatten sie sich damit schuldig gemacht.
      Sie scheint immer noch unter Schock zu stehen, schloss er aus ihrem versteinerten Gesichtsausdruck. Und trotzdem durfte er sich nicht länger von derartiger Gefühlsduselei leiten lassen. Makeres Tochter gehörte nicht hierher! Sie gehörte zu seinem Volk, in sein Dorf, und dahin würde er sie bringen, wenn er das hier erledigt hätte. Erst würde sein Ziehbruder dafür büßen, dann der scheinheilige Missionar.
      »Wo ist Henry?«
      »Aber was... was willst du von ihm ? Ich ... ich verspreche dir, ich sage ihm, dass es seine Tochter ist. Dann wird alles gut.«
      »Nein, June, gar nichts wird gut. Außer dass es ihn daran erinnern wird, was er meiner Schwester Schauderhaftes angetan hat. Oder glaubst du etwa, sie hat sich ihm freiwillig hingegeben?«
      »Nein!«, schrie June. »Nein, du lügst! Du willst Zwietracht säen. Du willst dich an Vater rächen, weil er dich verstoßen hat.«
      »Ja, dem feinen Reverend werde ich auch noch einen Besuch abstatten, denn er hat wahrscheinlich genau gewusst, was sein charakterloser Sohn angerichtet hat. Wo ist er? Lebt er auch hier in Wanganui?«
      »Er ist tot. Friedlich in seinem Bett eingeschlafen. Er ist seit damals nie wieder der Alte geworden. Er war hart und ungerecht, aber er hat meine Tochter über alles geliebt. Und bei uns hat sie ein unbeschwertes Leben geführt. Hätte sie das bei Maggy gehabt?«
      »Und deshalb heißt du es gut, dass man der Mutter ein Kind fortnimmt und es in das Haus des Mannes gibt, der ihrer Mutter Gewalt angetan hat?«
      »Woher willst du das wissen? Das ist nur eine bösartige Unterstellung. Wir haben doch alle gewusst, dass sie ihn angehimmelt hat.«
      Matui zuckte es in der Hand. Er war versucht, June für diese Bemerkung eine Ohrfeige zu verpassen. Sein Mitleid war wie verflogen. Übrig geblieben war nur noch der blanke Hass auf diese ganze Sippe. Sollten sie dafür allesamt in der Hölle schmoren! Und deshalb war er entschlossen, ihr doch nicht zu ersparen, was er eigentlich hatte für sich behalten wollen, nämlich auf welche Weise er von Henrys Verbrechen erfahren hatte und was er nun zu tun gedachte.
      »Mein Freund Tiaki wollte Makere heiraten, obwohl sie ihm die ganze grausame Wahrheit gestanden hatte. Doch bevor er das Kind und sie in sein Dorf bringen konnte, wurde er von Rotröcken erschossen. Ich habe nur einen Streifschuss abbekommen, aber er lag da mit einer Wunde, aus der das Blut wie aus einer Fontäne hervorsprudelte. Er bat mich, die Tat zu rächen, die an Makere verübt worden war. Sie hatte ihm nicht verraten, wer ihr das angetan hatte, aber ich versprach ihm, ihn zu finden und seinen letzten Wunsch zu erfüllen.«
      »Aber wenn es nun ein anderer war«, schluchzte June.
      »Dann wäre Lily ihrer Großmutter nicht wie aus dem Gesicht geschnitten«, erwiderte Matui ungerührt. »Wo ist er?«
      June schwieg eisern. Matui aber sprang auf, packte sie bei den Schultern und schüttelte sie. »Ich tue es auch für dich! Er hat nicht nur das Leben meiner Schwester zerstört, sondern auch meins und deins. Schau dich doch nur an! Was ist übrig geblieben von der freundlichen, immer lächelnden June Hobsen, die nie eine Schönheit war, nach der sich die Männer verzehrt hätten, aber eine lebensfrohe junge Frau, die sich nur eines von Herzen wünschte: eine Familie? Und was hat sie bekommen? Ein gestohlenes Kind und einen Mann, der sie niemals wertschätzen konnte. Einen Mann, der von einem schmalen, dunkelhäutigen Mädchenkörper und verschreckten großen braunen Augen träumte, wenn er seine ehelichen Pflichten erfüllte. Der

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